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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Diese langweilige Schilderung seiner Berufslaufbahn mit dem unterschwelligen Eingeständnis von Erwartung und Ehrgeiz! »Dich erwartet große Verantwortung«, sagte er müde. Bruder Paulinus hob die Schultern. »Alles liegt bei Ihm.«
    »Wenigstens muß ich jetzt nur noch elf Eideshelfer finden. Vielleicht wird der Bischof das Zeugnis meines Bruders als Ersatz für mehrere andere gelten lassen.«
    Bruder Paulinus lächelte nicht. »Als ich deinen Namen in der Anklageschrift las, zog ich Erkundigungen ein. Mit etwas Aufmunterung könnte der Kaufmann Bostock interessante Einzelheiten bezeugen. Was ist, wenn man dich fragt, ob du dich als Jude ausgegeben hast, um der Kirche zum Trotz eine heidnische Akademie zu besuchen?«
    Die Kellnerin der Taverne trat zu ihnen, und Rob schickte sie weg. »Dann würde ich antworten, daß Gott in Seiner Weisheit mir erlaubt hat, ein Heiler zu werden, weil Er Männer und Frauen nicht nur zum Leiden und Sterben geschaffen hat.«
    »Gott besitzt eine gesalbte Armee, die auslegt, was Er mit dem Körper des Menschen und seiner Seele im Sinne hat. Weder Baderchirurgen noch von Heiden ausgebildete Ärzte sind gesalbt, und wir haben Kirchengesetze erlassen, um Frevlern wie dir Einhalt zu gebieten.«
    »Ihr macht es uns schwer. Zeitweise hemmt ihr den Fortschritt. Ich glaube aber nicht, Willum, daß ihr uns Einhalt gebieten könnt.«
    »Du wirst London verlassen.«
    »Entspringt deine Besorgnis der brüderlichen Liebe oder der Angst, daß ein exkommunizierter Bruder, der als Heide hingerichtet wurde, den zukünftigen Hilfsbischof von Worcester in eine peinliche Lage bringen könnte?«
    Einen endlosen Augenblick lang sprach keiner von beiden.
    »Ich habe meine Geschwister mein Leben lang gesucht und immer davon geträumt, sie zu finden«, sagte Rob bitter.
    »Wir sind keine Kinder mehr. Und Träume sind nicht Wirklichkeit«, stellte Bruder Paulinus fest.
    Rob nickte. Er schob seinen Stuhl zurück. »Weißt du etwas von den anderen?«
    »Nur von dem Mädchen.«
    »Wo lebt sie?«
    »Sie ist vor sechs Jahren gestorben.«
    »Oh.« Rob stand schwerfällig auf. »Wo kann ich ihr Grab finden?«
    »Es gibt kein Grab. Es war ein großer Brand.«
    Rob nickte, dann verließ er das Wirtshaus, ohne einen Blick auf den grauen Mönch zurückzuwerfen.

    Jetzt hatte er weniger Angst vor der Verhaftung als vor Mördern, die von einem mächtigen Mann gedungen würden, um jemand Lästigen aus dem Weg zu räumen. Er eilte zu Thornes Stall, bezahlte seine Rechnung und nahm sein Pferd mit. Im Haus in der Thames Street hielt er sich nur so lange auf, wie er brauchte, um die Habseligkeiten einzupacken, die ein wesentlicher Teil seines Lebens geworden waren. Er hatte genug davon, Orte in verzweifelter Eile zu verlassen und weite Strecken zu reisen, aber er hatte gelernt, schnell und umsichtig zu handeln.
    Als Bruder Paulinus im Refektorium von St. Paul beim Abendessen saß, verließ sein leiblicher Bruder die Stadt London. Rob lenkte das schwerfällige Pferd über die schlammige Lincoln Road, die nach Norden führte. Furien jagten ihn, aber er entkam ihnen nie, weil er einige von ihnen in sich trug.

Eine vertraute Reise
    In der ersten Nacht schlief er weich in einem Heuhaufen neben der Straße.
    Am Morgen war er hungrig. Er wollte aber nicht in einem Bauernhaus um eine Mahlzeit bitten, weil man sich gut an ihn erinnert hätte, falls jemand nach ihm gefragt hätte. Er ritt lieber den halben Vormittag mit leerem Magen, bis er zu einem Dorf kam, wo er auf dem Marktplatz Brot und Käse kaufen konnte, um seinen Hunger zu stillen und Vorräte mitzunehmen.
    Während er ritt, brütete er vor sich hin. Es war schlimmer, einen solchen Bruder zu finden, als ihn nie zu finden, und er fühlte sich betrogen und zurückgewiesen. Aber er sagte sich, daß er um William getrauert hatte, als sie sich einst aus den Augen verloren, daß er aber froh sein würde, den Paulinus mit den eisigen Augen nie wieder zu Gesicht zu bekommen. »Geh zum Teufel, Hilfsbischof von Worcester!« rief er.

    Wenn er verfolgt würde, würden sie ihn auf den Hauptstraßen suchen, deshalb bog er von der Lincoln Road ab und folgte den Uferstraßen, die die an der Küste liegenden Dörfer miteinander verbanden. Er war mehrmals mit dem Bader hiergewesen. Diesmal trommelte er nicht, auch gab er keine Vorstellung noch suchte er Patienten, weil er befürchtete, daß Nachforschungen nach einem flüchtigen Medicus im Gang waren. In keinem Dorf erkannte jemand den jungen

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