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Matto regiert

Matto regiert

Titel: Matto regiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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Eichhorn… An die Szene mit dem Messer… – Der Dreyer lief mir nicht davon, der konnte warten, bis Sie ihn fanden…
    Und sogar das haben Sie Caplaun geglaubt, daß er die Brieftasche in meinem Zimmer versteckt hatte…
    Ich selbst habe sie versteckt… Ich habe sie am Morgen, bevor ich Sie nach Bern holen ging, in einer Schublade des Schreibtisches im Direktionsbüro gefunden… Der Dreyer hat sie auch gesucht, die Brieftasche, aber er hat sie nicht gefunden… Ich wollte die Brieftasche in Reichweite haben, um sie Caplaun einmal zu zeigen… In der Analyse kommt es darauf an, von Zeit zu Zeit Minen springen zu lassen…
    Sie haben leider nichts begriffen, Studer. Darum war ich so ärgerlich… Nun, Caplauns Tod war wohl Schicksal… Greti, du mußt zum Abschied noch dem Wachtmeister das Lied vorsingen, das Lied…« Dr. Laduner lächelte müde, dann fügte er leise hinzu:
    »Dem Lied verdankte es der Herbert, daß ich ihn in die Analyse nahm… Kommen Sie, Studer!«
    Noch nie hatte der Wachtmeister ein so seltsames Konzert gehört. Der Salon war kalt; sein Fenster ging auf den Hof – und ganz hinten ragte der Kamin auf, rot wie ein riesiger Metzgerdaumen deutete er gen Himmel. Graues Licht drang durch die Scheiben.
    Auf dem runden Klavierstuhl saß Dr. Laduner. Vor ihm lag ein handbeschriebenes Notenblatt. Neben ihm, gerade aufgereckt, stand seine Frau. Ihr roter Schlafrock hatte steife Falten. Leise spielte der Arzt die Begleitung, Frau Laduner sang:
    »Man kann mitunter scheußlich einsam sein…«
    Und Studer sah die Wohnung im ersten Stock, die Zigarrenstummel im Aschenbecher, die Kognakflasche und das aufgeschlagene Buch… An den Ästen der Birke vor dem Fenster hingen zerknitterte Blätter…
    »Dann nützt es nichts, mit sich nach Haus zu fliehn
Und falls man Schnaps zu Haus hat, Schnaps zu nehmen.«
    … Das Küchenfenster im B. Und Pieterlen stand am Fenster; er starrte hinüber zur Frauenabteilung, wo die Irma Wasem hinter den Scheiben stand und zu ihm hinüberblickte.
    »Dann nützt es nichts, sich vor sich selbst zu schämen…«
    Der kleine Gilgen saß auf dem Bettrand, der kleine Gilgen holte die Photi seiner Frau aus der Nachttischschublade, und dann war er plötzlich verschwunden. –
    »Dann weiß man, was man möchte, klein sein…,«
    Caplaun, Herbert Caplaun, hatte sich im Hüüsli des Gilgen versteckt. Versteckt vor seinem Vater, versteckt vor dem Psychiater… Und nun, und nun – Studer bedeckte die Augen mit der Hand – das Aufspritzen des Wassers im matten Sternenlicht…
    »Dann schließt man seine Augen und ist blind
Und ist allein…«
    Die Frau schwieg. Ein paar leise Akkorde. Dann war es sehr still im Zimmer.

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