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Medicus 01 - Der Medicus

Titel: Medicus 01 - Der Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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herhastete.
    »Wollt Ihr mich in ein Wirtshaus begleiten, Master? Ich würde gern mit Euch sprechen.« Was kommt jetzt, dachte Rob.
    Aber er folgte dem Mann über die schlammige Straße in eine Taverne, wo sie sich in eine ruhige Ecke setzten.
    Der Mönch stellte sich als Bruder Paulinus vor, und beide bestellten Ale. »Ich finde, daß die Verhandlung gut für Euch ausging.« Rob erwiderte nichts, und sein Schweigen veranlaßte den Mönch, die Stirn zu runzeln. »Hört mal, ein ehrlicher Mann kann doch leicht zwölf ehrliche Männer finden!«
    »Ich wurde in der Pfarre St. Botolph geboren, habe sie aber als Junge verlassen, da ich als Gehilfe eines Baderchirurgen durch England zog. Es wird mir verdammt schwerfallen, zwölf Männer zu finden, rechtschaffen oder nicht, die sich an mich erinnern und bereit sind, nach London zu reisen, um es vor Gericht zu bestätigen.«
    Bruder Paulinus nippte an seinem Ale. »Wenn Ihr nicht alle zwölf findet, ist die Rechtsfrage strittig. Dann wird man Euch Gelegenheit geben, Eure Unschuld durch ein Gottesurteil zu beweisen.« Das Ale schmeckte nach Verzweiflung. »Welche Gottesurteile gibt es?«
    »Die Kirche bringt vier Gottesurteile zur Anwendung: kaltes Wasser, heißes Wasser, heißes Eisen und geweihtes Brot. Ich kann Euch verraten, daß Bischof Aelfsige das heiße Eisen bevorzugt. Man wird Euch geweihtes Wasser zu trinken geben und Euch geweihtes Wasser auf die Hand spritzen, die für das Gottesurteil verwendet werden soll. Ihr selbst wählt die Hand. Ihr werdet ein weißglühendes Eisen aus dem Feuer nehmen und es mit drei Schritten neun Fuß weit tragen. Dann werdet Ihr es fallen lassen und zum Altar laufen, wo die Hand eingehüllt und versiegelt wird. Nach drei Tagen wird die Hülle entfernt. Wenn Eure Hand unter der Umhüllung weiß und rein ist, werdet Ihr für unschuldig erklärt. Wenn die Hand nicht rein ist, werdet Ihr exkommuniziert und dem weltlichen Gericht überantwortet.«
    Rob versuchte seine Gefühle zu verbergen, war aber vollkommen sicher, daß sein Gesicht blaß geworden war.
    »Wenn Euer Gewissen nicht reiner ist als das der meisten Menschen, die von Frauen geboren wurden, müßt Ihr London verlassen«, sagte Bruder Paulinus trocken.
    »Warum erzählt Ihr mir das alles? Und warum bietet Ihr mir Euren Rat an?«
    Sie musterten einander. Rob war sicher, daß er diesen Mann zum erstenmal in seinem Leben gesehen hatte, als er an diesem Morgen St. Paul betrat.
    »Ich weiß, daß Ihr Robert Jeremy Cole seid.«
    »Woher wißt Ihr es?«
    »Bevor ich Bruder Paulinus in der heiligen Gemeinschaft des Benediktus wurde, hieß ich Cole. Ich bin mit ziemlicher Sicherheit dein Bruder.«
    Rob war sofort bereit, ihm zu glauben. Er war seit zweiundzwanzig Jahren bereit gewesen, es zu glauben, und Jubel stieg in ihm auf, den er aber sofort unterdrückte, weil ihn etwas zur Vorsicht mahnte. Er hatte das Gefühl, daß etwas nicht stimmte. Er wollte schon aufstehen, doch der andere blieb sitzen und beobachtete ihn aufmerksam berechnend, so daß auch er wieder auf seinen Stuhl zurücksank. »Du bist älter, als der kleine Roger heute sein würde«, stellte er fest. »Samuel ist tot. Wußtest du das?«
    »Ja.«
    »Du bist also... Jonathan oder...«
    »Nein, ich war William.«
    »William!«
    Der Mönch beobachtete ihn weiter.
    »Nach Pas Tod wurdest du von einem Priester namens Lovell aufgenommen.«
    »Pater Ranald Lovell. Er brachte mich ins Kloster von St. Benedikt in Jarrow. Er hat nur noch vier Jahre gelebt, und dann wurde beschlossen, daß ich Laienbruder werden sollte.«
    Bruder Paulinus erzählte kurz seine Geschichte. »Der Abt in Jarrow war Edmund, der der liebevolle Hüter meiner Jugend war. Er forderte mich heraus und formte mich mit dem Ergebnis, daß ich früh Novize, Mönch und Propst wurde. Ich war mehr als sein starker rechter Arm.
    Er war abbas etpresbyter, widmete sich vollkommen und ununterbrochen dem Rezitieren des opus dei sowie dem Lernen, Lehren und Schreiben. Ich füngierte als der strenge Verwalter, als Edmunds Vogt. Als Propst war ich nicht beliebt.« Er lächelte säuerlich. »Als er vor zwei Jahren starb, wurde ich nicht zu seinem Nachfolger gewählt, aber der Erzbischof hatte Jarrow beobachtet und forderte mich auf, die Ordensgemeinschaft zu verlassen, die mir die Familie ersetzt hatte. Ich soll nun die Weihen erhalten und als Hilfsbischof von Worcester dienen.«
    Ein merkwürdiges, liebloses Gespräch anläßlich eines solchen Wiedersehens, dachte Rob.

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