Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Medicus 02 - Der Schamane

Titel: Medicus 02 - Der Schamane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
Vom Netzwerk:
Crossing geritten kam, um ihn aufzusuchen. Der ehemalige Kongressabgeordnete gab offen zu, dass er seinen Einfluss dazu genutzt hatte, als Colonel in die Army zu kommen. Er hatte seine Stellung als Rechtsbeistand der Eisenbahn in Rock Island gekündigt, um das 102. Illinois Volunteer Regiment aufzustellen - und er war gekommen, um Dr. Cole als Regimentsarzt anzuwerben. »Das ist nichts für mich, Stephen.« »Doc, es ist nichts dagegen zu sagen, wenn man den Krieg als abstrakten Begriff ablehnt, aber jetzt ist er Realität geworden, und es gibt gute Gründe für diesen Krieg.«
    »Ich glaube nicht, dass das Töten vieler Menschen bei irgend jemandem eine Meinungsänderung über die Sklaverei und den freien Handel herbeiführen wird. Außerdem brauchen Sie einen jüngeren und robusteren Kandidaten: Ich bin ein vierundvierzigjähriger Mann mit einem Schmerbauch.« Er hatte tatsächlich zugenommen. Früher, als er entflohene Sklaven in seiner Nische versteckte, hatte er es sich angewöhnt, auf dem Weg durch die Küche etwas in die Taschen zu stecken - eine gebackene Süßkartoffel, ein Stück Brathähnchen, ein paar Rosinenbrötchen -, um es den Flüchtlingen zu geben. Heutzutage stibitzte er immer noch Essen, doch jetzt verspeiste er es selbst, wenn er im Sattel saß.
    »O nein, ich möchte Sie - wie dick und zartbesaitet Sie auch sein mögen«, widersprach Hume. »Und außerdem gibt es in der ganzen verdammten Army zur Zeit nur neunzig Sanitätsoffiziere. Das bedeutet eine große Chance für Sie: Sie fangen als Captain an und sind, bevor Sie sich’s versehen, Major. Ein Arzt wie Sie macht da zwangsläufig Karriere.«
    Rob J. schüttelte den Kopf. Doch da er Stephen Hume mochte, streckte er ihm die Hand hin. »Ich wünsche Ihnen eine gesunde Rückkehr, Colonel.«
    Hume lächelte schief und drückte ihm die Hand. Ein paar Tage später hörte Rob J. in der Gemischtwarenhandlung, dass Tom Beckermann als Arzt für das 102. Regiment verpflichtet worden war. Drei Monate lang hatten beide Seiten nur Krieg gespielt, aber im Juli zeichnete sich ab, dass eine großangelegte Konfrontation bevorstand. Viele waren immer noch überzeugt, dass der Spuk schnell vorüber sein würde, doch diese erste Schlacht war eine Sensation für die Nation. Rob J. verschlang die Zeitungsberichte ebenso begierig wie diejenigen, die den Krieg liebten.
    Mehr als dreißigtausend Unionssoldaten unter General Irving McDowell standen bei Manassas in Virginia, fünfundzwanzig Meilen südlich von Washington, zwanzigtausend Konföderierten unter General Pierre G. T. Beauregard gegenüber. Etwa elftausend weitere Konföderierte befanden sich unter General Joseph E. Johnston im Shenandoah Valley in Kampfstellung gegen ein Unionsheer von vierzehntausend Mann, das von General Robert Patterson befehligt wurde. Am 21. Juli führte McDowell, in der Annahme, dass Patterson Johnston in Atem halten werde, seine Armee in der Nähe von Sudley Ford am Bull Run Creek gegen die Südstaatler. Es war alles andere als ein Überraschungsangriff. Unmittelbar bevor McDowell losstürmte, ließ Johnston Patterson stehen und vereinigte seine Truppen mit denen Beauregards. Der Schlachtplan der Nordstaaten war so bekannt, dass Kongressabgeordnete und Verwaltungsangestellte mit Kind und Kegel aus Washington nach Manassas hinausgeströmt waren, wo sie Picknicks veranstalteten und der Begegnung entgegenfieberten, als handle es sich um ein Wettrennen. Dutzende von Zivilisten waren von der Army angeheuert worden, um mit Gespannen und leichten, vierrädrigen Wagen bereitzustehen, die als Krankenfahrzeuge benutzt werden sollten, falls es Verwundete gäbe. Viele dieser Ambulanzfahrer brachten ihren Whiskey zu dem Picknick mit. Vor den Augen des faszinierten Publikums warfen sich McDowells Männer der vereinigten Streitkraft der Konföderierten entgegen. Auf beiden Seiten waren die Soldaten größtenteils Neulinge, die mit mehr Eifer als Können kämpften. Die Konföderierten zogen sich ein Stück zurück, hielten dann die Stellung und sahen zu, wie sich die Nordstaatler in mehreren verzweifelten Attacken aufarbeiteten. Dann befahl Beauregard einen Gegenangriff. Die erschöpften Unionstruppen wichen zurück und rannten schließlich in wilder Flucht davon. Die Schlacht war nicht das, was die Zuschauer sich erwartet hatten:
    Der Lärm des Gewehrfeuers und der Artillerie sowie die Schreie waren schrecklich, der Anblick war noch schrecklicher. Anstatt einer Sportveranstaltung erlebte das

Weitere Kostenlose Bücher