Maximum Trouble
ihm?« fragte das Kopftuch.
»Kleine Information. Warst du das?«
Ich tippte auf meine Wange. »Schöne Schramme.«
»Für drei Zwannis rede ich nicht. Gib mir nen Hunni.«
»O.k., aber nur, wenn wir unter vier Augen reden können.«
Die beiden anderen >Bike-Devils< schnappten sich ihre Mountain-Bikes und schoben ab.
»Was wollen Sie denn wissen? Sind Sie von der Versicherung oder was?«
»So ähnlich. Wie ist es denn passiert?«
»Ich war schon in Derendorf, also fast da, da kommt plötzlich von hinten ein Auto und schneidet mich so, daß ich auf die Schnauze falle. Ich bin zwei, drei Sekunden weggetreten und dann...«
»Wohin bist du gefallen? Vor das Auto?«
»Nee. Zum Glück bin ich zwischen zwei parkende Autos gefallen. Jedenfalls, bevor ich überhaupt begriffen habe, was los ist, reißt mir jemand die Tasche weg, und dann rast der auch schon wieder los.«
»Was für’n Auto? Marke? Farbe?«
»Weiß nicht. BMW vielleicht oder Audi. Die sehen doch von hinten sowieso alle gleich aus.«
»Und die Typen? Jemand erkannt?«
»Nee.«
»Das ist nicht gerade viel für nen Hunni.«
»Mehr weiß ich aber nicht.«
»Dann kauf dir mal ein schönes Trostpflaster. Tut’s noch weh?«
»Geht schon wieder.«
Er legte die Hand auf die Schramme, und ich grinste ihn an. Er grinste nicht zurück. Er schien zu merken, daß ich was gemerkt hatte.
»Schönes Kopftuch hast du da«, sagte ich. »Hat meine Oma im Zweiten Weltkrieg auch immer getragen, wenn sie zum Kohlenklauen ging.«
Ich hatte noch jede Menge Zeit und spazierte erst mal in die Ratinger Straße und ging ins »Füchschen«, ein Altbierlokal, dessen urige Atmosphäre bisher weder von Werbefuzzies noch Modemessebesuchern kaputtgemacht werden konnte. Das unvergleichliche Karma dieser Kneipe schien selbst die größten Arschlöcher ohne Schaden absorbieren zu können. Ich blickte mich um und sah drei bekannte Gesichter aus meiner Vergangenheit. Das erste gehörte dem Art-Director Jürgen Fritsche, der eigentlich in England ein Lokal mit dem Namen »The wild Koreander« eröffnen wollte. Das zweite gehörte dem Creative-Director Willi Barczat, der eigentlich eine Kunstkarriere plante. Und das dritte war Eigentum des Texters Jürgen Esser, der sich eigentlich zum Bücherschreiben berufen fühlte. Ich setzte mich zu ihnen, und wir ließen Mettwürste und Wirsing und diverse Runden auffahren und alte Zeiten aufleben. Die drei hochbezahlten Informationsveredler beklagten die Zustände, die sie daran hinderten, ihren Traum von der eigentlichen Arbeit zu verwirklichen, und ich gab ein paar scharfe Details aus meinen letzten Scheidungsfällen zum besten. Nach etlichen Gläschen wurden schließlich erschrockene Blicke auf teure Armbanduhren geworfen, und die Herren mußten dringend zurück in die Kreativschmiede. Bis zur vereinbarten Übergabezeit waren es noch ein paar Stunden. Ich killte die Zeit, indem ich mir zwei Kinofilme reinzog. Gegen halb neun setzte ich mich in den Volvo, holte das Schulterhalfter mit der SigSauer-Automatic aus dem Handschuhfach und legte es an. You never know.
Grafenberg ist für Düsseldorf von großer Bedeutung. Einmal, weil gewisse Grafen vom Berg eine wichtige Rolle in der Stadtgeschichte spielten, im wesentlichen aber aus dem Grund, daß hier die Psychiatrische Klinik ist und Grafenberg so zum beliebten Synonym für Wahnsinn jeder Art avancieren konnte. Ich folgte der auf Freddies Zettel angegebenen Route, fuhr eine endlose steile Straße hinauf, ließ rechts ein Restaurant namens »Trotzköpfchen« liegen, das eine vage Erinnerung aufkommen ließ, hier mal mit meiner Ex-Gattin und meinen Ex-Schwiegereltern ein gutes Dinner in schlechter Gesellschaft eingenommen zu haben, fuhr noch ein paar Kilometer weiter und war mitten im Grafenberger Wald. Ich wartete 10 Minuten, dann hörte ich ein Moped. Und dann sah ich es auch. Es war eine von diesen sagenumwobenen Floretts, die früher von Arbeitern in schweren Ledermänteln gelenkt und heute von exzentrischen Kids gefahren wurden. Ein Stück hinter meinem Wagen hielt der Mopedfahrer an und klappte umständlich den Parkbügel seiner Karre aus. Er trug allen Ernstes eine übers Gesicht gezogene Pudelmütze mit Sehschlitzen und einer Öffnung fürs Plappermäulchen, das auch sofort losnölte.
»Wo ist das Geld?«
Das war nicht die Stimme meines kopftuchtragenden Freundes von den >Bike-Devils<. Er mußte einen Komplizen haben. Vielleicht war ich in ein internationales
Weitere Kostenlose Bücher