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mayday mayday ... eastern wings 610

mayday mayday ... eastern wings 610

Titel: mayday mayday ... eastern wings 610 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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neunzehnjährigen Briten abgenommen hatte. Den Kriegsverlauf markierten ohrenbetäubendes Gebrüll, blutende Lippen, ausgespuckte Zähne, ein gebrochenes Schlüsselbein und schließlich das harte, rhythmische Klatschen der Schlagstöcke der spanischen Guardia Civil.
    Doch das Wetter war am Aufklaren. Zwar wollten sich die Meteorologen nicht richtig festlegen. Zu widersprüchlich waren ihre Informationen. Doch es bestand Handlungsbedarf: Irgendwas mußte unternommen werden!
    Schließlich, die Wolkendecke mochte zwar niedrig hängen, drei- bis vierhundert Fuß, aber die Sicht betrug doch an die zehn bis fünfzehn Kilometer. Und manchmal, wenn irgendeine dieser verdammten Böen, bei denen man nie so richtig wußte, von wo sie zu erwarten waren, die Wolken aufriß, konnte man bis zu den Bergen der Sierra de Alfabia blicken.
    Gewitter und Blitze in Richtung Andraitx? Gut, aber Andraitx lag ja nicht im Abflugweg …
    Von der Flugplatzleitung bis zur An- und Abflugskontrolle war man sich einig: Die abflugbereiten Maschinen sollen raus, der Schrott muß weg, Son San Juán braucht Platz! Alle Flugsteige waren besetzt, das Vorfeld und die Parkräume standen voll mit aufgetankten Airliners, deren Kapitäne und Besatzungen zusammen mit den Dispatchern der Gesellschaften Tower und Flugleitung ständig mit der Frage bedrängten: »Wieso geht's nicht los? Wann können wir endlich …«
    Um zehn Uhr fünfunddreißig erfolgte die erste Rollfreigabe seit Gewitterbeginn.
    Kurze Zeit später gab der Platz-Controller der Maschine die Starterlaubnis: Es war eine Boeing 737 der Finnair, der kurz darauf ein LTU-Lockheed-Tristar folgte …
    Anjas Nacken schmerzte vom Hinstarren.
    Schwarz, reglos und tot blieben die großen Anzeigetafeln in der Halle des Terminals A. Gleich neben dem Ausgang für Inlandspassagiere hing einer der vielen Monitore, welche die letzten Veränderungen zeigten. Doch es blieb immer das gleiche: DE 320 delayed .
    Als sie zurückging, hockte Iris wieder auf dem Gepäckkarren. Sie hatte eine Cola-Dose ergattert und ein Sandwich dazu. Anja zog sich der Magen zusammen.
    »Na, wie du willst«, sagte Iris.
    Gruppen von Menschen schoben sich vorbei. Anja sah einen blauen Uniformrücken. Über dem weißen Kragenrand graublondes, kurzes Haar. Ein Ärmel mit vier Goldstreifen? Ihr Herz setzte aus, um dann um so heftiger weiterzuschlagen: die Größe, die breiten Schultern? Doch Paul schlenderte, der Pilot dort drüben marschierte. Wann endlich würde sich ihr Puls normal aufführen, wenn eine blaue Uniform vorüberkam?
    Sie hatte Paul Brückner vor drei Jahren bei einer Silvesterparty kennengelernt. Gastgeber war Renato Schmidt, ein kahlgeschorenes Universalgenie von Grafiker und Fotograf, der sich bei der Chemieindustrie genügend Aufträge holte, um auszuleben, was er den ›natürlichen Drang eines Kreativen zur Extravaganz‹ nannte.
    Vielleicht, daß auch sie selbst zu der natürlichen Extravaganz des Renato Schmidt zählte, jedenfalls hatte Renato sich von den Bildern und Zeichnungen der entwicklungsgestörten Kinder, mit denen Anja als Kunsttherapeutin arbeitete, derart begeistert gezeigt, daß er die Herausgabe eines Kalenders vorschlug. Der Kalender war weder ein Flop noch ein Erfolg geworden. Renatos Industriefreunde nahmen pflichtschuldigst ein paar hundert Exemplare ab, der Rest war in die Buchhandlungen gewandert, und Anja Baumann hielt seither Renato Schmidt für einen zwar anstrengenden, doch alles in allem ganz netten Kerl.
    Bei seiner Silvesterparty allerdings kam sie sich ziemlich verloren vor. Was sollte sie unter all den langhaarigen, lauten Typen, die nur beweisen wollten, was für tolle Hechte sie doch seien? So war sie ziemlich dankbar um den Mann, der kurz nach Mitternacht in Renatos Villa auftauchte. Er trug weder Ohrringe noch Seidenhemden noch Ballonhosen. Seine Haare waren grau, der Pullover auch, und die Jeans waren Jeans.
    Renato schien aus dem Häuschen: »Freunde! Wißt ihr, wen ihr vor euch habt? Den lieben Gott persönlich, meinen persönlichen Gott … Wenn ich in so ein grauenhaftes Fliegerding rein muß, ist er da und hat den Finger dazwischen. Ohne Paul, meinen Lufthansa-Kapitän, mach' ich keinen Kilometer in den Wolken – oder heißt das Meilen?«
    »Ein bißchen laut hier«, sagte der ›liebe Gott‹.
    Er hieß Paul Brückner.
    Irgendwie war es selbstverständlich, daß sie sich in einer Ecke bei einem Glas Wein zusammenfanden. Außerdem war sie froh darum, daß er nach einer Stunde

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