Max Perplex
sehen.«
»Rache?«
»Was heißt Rache? Ich will sie sehen, diese Schweine. Und dann sollen sie vor Gericht.«
»Wieviel Lösegeld wurde damals gezahlt?«
»Zwei Millionen.«
»Ihr Privatvermögen, oder hat der Konzern geholfen?«
»Privat.«
»Und Sie wollen auch das Geld zurück.«
»Das ist nicht so wichtig. Finden Sie diese Drecksäcke.«
»Also gut. Ich muß einen Partner konsultieren, Herr Ziegler. Dann melde ich mich wieder. Aber der Auftrag ist nicht ungefährlich. Ich werde Hilfe brauchen. Und ich fürchte, die Kosten werden ziemlich hoch sein. Sind Sie telefonisch zu erreichen?«
Ziegler gab mir eine Visitenkarte.
»Wenn ich den Fall übernehme und wir uns finanziell einig sind, müßte ich Ihnen natürlich noch einige Fragen stellen.«
»In Ordnung. Wann höre ich von Ihnen?«
»Spätestens morgen vormittag.«
Ziegler stand auf. Er versuchte, sich ein Lächeln abzuzwingen. Es gelang ihm sogar, eine Spur von Glanz in seine Augen zu zaubern.
»Bis dahin.«
»Bis dahin, Herr Ziegler.«
Mein erster Klient. Bernhard Ziegler, Consultant, stand auf der Visitenkarte. Und natürlich war mein erster Klient gleich ein paar Nummern zu groß für mich.
Ich rief Hartmut Knodt an und informierte ihn über die Situation. Auch Knodt fühlte sich leicht überfordert.
»Warum fängst du denn nicht mit einem einfachen Scheidungsfall an?« fragte er. »Wozu hast du dir denn diese teure Nikon mit Teleobjektiv gekauft?«
»Also machst du jetzt mit oder nicht?«
»Was springt raus?«
»Ich weiß nicht, was wir verlangen können.«
»Hundertfünfzigtausend. Das ist kein Sonntagsspaziergang.«
»Spinnst du?«
»Klar. Das ist doch das Geheimnis meines Erfolges.«
Vielleicht hatte er recht. Bei dieser Waffenhändlergeschichte war Knodt so cool gewesen, wie es nur Verrückte sein können.
Ich kaufte im >Deutschen Supermarkt< an der Ecke ein bißchen ein und lud alles in den schwarzen Volvo-Kombi, den ich mir aus meinem steuerfreien Zweihundertfünfzigtausend-Dollar-Anteil spendiert hatte. Ledersitze mit programmierbarer Heizung, Air-Conditioned, der ganze völlig überflüssige helle Wahn. Aber ich hatte meinen Spaß dran. Wie hatte doch Vilém Flusser schon gesagt: »Der Fortschritt ist die Umkehrung des Überflüssigen in das Notwendige.« Ich ließ eine in Japan aufgemotzte CD mit frühen Eric-Clapton-Aufnahmen in den CD-Player gleiten und fuhr los. Ich hörte >After midnight< und >Layla<, und bei den letzten Takten von >Let it grow< hielt ich vor dem Laden des türkischen Metzgers am Nippeser Wilhelmsplatz. Ich kaufte ein paar Lammkoteletts und brauchte dann noch >Lay down Sally< und >Wonderful tonight<, um einen Parkplatz in der Nähe meiner Wohnung zu finden.
>Wonderful tonight< war das Motto des Abends. Ich schälte Kartoffeln und schnitt sie in hauchdünne Scheiben. Der gleichen Prozedur unterzog ich diverse Knoblauchzehen. Dann rieb ich Emmentaler Käse und machte mich mit dem Wiegemesser über ein Sträußchen Petersilie her. Ich legte eine Schicht Kartoffeln in eine feuerfeste Form, salzte und pfefferte sie, gab Emmentaler, Knoblauch und Petersilie dazu. Das Ganze wiederholte ich mehrmals und goß dann 200 g Sahne darüber. Auf die letzte Schicht Emmentaler kamen noch einige Butterflöckchen, und dann übernahm der Backofen die restliche Arbeit. Inzwischen hatte der vorher geöffnete Brunello genügend Gelegenheit gehabt, Luft zu schnappen. Ich goß mir ein Glas ein und prostete mir zu.
Zur Präparation des Kartoffel-Gratins hatte ich Verdis >Ernani< aufgelegt. Aber jetzt hörte ich ein Geräusch, das mir zur Zeit lieber war als Carlo Bergonzis strahlender Tenor und alle Verdi-Opern zusammen. Es war das Geräusch von Alwines Schlüssel, der sich im Schloß meiner Wohnungstür drehte.
»Man riecht das schon bis unten«, begrüßte mich Alwine, die vom Aufstieg in die fünfte Etage leicht außer Atem war. Den Rest Sauerstoff, der ihr geblieben war, küßte ich ihr weg. Von wegen, a kiss is just a kiss. Das hier war was Besonderes.
»Und was gibt’s außer Gratin?« fragte Alwine, nachdem sie einen Blick in die Röhre geworfen hatte.
»Lammkoteletts, einen Brunello und später noch den maximalen Max.«
Alwine zog ihre schwarze Hornbrille nach vorn, sah mich über den Brillenrand an und spielte klein Marilyn.
»Aber Mr. Reinartz, was denken Sie denn von mir?«
Sie strich sich mit gespielter Empörung eine blonde Strähne aus dem Gesicht.
»Auch wenn ich Ukulele in einer Band spiele, bin ich
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