Mea Suna: Seelensturm Band 1 (German Edition)
etwas Gras über die Sache gewachsen ist. Auf der anderen Seite töten sie auf Befehl. Wenn ihnen gesagt wird, sie sollen es gleich wieder versuchen, werden sie nicht zögern, es erneut zu tun.«
»Das heißt also, wir hätten jetzt die Möglichkeit, einfach zu verschwinden?«, fragte ich.
»Sieh mal, Jade, das ist genau das, was ich versuche, deinem Onkel zu erklären. Der Fokus liegt ja schon auf euch. Jede überstürzte Flucht würde noch mehr Taluris nach Bayville ziehen. Sie wissen genau, welche Maus sich hier befindet und welche verschwindet.«
Das würde bedeuten, dass wir in der Falle saßen. Tränen stiegen mir in die Augen, die ich tapfer versuchte, wegzublinzeln. Die Worte Illustris, Taluris, Mörder, Gefahr und einige andere mehr schossen durch meinen Kopf. Es war so schwierig für mich, diese plötzliche Wendung in meinem, oder besser gesagt in unserem, Leben zu verstehen.
Still war es im Arbeitszimmer und alle Augen waren auf mich gerichtet. Doch ich konzentrierte mich auf Mr. Tramonti.
»Gibt es keinen anderen Ausweg?«, flüsterte ich.
Er schluckte. »Es gibt immer einen Ausweg, in eurem Fall heißt der Flucht. Irgendwo neu anfangen und hoffentlich für ein paar Jahre unentdeckt leben.«
Ich konnte und wollte nicht glauben, was Vico Tramonti erzählte. Das konnte doch nicht sein. Wir würden immer in Angst leben müssen. Wie schrecklich dieser Gedanke war, konnte ich nicht in Worte fassen.
»Aber, … aber woher wollen die wissen, dass Amy diejenige ist, die sie suchen? Ich meine, sie ist doch ein ganz normaler Teenager!«
»Ja, für uns Menschen, aber für einen Taluri eben nicht. Amy ist eine Illustris und hat eine Farbenaura. Das heißt, alle Stimmungen und Gefühle sendet ihr Körper in Form von Farben aus. Und genau das ist es, was sie an die Taluris verrät. Diese Mörder können das sehen«, erklärte er.
Sofort dachte ich daran, dass mit meinem Körper das Gleiche geschah. Dann waren die Farben also ein Zeichen dafür, dass Amy eine Illustris war? Und was war mit mir? War ich auch eine von ihnen? Mein Herz pochte wild in meiner Brust und jegliche Farbe wich aus meinem Gesicht. Sollte ich von den Ornamenten auf meiner Haut erzählen? Die Bilder tauchten in meinem Kopf auf, als ich diesem Typen begegnet war. Diese roten Zeichen, die ich im Spiegel gesehen hatte. Außerdem würde das bedeuten, dass unser Geheimnis all die Jahre kein Geheimnis war. Onkel Finley wusste, was die Ausstrahlung zu bedeuten hatte. Vielleicht sollte ich ihn doch informieren, was heute Mittag wirklich geschehen war? Gerade nahm ich all meinen Mut zusammen, als Mr. Tramonti mir zuvorkam. »Aber jetzt mach dir nicht allzu viele Sorgen. Vorerst würde ein weiterer Versuch, deine Schwester zu töten, zu sehr auffallen. Das Letzte, was die Taluris wollen, ist Aufmerksamkeit. Ganz Bayville weiß über das Ereignis von heute Nachmittag Bescheid. Wenn sie in den nächsten Tagen sofort wieder angreifen, würde die Polizei Fragen stellen. Daher müssen sie abwarten. In der Regel wollen sie es wie einen dummen Unfall aussehen lassen. Das können sie allerdings nur, wenn ihr außer Haus geht. Deshalb mein Rat an euch, bleibt hier und überlegt in Ruhe, was ihr tun wollt.«
Unsicher sah ich zu meinem Onkel, während Mr. Chang wieder zu seinem Platz ging.
»Ich denke, es reicht für den Anfang. Gebt dem Mädchen die Möglichkeit, alles zu verarbeiten. Es war ein aufregender Tag für uns. Ihr solltet jetzt nichts überstürzen. Ein paar Stunden Schlaf können da Wunder wirken«, empfahl Mr. Chang. Auch Vico Tramonti nickte zustimmend.
»Ich bin der gleichen Meinung, Finley. Außerdem hat der missglückte Mordversuch sie sicherlich ins Grübeln gebracht. Sie werden Zeit brauchen und die werden wir ihnen geben. Glaubt mir, ihr habt Zeit, nachzudenken und zu handeln.«
Unentschlossen sah Onkel Finley in die Gesichter seiner Berater und schließlich in meins. Ich fühlte mich hilflos und gefangen. Natürlich war jetzt der Gedanke an Flucht wirklich sehr naheliegend, doch mein größeres Problem war, das alles zu realisieren, falls man solche Neuigkeiten überhaupt richtig verstehen konnte. Es war wirklich unglaublich, doch unsere Gefühle, die wir als Farben sehen konnten, waren ein Beweis, dass irgendetwas an der Geschichte dran sein musste.
»Vielleicht habt ihr Recht. Trotzdem werde ich für eine Flucht alles vorbereiten lassen und du solltest das auch tun, Jade. Pack einfach einen Koffer mit deinen wichtigsten Dingen
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