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Maya und der Mammutstein

Maya und der Mammutstein

Titel: Maya und der Mammutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Allan
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Lider schläfrig herab. Seine Lippen formten die Worte genau so, wie Großer Träumer und zweifellos eine endlose Reihe von Schamanen vor ihm sie gesprochen hatten. Geist saß reglos wie ein Stein dort, lauschte hingerissen - endlich würde der alte Narr ihm doch noch das übermitteln, was ihm zustand. Er erbebte angesichts der Macht, die im Gesang des alten Mannes offenbar werden würde.
    Alter Zauber bemerkte das alles nicht, denn das Lied und das Geheimnis zogen ihn tiefer in ihr uraltes Netz.
    »Die Wanderschaft wird lang und schrecklich sein, doch das Volk wird gehen, weil ich es wünsche und weil das Volk mein ist für immer und ewig. Doch wenn die Wanderschaft beendet ist, dann werde ich euch ein Zeichen geben und das Volk mit großen Gaben überschütten. Dann endlich darf das Volk rasten, in einer Welt mit unerschöpflichem Vorrat an Essen und Trinken, wo das Wild im Überflusse lebt und das Wasser frisch sein und nie versiegen wird.
    Doch zuerst müßt ihr wandern und großes Ungemach erdulden, auf daß ihr euch würdig erweisen mögt eines solch unermeßlichen Segens. Denn ich gebe meine Gaben nicht auf leichte Weise, und selbst das Volk, das ich liebe, muß sich erst verdie nen, was ich ihm schenke .
    Dennoch werdet ihr nicht allein auf eure Wanderschaft gehen, denn ich werde mit euch sein, und ich werde euch vor den Geistern des Windes und des Eises und des schrecklichen Wolfes beschützen. Und wenn eure Wanderschaft endet, werde ich euch euer Zeichen geben, wie ich es gelobt habe.
    So spreche ich, die Große Mutter von allem, zu euch, achtet meine Worte!
    Und gehorchet ihnen !«
    Die Augäpfel des alten Schamanen hatten sich in den Höhlen verdreht, so daß nur das Weiße durch die engen Schlitze seiner Lider schien. Geists Zähne klapperten. Er bezweifelte die Wahrheit jener Worte nicht im geringsten - seine eigene Erfahrung im Umgang mit den Botschaften der Geister befähigte ihn dazu, die Anwesenheit des Göttlichen in anderen zu erkennen.
    Doch die Wahrheit entsetzte ihn. Eine Große Wanderung! Eine endlose Wanderung! Das Volk dazu verdammt, für alle Zeiten durch die Welt zu irren.
    Diese Aussicht war furchterregend.
    »Um für immerdar umherzuwandern...«, flüsterte er entsetzt.
    Die Augen von Altem Zauber sprangen weit auf. »Nicht für immer«, widersprach er. »Es wird ein Zeichen geben.«
    Geist spuckte ins Feuer, seine Worten troffen vor jugendlichem Zynismus, als er sprach. »Natürlich, ein Zeichen. Es gibt immer irgendwelche Zeichen.«
    »Richtig«, pflichtete ihm Alter Zauber bei. »Und dies hier« - seine Hand liebkoste zärtlich die Stirn des kleinen Mädchens -»ist eines davon.«
    Seine Finger tasteten nach den Knoten des Päckchens in seinem Schoß und begannen, sie zu lösen. »Dies«, flüsterte er, »ist ein anderes.«
    Alter Zauber brauchte mehrere Minuten, um alle Knoten zu lösen. Geist beugte sich mit gespanntem Blick vor, versuchte, den schnellen Bewegungen von Altem Zaubers Fingern zu folgen, doch irgendwie schirmten die Hände und Arme des Schamanen das Päckchen vor neugierigen Blicken ab. Es schien wie nicht beabsichtigt, doch Geist war sich sicher, daß dem doch so war. Aber er schwieg. Da der alte Narr sich nun endlich dazu entschlossen hatte, die Rätsel seiner Macht preiszugeben, konnte Geist auch noch ein wenig damit warten, die letzten Ein zelheiten zu entschlüsseln.
    Nichtsdestotrotz spürte Geist, wie ihm das Herz mächtig in der Brust zu klopfen begann, als Alter Zauber schließlich die Lederschnüre sorgsam auf eine Seite legte, dann erst die äußeren Feühüllen und sodann die butterweiche Haut der inneren Hülle auseinanderschlug. Es schien ihm, als liefen große Kräfte in eben diesem Moment zusammen - und mit seinem besonderen Spürsinn fühlte er, daß die Geister ihn wie ein riesiger Vogelschwarm tschilpend und flatternd umgaben.
    In dem schwachen, flackernden Licht des Feuers hielt Alter Zauber inne, zögerte die endgültige Enthüllung vorübergehend hinaus. Er drehte sich leicht herum, stöberte in seinem Schulterbündel und holte ein Paar eigenartige pelzige Dinge hervor, die er sich über die Hände zog.
    Fausthandschuhe, wie Geist nun erkannte, wundervoll gearbeitete Stücke, aus dem braunen Pelz eines Mammuts gefertigt. Unter buschigen Brauen hervor warf Alter Zauber ihm einen Blick zu.
    »Das ist überaus wichtig«, wisperte er. »Was du nun zu Gesicht bekommen wirst, ist das Herz des Mammutvolks. Es darf nicht von menschlichen Händen berührt

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