Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Commander Scott 08 - Der Weltenfresser

Commander Scott 08 - Der Weltenfresser

Titel: Commander Scott 08 - Der Weltenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Kern
Vom Netzwerk:
Das Gesicht auf dem Bildschirm wirkte wie eine alte, verblaßte Stickerei; die Flächen und Konturen waren von unzähligen winzigen Linien aufgeweicht, die Wangen ein wenig zu schwer. Ein schwaches Gesicht, meinte Ron Conway, doch er berichtigte diesen Eindruck sofort. Kein schwaches, eher ein ruhendes Gesicht, die Augen wie im Schlaf geschlossen, der schmale, lippenlose Mund ein wenig geöffnet, so daß starke, stumpfe Zähne sichtbar wurden. Über den kleinen Ohren, die schräg unter der vorgewölbten Stirn standen, bildete der Schädel eine deutlich spitz zulaufende Kuppel, die mit einer Bürste kurzgeschorener, starrer Haare bewachsen war. Die Augenwülste trugen dicke, dunkle, struppige Brauen, deren Enden nach oben schwangen.
    »Dr. Priam Farrel«, sagte der Aufseher leidenschaftslos. »Ich kann nicht behaupten, daß es mir leid täte, ihn loszuwerden.«
    »Ist er ein Unruhestifter?« fragte Conway.
    »Nicht im üblichen Sinn.«
    »Ein Simulant oder Drückeberger?«
    »Nein.«
    »Was dann?«
    Chan Uiger zuckte die Achseln. Seit vierzig Jahren war er im Strafvollzug, seit zehn Jahren verwaltete er das Gefängnis auf Caldar, und er fand es außerordentlich schwierig, die Erfahrungen eines langen Lebens in ein paar einfache Worte zu fassen.
    »Es ist mehr ein Gefühl. Das bekommt man, wenn man lange mit Kriminellen zu tun hat. Nehmen Sie eine Bombe. Sie wissen, daß sie sehr gefährlich sein kann, doch Sie können damit umgehen. Nun stellen Sie sich die gleiche Bombe vor, fertig zur Explosion. Sie wissen nicht, wann sie hochgehen wird, aber Sie verwetten Ihr Leben dafür, daß sie's tut. Genauso sind manche Menschen. Farrel gehört zu ihnen.«
    Conway schaute wieder auf den Schirm. Jetzt waren die Augen offen, von einem schmutzigverwaschenen Braun und starrten ihn aus tiefen Höhlen an. Der Mund war jetzt geschlossen, und die Winkel hoben sich zu einem sardonischen Lächeln; die vorige entspannte Weichheit war verschwunden.
    »Weiß der Mann von der Verlegung?« fragte er scharf.
    »Offiziell nicht.«
    »Dann weiß er es also nicht.«
    Uiger seufzte, um seine Ungeduld zu überspielen. Der Leutnant war jung, vielleicht auch ein bißchen naiv. »Da können wir nicht sicher sein«, entgegnete er leise. »Informationen machen auf vielen Wegen die Runde, egal was wir auch tun, dies zu verhüten. Er sollte es nicht wissen, daß er verlegt wird, aber eine Wette würde ich da höchst ungern eingehen.«
    Ein Wispern, ein versteckter Hinweis, eine geklopfte Botschaft, ein mysteriöses Gerücht, das es entgegen aller Logik in allen Gefängnissen gab. Vielleicht auch Telepathie? Möglich, wenn auch unbewiesen. Männer, die man eingesperrt hielt, denen man ein normales Leben versagte, die in jeder Begehung behindert waren, hatten Zeit, unvermutete Talente zu entwickeln.
    Conway streckte die Hand aus und berührte einen Knopf. Das Gesicht auf dem Bildschirm trat in den Hintergrund, wurde zum Teil einer vertrauten Szene. Eine Zelle, ein Feldbett, die Toiletteneinrichtungen, der Mann, der auf seinem Feldbett lag; dieser Mann konnte unter keinen Umständen wissen, daß man ihn genau beobachtete, doch er vermittelte den Eindruck, es zu wissen.
    »Wie lange?«
    »Bis Sie ihn mitnehmen können?« Uiger warf einen Blick auf seine Uhr. »Dreißig Minuten; dann hat er Zeit genug, zu essen und sich umzuziehen. Hätten Sie etwa Lust, einen Rundgang um die Mauern zu machen, statt hier zu warten?«
    Conway wußte nicht, sollte das nun eine wirkliche Einladung sein, oder wollte man ihn auf höfliche Art abschieben? Da ihm sowieso keine Wahl blieb, verließ er den Überwachungsraum, und es war gut, in das warme Sonnenlicht hinauszutreten, den Wind im Gesicht zu spüren und den Duft der Blumen in sich aufzunehmen. Caldar war eine sanfte Welt, und das Gefängnis glich eher einer häßlichen Geschwulst, die nichts in soviel weicher Schönheit zu suchen hatte. Trotz der Sonne und der duftenden Brise schien sie giftige Dünste auszuströmen, etwas Ungreifbares, das Bedrückung ausstrahlte, so daß selbst die glatten, sauberen hohen Mauern den Eindruck machten, als bestünden sie aus schleimigem, zerfallendem Gestein.
    Dieses törichte Gefühl hatte keine Existenzberechtigung, und er sollte besser davon gar nicht Kenntnis nehmen. Ron Conway straffte die Schultern und lief die obere Brüstung entlang; er dachte an die Zukunft und an seine Schlußprüfungen, denn dann konnte er die Mühsal seiner gegenwärtigen Pflichten anderen überlassen, während

Weitere Kostenlose Bücher