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Matto regiert

Matto regiert

Titel: Matto regiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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mit Schiefer gedeckt und geschmückt mit vielen Türmen und Türmchen… Da war der zweite Stock, Dr. Laduner stieß eine Glastür auf und rief: »Greti!«
    Eine dunkle Stimme antwortete. Dann kam eine Frau in einem roten Schlafrock auf die beiden zu. Ihre Haare waren kurz und blond, leicht gewellt, ihr Gesicht breit, fast flach. Sie blinzelte, wie es manche Kurzsichtige tun.
    »Studer, das ist meine Frau… Greti, ist der Kaffee fertig? Ich hab Hunger… Den Wachtmeister kannst du dir beim z'Morgen betrachten… Zeig ihm jetzt sein Zimmer, er wohnt bei uns, das haben wir abgemacht…« Und dann war Dr. Laduner plötzlich nicht mehr da. Eine Tür hatte ihn verschluckt.
    Die Frau im roten Schlafrock hatte eine angenehm warme und weiche Hand. Sie sprach Bärndütsch, als sie Studer mit ihrer tiefen Stimme begrüßte und sich entschuldigte, daß sie nicht angezogen sei, kes Wunder by dem G'stürm, um drei sei der Mann aus dem Schlaf geschellt worden wegen der Flucht des Pieterlen; dann habe man die Blutspuren im Direktionsbüro entdeckt – und der Direktor sei nirgends zu finden gewesen – verschwunden… Es sei überhaupt eine kurze Nacht gewesen, gestern hätte man d'Sichlete g'ha (›Sichlete?‹ dachte Studer. ›Was für eine Sichlete?‹) und sei erst um halb eins ins Bett gekommen… Aber der Herr Studer werde sich gern ein wenig süübere welle, er möge so gut sein und mitkommen… Der lange Gang war mit bunten, gerillten Fliesen belegt. Hinter einer Tür schrie ein Kind, und Studer wagte schüchtern zu bemerken: ob die Frau Doktor das Kind nicht zuerst beruhigen wolle? – Das habe Zeit, und Schreien sei für Kinder eine gar gesunde Beschäftigung, es stärke die Lungen.
    – Da sei das Gastzimmer. – Hier daneben das Bad. Herr Studer möge machen, nume wie daheime… Da sei Seife und ein frisches Handtuch… Sie rufe ihn dann, wenn das Morgenessen parat sei…
    Studer wusch sich die Hände, ging hernach in das Gastzimmer, trat ans Fenster. Er sah auf den Hof. Männer mit weißen Schürzen trugen große Kannen, einige balancierten Tablette – wie Kellner.
    Ein Ebereschenbaum an der Kante eines Rasenvierecks trug leuchtend rote Beerenbüschel und seine gefiederten Blätter waren goldgelb.
    Und hinten, aus einem alleinstehenden, zweistöckigen Gebäude traten zwei Männer. Auch sie hatten weiße Schürzen vorgebunden. Sie gingen hintereinander, im Gleichschritt, und zwischen ihnen schaukelte eine schwarze Bahre, auf der ein Sarg festgebunden war. Da wandte sich Studer ab. Dunkel dachte er, wieviel Menschen wohl in solch einer Anstalt starben, und nach wie vielen Jahren und wie sie den Tod erlebten – aber da rief jene Stimme, die einen so angenehm dunklen Klang hatte:
    »Herr Studer, weit-r cho z'Morge näh?«
    »Ja, Frau Doktor!« – Und er komme schon.
    Das Eßzimmer war gefüllt mit Morgensonne. Das kühle Licht brach durch ein großes Fenster ein, das fast bis zum Boden reichte. Eine Haube, aus bunten Wollen gelismet, war über die Kaffeekanne gestülpt. Honig, Anken, Brot, unter einer Glocke ein rotrindiger Edamerkäse… Die Wände dunkelgrün. Von der Decke hing ein Lampenschirm herab, der aussah wie eine Kleinmädchenkrinoline aus Goldbrokat…
    Frau Laduner trug ein helles Leinenkleid. Sie öffnete die Tür zum Nebenzimmer. »Ernscht!« rief sie. Eine ungeduldige Stimme gab Antwort – Knarren und Zurückschieben eines Stuhles…
    »So«, sagte Dr. Laduner. Er saß plötzlich am Tisch. Man konnte sein Gehen und Kommen nie recht feststellen, denn er bewegte sich rasch und lautlos. »Und, Greti, wie gefällt dir der Studer?«
    – Nid übel, meinte die Frau. Er habe ein weiches Herz, er könne Kinder nicht schreien hören, und sonst sei er ein gar Stiller, man höre ihn kaum. Aber sie müsse den Herrn Wachtmeister doch etwas näher betrachten.
    Sie nahm aus einem Etui, das neben ihrem Teller lag, einen Zwicker, klemmte ihn auf den Nasensattel und musterte Studer mit einem kleinen Lächeln. Ihre Stirnhaut war leicht gekräuselt.
    – Ja, es sei, wie sie gedacht habe, sagte sie nach einer Weile. Der Herr Studer sehe gar nicht wie ein Schroter aus und Ernst habe ganz recht gehabt, ihn mitzubringen… Und bitte, Herr Studer, servieret euch… Eier? Brot?…
    »Ge-wiß«, sagte Dr. Laduner. »Ich glaube auch, daß es sehr vernünftig von mir war, den Studer anzufordern…« und zerschlug mit einem silbernen Löffelchen die Spitze eines Eies.
    Studer wurden Spiegeleier auf den Teller gelegt und braune

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