Matti & Dornröschen 02 - Tod in Kreuzberg
wäre sie ein exotisches Tier.
Sie tippte etwas in die Tastatur ihres Computers. »So, da ist der Wartesaal.«
»Mir ist schwindelig«, sagte Dornröschen.
»Setzen Sie sich dort hin, Sie werden abgeholt.«
Dornröschen ging zu den Bänken und setzte sich. Die Schmerzen waren übel. Dornröschen hätte nie gedacht, dass jemand so kräftige Hände haben konnte. Sie versuchte die Schulter zu bewegen, aber es tat höllisch weh.
»Frau Damaschke!« Eine Stimme irgendwoher.
Dornröschen erhob sich und trat in den Gang. Weit hinten eine Krankenschwester, die ihr den Rücken zukehrte und wegging.
»Meinen Sie mich?«
Die Frau winkte über der Schulter, ohne sich umzudrehen. Dornröschen folgte ihr in einen Raum, in dem mehrere Liegen standen, dazu elektronische Geräte, Spritzen, Verbandszeug, Ampullen. Zwei Männer lagen auf Pritschen, dem einen nahm eine Pflegerin Blut ab.
»Dahin«, sagte die Frau und deutete auf eine Pritsche.
Dornröschen legte sich vorsichtig hin. Sie verzog das Gesicht.
Die Krankenschwester schob einen Sichtschutz neben Dornröschens Pritsche.
»Wir müssen Ihnen Blut abnehmen!«, sagte sie im Befehlston. »Das ist hier Routine.«
»Ich wusste gar nicht, dass Sie vollständige Sätze sprechen können«, sagte Dornröschen. »Guten Tag übrigens. So viel Zeit ist immer.«
Die Schwester, klein, schlank, schwarzhaarig, starrte sie an, drehte sich weg und kam mit einer Kanüle zurück. Sie desinfizierte Haut am Handgelenk, legte einen Riemen um den Oberarm und zog ihn fest. Dann stach sie mit der Kanüle in die Haut. Sie schaute auf die Stelle und schüttelte den Kopf. »Da ist nichts.« Sie zog die Kanüle heraus und legte sie auf einen kleinen Tisch. Sie desinfizierte nun eine Stelle in der Armbeuge, tastete nach der Vene und pikte mit der Kanüle hinein. »Das ist provisorisch. Die legen Ihnen nachher eine am Handgelenk«, sagte sie.
»Danke fürs Perforieren«, erwiderte Dornröschen und erntete einen verständnislosen Blick.
Die Schwester zog Blut in Spritzen, stellte die Röhrchen in einen Ständer auf einem Wandtisch und verschwand.
Ein Krankenpfleger schob eine Trage in den Raum. Darauf ein alter Mann, der vor sich hin jammerte. Er sagte etwas auf Türkisch, der Krankenpfleger zuckte mit den Schultern.
Dornröschen schloss die Augen, der Schmerz pochte überall, aber besonders die Schulter schien geschwollen und durchsetzt mit Rasierklingen. Sie bewegte sich vorsichtig, um eine Position zu finden, die erträglich war, aber die Schulter ließ sich nicht beruhigen. Als sie die Augen öffnete, blickte sie ins Gesicht eines jungen Mannes mit schwarzen Haaren und Kinnbart.
»Ich bringe Sie jetzt aufs Zimmer«, sagte der Mann und schob die Pritsche aus dem Raum. Die Krankenschwester saß neben dem stöhnenden Türken, die Kanüle in der Hand.
Der Mann steuerte die Trage durch ein Labyrinth von Gängen. Als Dornröschen fürchtete, die Kurverei ende nie, rollte der Mann sie auf einen Flur hinter einer Glastür und bremste vor einem Tresen. Dahinter saßen an Schreibtischen ein Pfleger und eine Schwester. Der Schieber trat an den Tresen und gab dem Pfleger ein Papier. Der blickte drauf und grinste. »Die Neun«, sagte er. Der Schieber rollte wieder los mit Dornröschen, um nach ein paar Metern anzuhalten, eine Tür zu öffnen und Dornröschen hineinzuschieben.
Twiggy lag am Fenster, sein Gesicht zeigte alle Farben und noch ein paar mehr. Matti kauerte in seinem Bett an der Wand und starrte sie an, die Augen geschwollen, Platzwunden an Stirn und Kinn und bunter gescheckt als ein Papagei. Das Bett in der Mitte war frei.
»Können Sie allein aufstehen?«, fragte der Schieber.
Mit zusammengebissenen Zähnen rollte sich Dornröschen von der Trage, der Schieber fasste sie am Arm, was Dornröschen durch ein knappes Bellen abwies. Der Mann guckte verwirrt, dann rollte er seine Trage hinaus.
Dornröschen quälte sich ins Bett, und als sie lag, sagte sie leise: »Hallo, Jungs.«
Matti stöhnte. »So eine Scheiße.«
Twiggy guckte nur. Er sah richtig übel aus.
»Was ist mit dir?«, fragte Dornröschen.
Twiggy versuchte zu grinsen, aber es schmerzte. »Die wollten doch nur spielen«, seufzte er.
»Wie gut, dass die es nicht ernst meinten«, sagte Matti. »Da haben wir ja richtig Glück gehabt.«
Sie lagen zwei Stunden, und nichts geschah. Zweimal klingelte Dornröschens Handy, aber sie ging nicht ran. Die Tür wurde aufgestoßen, es erschien eine lange, dürre Krankenschwester, blickte
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