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Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Allan
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eindrucksvoll, aber die Spitzen neigten dazu, überall hängenzubleiben. Und der Kopfschmuck juckte.
    Er seufzte und streifte sein Schulterbündel ab. Sorgsam bettete er das stille neugeborene Mädchen auf ein weiches Lager aus Pelzen nahe seinem rechten Bein, griff dann nach seinem Schulterbündel und öffnete es. Seine Finger ertasteten den gut eingepackten Gegenstand mühelos.
    Einen Moment später zog er ihn hervor, um ihn sich auf den Schoß zu legen. Er wog nicht viel, und den Großteil des Gewichts machten ohnehin das fein gegerbte Leder und die dickere äußere Fellumhüllung aus, die das kostbare Teil in ihrem Innern bargen. Es war völlig mit feinen Lederschnüren umwunden, von denen jede auf geheime Art verknotet war, so daß es fast völlig unmöglich wäre, daß jemand anderer als er das Päckchen öffnete, ohne daß man das hinterher auch bemerken würde. Er sah auf den Gegenstand hinunter, erinnerte sich daran, wie er ihn das erste Mal zu Gesicht bekommen hatte an jenem Tag, als Großer Träumer, der vor ihm Schamane des Volkes gewesen war, es ihm übergeben hatte. An jenem Tag vor vielen Jahren war Alter Zauber noch Junger Zauber gewesen, hatte die Macht des Geheimnisses noch nicht ganz begriffen.
    Und doch hatte das Geschenk von Großer Träumer seinen vollen Aufstieg in den Stand des Weisen Mannes bedeutet - Träumer, uralt und gebeugt wie ein Steppenbaum, hatte ihm das eröffnet.
    »Jetzt bist du der Schamane«, hatte er dann gesagt, und Zauber hatte sich über den Unterton der Erleichterung in der Stimme des Alten gewundert.
    Später hatte er die Zusammenhänge verstanden. Die Last des Geheimnisses war enorm; er selbst würde auch froh sein, sie ablegen zu können. Dann schauderte er. Großer Träumer hatte es nur weitergegeben.
    Es war ihm, Alter Zauber, vorbehalten, es zur Erfüllung zu brin gen. Ihm und Geist.
    Sein Blick glitt zur Seite. Und dem Mädchen. Dem Mädchen vor allen anderen.
    Soviel Macht, in solch einem winzigen, zerbrechlichen Ding. Wieder staunte er über das Werk der Großen Mutter, die verschlungene Pfade wählte, um ihre Wunder zu weben.
    Das Fell am Eingang wurde zurückgeschoben, und Alter Zaubers Gedanken kehrten in die Gegenwart zurück.
    Geist stapfte mit einer Armladung Brennholz ins Geisterzelt, das er achtlos in die Feuerstelle warf. Dann ließ er sich auf die Knie nieder und blies auf ein Moosstückchen, aus dem bald eine kleine, flackernde Flamme emporzüngelte. Kurz darauf fing das Holz Feuer, und innerhalb von wenigen Minuten loderte und knisterte ein fröhliches Feuerchen inmitten des Steinkreises, das die Kälte rasch vertrieb. Geist ließ sich auf der anderen Seite des Kreises nieder. Er knotete die Schlaufen auf, die den Rentierumhang hielten, ließ die Schultern kreisen, um sich dann zurückzulehnen, die Augen zu schließen und in der Wärme zu baden.
    Alter Zauber musterte den jüngeren Mann abwartend. Endlich spürte Geist den Blick und schlug die Augen auf. »Es ist ein Dämon«, sagte er mit ausdrucksloser Stimme. »Ich habe die Nacht zuvor von ihm geträumt.«
    So wird es also sein, dachte sich Alter Zauber. Er berichtet mir von seinen Geistern und seinen Träumen, um meine eigenen in Frage zu stellen.
    Es gab nur einen Weg, dieser Herausforderung zu begegnen ~ ohne dabei seinen Schüler vernichtend zu treffen. Schweren Herzens ließ er seine Finger auf das sicher eingepackte kleine Bündel in seinem Schoß sinken.
    »Es gibt noch andere Dinge als Geister und Dämonen, mein Sohn«, erklärte er behutsam. »Es gibt zum Beispiel das Geheimnis.«
    Geists schwarze Augen funkelten wie rauchige Quarzstückchen, als er sich vorbeugte. »Das Geheimnis?« flüsterte er. »Wie lautet das Geheimnis?«
    »Das«, gab Alter Zauber zur Antwort, »werde ich dir nun eröffnen...«
    »Vor sehr, sehr langer Zeit«, setzte Alter Zauber in dem Ton an, in dem nur Schamanen sprachen, wenn sie über Zeichen der Geister berichteten,
    »viele, viele Leben und Tode des Volkes früher erteilte die Große Mutter dem ersten Schamanen eine Weisung:
    Verlaßt das Herz des Landes, verlaßt eure magischen Quellen, verlaßt eure nie versiegenden Jagdgründe. Denn ihr seid mein Volk, und ich habe euch erwählt.
    Wanderer werdet ihr sein auf dem Boden der Erde, und an jedem Orte werdet ihr nur kurz verweilen. Denn ich schicke euch die Große Wanderung, von der ihr nicht wieder ins Herz des Landes zurückkehren werdet. <«
    Als Alter Zauber den magischen Gesang anstimmte, sanken ihm die

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