Matterhorn
um dort eine Batterie mit 105 -Millimeter-Haubitzen zu stationieren. Derselbe Offizier hatte den Berg außerdem Matterhorn getauft, entsprechend der gegenwärtigen Mode, neue Feuerunterstützungsbasen nach Schweizer Bergen zu benennen. Über das Regiment gelangten die entsprechenden Befehle bald an das Erste Bataillon, dessen Befehlshaber sich dafür entschied, sie von den hundertachtzig Marines der Bravo-Kompanie ausführen zu lassen. Diese Entscheidung führte die Bravo-Kompanie und ihren müden stellvertretenden Kommandeur, Lieutenant Theodore J. Hawke, in ein abgelegenes Tal südlich vom Matterhorn. Von dort aus war ein dreitägiger Gewaltmarsch durch den Dschungel erforderlich, um die Bergkuppe zu erreichen. Im Lauf der darauffolgenden Woche verwandelten sie diese mithilfe von vierhundert Pfund C 4 -Plastiksprengstoff in ein steriles Ödland aus zerborstenen Bäumen, einem Gewirr von Schnittholzabfällen, kaputten C-Ration-Paletten, leeren Konservendosen, durchweichten Pappkartons, weggeworfenen Kool-Aid-Tüten, Haufen von zerrissenem Schokoriegelpapier – und Morast. Nun warteten sie, und Hawke machte sich Sorgen.
Und es gab noch ein paar andere Sorgen als die Fähigkeit oder Unfähigkeit von Lieutenant Mellas. Eine war, dass sich der Berg nur knapp in Reichweite der einsamen 105 -Millimeter-Haubitzenbatterie von Feuerunterstützungsbasis Eiger befand, die über zehn Kilometer weiter östlich lag. Dieses Problem hing in gewisser Weise mit der Warterei zusammen, denn bevor sie in das Tal nördlich vom Matterhorn hinabsteigen konnten, mussten sie das Eintreffen der Batterie »Golf« abwarten, der Artillerieeinheit, welche die inzwischen kahle Bergkuppe vom Matterhorn besetzen sollte, um Infanteriespähtrupps zu decken, die jenseits des Artillerieschirms der Haubitzen auf Eiger operierten. Im Hauptquartier stellte sich das alles ganz einfach dar. Zuerst würden die Kompanien Alpha und Charlie ins Tal hinabsteigen. Sobald sie den Artillerieschirm von Eiger verließen, würde die Golf-Batterie sich aufs Matterhorn begeben. Darauf würden die Kompanien Bravo und Delta die Kompanien Charlie und Alpha unten im Tal ablösen, dann aber Deckung von der Artillerie auf dem Matterhorn bekommen. Das alles würde es dem Ersten Bataillon ermöglichen, weiter in Richtung Norden und Westen vorzustoßen und seinen Auftrag fortzuführen, der darin bestand, das komplizierte Netz aus Straßen, Pfaden, Nachschublagern und Feldlazaretten anzugreifen, auf das sich die 312 . und 320 . gepanzerte Division der NVA stützten.
Nicht berücksichtigt hatte der Plan die NVA -Einheit, die mit dem akkuraten Feuer eines tragbaren, schwer auszumachenden Maschinengewehrs Kaliber 51 prompt den ersten CH - 46 -Versorgungshubschrauber abschoss, der das Matterhorn zu erreichen versuchte. Der Hubschrauber stürzte ab und ging auf einem benachbarten Berg, den die Marines der Bravo-Kompanie daraufhin Helicopter Hill tauften, in Flammen auf. Die gesamte Besatzung kam ums Leben.
Seither hatten sich die Wolken nur ein einziges Mal verzogen, nämlich vier Tage zuvor, als sich ein weiterer Hubschrauber der Marine Air Group, der mit der dünnen Bergluft seine Probleme hatte, aus dem südwärts gelegenen Tal zur Landezone des Matterhorns hochgearbeitet hatte. Er kam mit Lebensmitteln und Verstärkungen an und flog mit einer Reihe neuer Einschusslöcher und einem verwundeten Crew Chief wieder ab. Bald danach war zu hören, dass die MAG - 39 forderte, das Maschinengewehr der Gooks müsse ausgeschaltet werden, vorher könne die Golf-Batterie nicht stationiert werden, schließlich erforderte diese Operation, dass schwere Haubitzen an Kabeln unter Hubschraubern baumeln würden, die wegen der Höhe ohnehin schon Mühe hatten – und kaum imstande sein würden, Kugeln auszuweichen. Dies und ein weiteres Problem – der Monsunregen und die Wolken, welche die Luftunterstützung sowie die Nachversorgung nahezu unmöglich machten – hatten den Zeitplan um drei volle Tage zurückgeworfen und den Zorn von Colonel Simpson, Funkrufname Big John Six, dem Kommandeur des Ersten Bataillons, hervorgerufen.
Hawke hörte zu kritzeln auf und starrte den steilen Hang hinunter. Nebelfetzen verschleierten die graue Dschungelwand gleich jenseits der verschlungenen Stacheldrahtrollen am Rand des gerodeten Geländes. Er stand unmittelbar hinter der Reihe von Schützenlöchern des Ersten Zuges, den er soeben dem Hauptquell seiner Sorge, Second Lieutenant Waino Mellas, United States
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