Maxie und ein Fisch mit Fernweh
Außerirdischen, der sich auf der Erde eingeschmuggelt hat, um die Menschen auszuspionieren, in zwei Minuten erkennt.
„Und warum hast du dann keine eigenen? Ich dachte ehrlich gesagt, du kannst Tiere nicht ausstehen“, frage ich lahm und staune, in welcher Babysprache er von unseren Zwergkaninchen schwärmt.
Es ist wirklich wie verhext. Irgendwie schaffe ich es bei Jonas nie, das zu sagen, was ich eigentlich sagen will. Stattdessen blubbere ich nur komisches Zeug.
„Ich darf nicht“, erwidert Jonas knapp. „Du hast es doch gehört: Mein Vater ist allergisch gegen alles.“
Ich kichere. „Auch gegen dich?“, frage ich herausfordernd. Super! Endlich gelingt mir mal ein guter Satz. Ich klopfe mir innerlich auf die Schulter.
Jonas antwortet nicht sofort. „Kann schon sein. Ich bin es jedenfalls gegen meinen Vater“, sagt er schließlich grob und versteckt sein Gesicht tief in Hoppels und Poppels Fell.
„Hä?“ Ich schweige ratlos. Wenn Jonas das ernst meint, ist das ein ziemlich dickes Ei. Ich würde nie im Leben so über Mama reden.
„Ja, da staunste, was? Stell dir mal vor, das habe ich genau so gemeint“, sagt er und seine Stimme zittert so heftig, als würde er jeden Moment losheulen. „Ich weiß genau, dass du stinksauer bist, weil wir hier eingezogen sind, aber ich bin genauso stinksauer, weil ich hier mit meinem Vater wohnen muss“, fährt er fort. „Viel lieber wäre ich nämlich mit meiner Mutter zusammen, damit du es weißt. Du brauchst mich also gar nicht wie ein wütender Werwolf anzugucken, klar?“
Jetzt bin ich wirklich baff. Und zwar so, wie ich es noch nie war. Egal wie Jonas sonst so drauf ist, ich habe gleich nach seinen ersten Worten so schreckliches Mitleid gekriegt, dass es mir richtig innendrin wehtat.
Wieso gucke ich also ausgerechnet jetzt wie ein Werwolf und beim Crap Rap , wenn ich wirklich böse sein will, immer wie ein Hase beim Sonntagsausflug?
Ich würde das jetzt gerne in einem Spiegel überprüfen, aber dann hält mich Jonas für total verrückt.
„Warum darfst du denn nicht mit deiner Mama zusammen sein, wenn du das so gerne willst?“, frage ich. Ich bin erstaunt, wie normal ich mich plötzlich anhöre.
Anscheinend geht es Jonas genauso, denn er blinzelt mich ganz überrascht an. So, als ob er nicht wüsste, ob er mir trauen kann.
„He, ich meine das ernst“, sage ich und lasse mich ins Gras fallen. Ich fühle mich total kaputt, wie nach einem Marathon. Irgendwie hört mein Leben einfach nicht mehr auf, anstrengend zu sein.
„Meine Eltern sind geschieden“, sagt er düster. „Aber das ist völlig o.k. Sie haben sich nämlich vorher dauernd gestritten, das war totaler Stress für Luki und mich. Überhaupt nicht o.k. finde ich, dass meine Mutter jetzt für drei Monate in Amerika ist. Sie hat einen neuen Job. Und da kann sie kein Kind gebrauchen, sagt mein Vater. Und der nörgelt ständig an mir rum. Mit Lukas meckert er nie.“
Er wischt sich mit dem Handrücken über die Augen. „Ich bin deshalb nicht sauer auf meinen Bruder. Der ist echt lieb. Nur auf meinen Pa bin ich stinkig.“ Er seufzt so tief, dass ich die Luft anhalte. „Und danke, dass du mich heute nicht verpetzt hast. Ich hatte einfach keine Lust, mich in die Klopperei einzumischen. Ich wünschte, ich wäre ein Kaninchen. Oder wenigstens ein Fisch. Tiere haben, glaube ich, kein Fernweh. Die haben es echt gut.“
Ich kann das alles gar nicht glauben. Jetzt ist Hoppel sogar noch auf Jonas’ Arm eingeschlafen. Ich nehme ihm Poppel aus der Hand. Das findet Poppel jedoch gar nicht gut und zwickt mich mit seinen Nagezähnen. Dann flüchtet er eingeschnappt in sein Holzhäuschen. Jetzt bin ich aber langsam wirklich beleidigt.
„Und was ist bei euch so los?“, fragt Jonas. Er hat sich wieder ein bisschen eingekriegt, jedenfalls sieht es nicht so aus, als würde er gleich losheulen. „Sind deine Eltern erst seit Kurzem geschieden? Deine Mutter wird ziemlich schnell wütend. Das war bei meiner am Anfang auch so.“
Mit dieser Frage kann Jonas echt nicht bei mir punkten.
„Mein Vater ist seit vier Jahren tot“, sage ich brutal. „Mit dem Hubschrauber abgestürzt. Meine Eltern hatten sich aber ganz doll lieb. Immer.“ Jonas sieht mich so tieftraurig an, dass ich auf der Stelle bereue, was ich gesagt habe. Auch wenn es tausendprozentig stimmt.
„Meine Mutter ist nur sauer, weil sie möchte, dass es uns allen gut geht“, erkläre ich. „Wir wollten die Villa kaufen, damit wir mehr
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