Meade Glenn
verbrannten augenblicklich. Die anderen, die bereits von der Ladefläche heruntergestiegen waren, wurden mit ungeheurer Kraft aus dem Wagen gerissen und in die Luft geschleudert. Kurz darauf rieselten verkohlte Leichenteile und Hautfetzen nieder. Die wenigen Überlebenden, von denen einige brannten oder durch Splitter schwer verwundet waren, schrien und krümmten sich im Todeskampf.
» Scheißkerle! « , schrie Fawzi den unsichtbaren Angreifern zu.
Doch er bewegte sich nicht und machte sich darauf gefasst, dass die nächste Rakete in dem Bus oder seinem Wagen einschlagen würde. Der Bus, der von den beiden brennenden Lastwagen eingekeilt war, bot eine gute Zielscheibe. Fawzi sah die entsetzten Gesichter der Amerikaner hinter den Fenstern.
Währenddessen versuchte der Fahrer, den Bus von der Straße und aus der Schusslinie zu fahren.
Dann geschah es.
Fawzi hörte das laute Dröhnen von Motoren. Zu seiner Rechten sah er drei Fahrzeuge, die aus den etwa zweihundert Meter entfernten Bergen auf die brennende Kolonne zurasten und riesige Staubwolken aufwirbelten.
Als sie sich näherten, erkannte Fawzi japanische Pickups. Auf den Ladeflächen standen zahlreiche Männer. In einer Entfernung von hundert Metern eröffneten sie das Schussfeuer.
Das Knattern der Maschinengewehre dröhnte durch die Luft.
Die Kugeln schlugen Funken sprühend im Metall ein. Die Windschutzscheibe des Busses wurde von Kugeln durchsiebt und zersplitterte in tausend Teile. Die Brust des Fahrers wurde aufgerissen. Sein Körper sackte zuckend hinter dem Lenkrad zusammen.
Dann wurde Fawzis Wagen von Gewehrsalven durchlöchert.
Sein Tatendrang war vollkommen versiegt, und er spürte nur noch nackte Angst. Er konnte nichts tun. »Zurück zum Wagen!«, brüllte er seinen Fahrer an. »Schnell!«
Fawzi rannte los. Die Männer in den Pickups schossen noch immer. Eine Kugel traf seinen Fahrer im Rücken. Er schrie wie ein verletztes Tier, wälzte sich auf der Erde und wurde noch einmal getroffen. Eine Kugel traf Fawzi im rechten Arm wie ein Hammerschlag, doch er lief weiter.
» Bitte, Gott… bitte… rette mich. «
Er erreichte den Wagen, sprang auf den Fahrersitz und startete den Motor. Als der Wagen einen Satz nach vorn machte, durchlöcherten die Geschosse aus den Maschinenpistolen die Karosserie. Eine Kugel drang in Fawzis rechte Schulter. Das Lenkrad entglitt seinen Händen, und der Wagen schlitterte an den Rand der Straße. Er stürzte den Abhang hinunter, riss Geröll, vertrocknetes Gestrüpp und verbogene Metallteile mit, sauste mit voller Wucht gegen einen Felsbrocken und überschlug sich. Fawzi knallte mit dem Kopf gegen das Dach und verlor die Besinnung.
Als er Sekunden später wieder zu sich kam, hockte er kopfüber auf dem Fahrersitz. Seine Schusswunden schmerzten höllisch, und er fragte sich, warum er noch am Leben war und der Tank kein Feuer gefangen hatte. Fawzi schrie seine Schmerzen hinaus und entschloss sich, aus dem Wrack zu klettern. Als Felsbrocken in die Tiefe sausten, setzte sein Herzschlag aus. Er versuchte, einen Blick auf die Straße zu werfen. Vier kräftige Burschen stiegen mit ihren Kalaschnikows den Abhang hinunter. Sie trugen Tarnanzüge und bedrohlich wirkende schwarze Wollmasken, die nur Augenschlitze freiließen. Auf halbem Wege blieben die Männer stehen und beäugten das zertrümmerte, von Kugeln durchsiebte Wrack.
Plötzlich sagte einer von ihnen: »Vergiss es. Er ist tot. Komm, wir gehen zurück zum Bus.«
Die Männer stiegen den Abhang wieder hinauf. Fawzis Erleichterung hielt nicht lange an. Sekunden später hörte er den ohrenbetäubenden Lärm von anhaltendem Schussfeuer und die Todesschreie von Männern, die hingerichtet wurden. Fawzi erstarrte zu Eis und hätte sich fast erbrochen. Kurz darauf heulten Motoren auf, und mehrere Wagen fuhren davon. Fawzi stand noch immer unter Schock. Die Wunden an Arm und Schulter pochten erbarmungslos. Sein Hemd war blutdurchtränkt, und quälende Fragen schossen ihm durch den Kopf. Was war da oben auf der Straße passiert? Waren die Amerikaner und seine Untergebenen hingerichtet worden? Und warum? Warum war sein Konvoi überfallen und vernichtet worden? Und wer waren die Angreifer?
Ein Schwarm Fliegen witterte das Blut und umkreiste brummend seinen Kopf. Fawzi schloss die Augen und schrie vor Schmerzen. Er verfluchte den Tag, an dem er Polizist geworden war. Seine Mutter war vor fünfzehn Jahren gestorben und lag in den Kreidehügeln, die Baku überragten, begraben.
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