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Matterhorn

Matterhorn

Titel: Matterhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Marlantes
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verschwinden lassen, aber er wusste, wie unsinnig das war. Jede Ruhepause war nur von kurzer Dauer. In ein paar Stunden würde es dunkel werden, und der Zug musste Alarmleuchtkörper auslegen, falls sich Soldaten der Nordvietnamesischen Armee – der NVA – näherten. Danach mussten sie die Claymore-Minen scharf machen, die vor ihren Unterständen platziert waren und durch Ziehen an einer Schnur ausgelöst wurden; sie verschossen siebenhundert Stahlkugeln in fächerförmiger Streuung auf Unterleibshöhe. Zusätzlich mussten die noch nicht fertiggestellten Abschnitte des Stacheldrahtverhaus mit Sprengfallen gesichert werden. Falls Mellas sich seine Verpflegung, die C-Ration, heiß machen wollte, musste er das noch bei Tageslicht tun; die Flamme gäbe sonst einen perfekten Zielpunkt ab. Dann musste er die vierzig Marines seines Zuges auf Fußbrand inspizieren und sich vergewissern, dass jeder die tägliche Dosis Dapson gegen Dschungelfäule und die wöchentliche Dosis Chloroquin gegen Malaria einnahm.
    Er und Hamilton blieben vor Bass stehen, dem Platoon Sergeant, der vor seinem Unterschlupf im Regen hockte und sich in einer Konservendose über einem Stück brennendem C 4 -Plastiksprengstoff Kaffee kochte. Das C 4 zischte und erfüllte die Luft mit einem scharfen Geruch, aber man zog es dem ätzenden Gestank der standardmäßigen Trioxan-Brennstofftabletten vor. Bass war einundzwanzig und riss gerade seine zweite Dienstzeit ab. Er leerte mehrere kleine Tütchen C-Ration-Pulverkaffee in das kochende Wasser und spähte in die Dose. Die Ärmel seines Feldhemds waren ordentlich bis zum Ellbogen aufgekrempelt, sodass seine langen, muskulösen Unterarme sichtbar waren. Während er Bass beim Umrühren zusah, lehnte Mellas das M 16 , das er sich von ihm geliehen hatte, gegen einen Baumstamm. Bass hatte ihn leicht davon überzeugen können, dass es dumm war, sich auf die standardmäßigen 45 er Pistolen zu verlassen, mit denen sich niederrangige Offiziere offiziell begnügen mussten. Mellas streifte die nassen Munitionsgurte ab und ließ sie auf den Boden fallen: zwanzig Magazine, jedes mit zwei versetzten Reihen von Patronen gefüllt. Dann schüttelte er sein Gurtzeug ab und ließ es zusammen mit den daran befestigten Gegenständen in den Matsch fallen: seiner 45 er Pistole, drei jeweils einen Liter fassenden Plastikfeldflaschen, Pistolenmunition, seinem K-Bar-Messer, Wundkompressen zur Blutstillung, zwei M- 26 -Splittergranaten, drei Rauchgranaten und seinem Kompass. Vor Erleichterung atmete er tief aus, den Blick unverwandt auf den Kaffee gerichtet, dessen Geruch ihn an den Herd zu Hause bei seiner Mutter erinnerte. Er hatte keine Lust, die Waffen der Männer zu überprüfen oder seine eigene zu reinigen. Er hatte Lust auf etwas Warmes, und dann wollte er sich hinlegen und schlafen. Aber bei hereinbrechender Dunkelheit war dafür keine Zeit.
    Er löste die Stahlclips der Gummibänder, die seine Hosenbeine zum Schutz gegen Blutegel fest gegen die Stiefel drückten. An seinem linken Bein hatten es trotzdem drei Blutegel geschafft durchzukommen. Zwei hafteten noch an, und eine Schliere getrocknetes Blut zeigte, wo ein dritter sich satt getrunken hatte und abgefallen war. Mellas fand ihn in seiner Socke, schüttelte ihn auf den Boden, trat mit dem anderen Fuß darauf und sah zu, wie sein eigenes Blut aus dem Wurm herausplatzte. Er holte Insektenschutzmittel hervor und sprühte einen Strahl auf die anderen beiden Egel, die noch an seiner Haut hafteten. Sie wanden sich vor Schmerzen und ließen, als sie abfielen, ein feines Rinnsal von Blut zurück.
    Bass gab ihm Kaffee in einer ausgespülten C-Ration-Obstsalatdose und goss dann auch Hamilton, der sein Funkgerät vor seiner und Mellas’ Unterschlupf abgestellt und sich draufgesetzt hatte, eine Dose ein. Hamilton nahm den Kaffee, prostete Bass damit zu und legte die Finger um die Dose, um sie daran zu wärmen.
    »Danke, Sergeant Bass«, sagte Mellas. Weil er wusste, dass Bass’ Wohlwollen entscheidend war, achtete er stets darauf, ihn mit dem Dienstgrad anzusprechen. Er setzte sich auf einen nassen, verrotteten Baumstamm. Bass schilderte, was während Mellas’ Spähtruppunternehmen passiert war. Der FAC -Mann, der Fliegerleitoffizier der Kompanie, war erneut nicht in der Lage gewesen, einen Versorgungshubschrauber durch die Wolken runter auf den Boden zu dirigieren, sodass die Kompanie nun schon vier Tage ohne Anschlussversorgung war. Zu dem Feuergefecht, das sich die

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