Max Perplex
Jahr lang in New York, um eine spezielle Behandlung durchführen zu lassen. Aber der Analytiker konnte mir nur begrenzt helfen. Er riet mir, einen Privatdetektiv einzuschalten. Deshalb brachte er mich mit Sal Goldblum zusammen, der nannte mir Ihren Namen, und jetzt bin ich hier.«
»Und was soll ich für Sie tun?«
»Mein Glück ist weg«, sagte Ziegler, »ich möchte, daß Sie mein Glück wiederfinden.«
»O. k.«, sagte ich, »tausend Mark Honorar pro Tag plus Spesen und zehntausend Mark Erfolgshonorar. Das Doppelte, wenn ich auch noch den Sinn des Lebens für Sie finden soll.«
Ziegler zwang sich ein dünnes Lächeln ab. Seine Falten wurden noch ein bißchen schärfer.
»Wann haben Sie Ihr Glück denn zum letztenmal gesehen?«
Ziegler lehnte sich zurück und fuhr mit beiden Händen durch sein graues, kurzgeschnittenes Haar, das wahrscheinlich mal blond gewesen war.
»Vor einem Jahr ungefähr. Am 3. Februar 1988, um genau zu sein.«
»Und was ist da passiert?«
»Ich wurde entführt.«
»Ach, der Ziegler sind Sie?«
Ich erinnerte mich vage. Vor einem Jahr war der Vorstandsvorsitzende eines Kölner Konzerns entführt worden, und das hatte für ziemlichen Wirbel in der Presse gesorgt. Er war gegen Zahlung eines hohen Lösegeldes nach ein paar Wochen freigelassen worden. Die Entführer hatte man nie gefaßt. Das war alles, was ich über den Fall Ziegler wußte.
»Diese Entführung hat mein Leben verändert. Ich muß wissen, was passiert ist.«
»Der Analytiker konnte Ihnen nicht helfen?«
»Er ist ein Spezialist für Opfer von Entführungen. Aber wie gesagt, seine Hilfe für mich war begrenzt. Den Rest muß ich selbst machen beziehungsweise Sie, wenn Sie den Job annehmen.«
»Erzählen Sie mir von der Entführung.«
»Ich wurde am Morgen des 3. Februar von zwei maskierten Männern angegriffen, als ich ins Auto steigen wollte. Sie betäubten mich mit Chloroform oder irgendwas, ich verlor das Bewußtsein und kam in einem Zelt wieder zu mir.«
»In einem Zelt?«
»Ja. Ich mußte drei Wochen lang in einem kleinen Zelt leben, das die Entführer in einem Keller aufgestellt hatten. Fragen Sie mich nicht, warum. Es machte ihnen einfach Spaß. Ich trug drei Wochen lang Handschellen, manchmal legten sie mir auch ein Hundehalsband an. Ich mußte meine Notdurft in einen Eimer verrichten. Das ist mit Handschellen nicht einfach, wie Sie sich vorstellen können. Ich habe den Eimer dabei einmal umgestoßen und wurde dafür verprügelt. Wenn einer der Entführer den Raum betrat, mußte ich sofort eine dunkle Mütze überziehen. Einmal haben sie so getan, als würden sie mich umbringen. Sie sagten, das Lösegeld würde nicht gezahlt, und zogen eine Scheinhinrichtung durch.«
Ziegler machte eine kleine Pause. Dann faßte er sich und erzählte weiter. »Nach drei Wochen ließen sie mich dann frei. Daß das drei Wochen waren, erfuhr ich natürlich erst später. Ich hatte jedes Zeitgefühl verloren. Sie verbanden mir die Augen, setzten mich in einen Lieferwagen, fuhren mich durch die Gegend und ließen mich dann am Stadtrand frei. Ich konnte kaum noch laufen. Ich habe in dieser Zeit fünfzehn Kilo abgenommen. Ich mußte mehrere Wochen ins Krankenhaus. Jedenfalls, es gelang mir, mich in eine Eckkneipe zu schleppen und zu Hause anzurufen. Ich dachte, meine Frau würde sich freuen. Sie fragte nur ganz teilnahmslos, wo ich denn sei, und sagte, daß man bereits auf mich warten würde. Die Polizei hatte während der Fahndung herausgefunden, daß ich in Köln eine Zweitwohnung unterhielt. Nicht allein, mit einer Freundin. Sie hatten nichts Besseres zu tun, als meiner Frau das sofort zu sagen. Wir leben inzwischen getrennt. Meine Tochter redet auch nicht mehr mit mir. Und meine damaligen Vorstandskollegen waren ebenfalls nicht begeistert von dem, was sie in der Presse lesen mußten. Ich wurde gefeuert.«
Ziegler trug das alles völlig emotionslos vor.
»Diese Entführung hat also auch Ihre Familie und Ihre Karriere zerstört. Was erwarten Sie von mir? Ich kann nicht Ihre Ehe kitten oder Ihnen den Job wieder beschaffen.«
»Ich sagte Ihnen, finden Sie mein Glück wieder. Diese Entführung hat mich zum Spielball des Schicksals gemacht. Ich konnte nicht mehr über mich selbst bestimmen. Ich konnte keine Entscheidungen treffen. Ich bin immer noch ein Erfolgsmensch. Ich mache gute Geschäfte. Aber diese Sache, diese Erniedrigung. Ich komme darüber erst weg, wenn die Entführer gefaßt sind. Ich will diesen Bestien ins Gesicht
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