Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst (German Edition)
sauerstoffreichem Blut versorgt, dessen magnetische Eigenschaften zu einem verstärkten Bildsignal führen, dem sogenannten BOLD-Effekt (Blood Oxygen Level Dependent) . Die umseitige Abbildung zeigt eine typische funktionelle MRT-Aufnahme (transversale Schnittebene). Die räumliche Auflösung ist mit 3 x 3 x 5 mm zwar deutlich geringer als bei der strukturellen Aufnahme, dafür dauerte die Aufzeichnung des gesamten Gehirns mit insgesamt 30 solchen Schichtbildern lediglich drei Sekunden. Weil dem Bild ein anderes Signal zugrunde liegt, erscheinen die Nervenzellen hier heller als die Nervenverbindungen – also umgekehrt wie bei der strukturellen Aufnahme (vgl. Abbildung »Drei Schnittebenen – weiße und graue Substanz« weiter oben).
Durch die kontinuierliche Messung lassen sich Veränderungen der Aktivierung über die Zeit erfassen. Bilder, die in einer Versuchsphase aufgenommen wurden, können mit Bildern aus einer anderen Phase kontrastiert werden, um Aktivierungsunterschiede sichtbar zu machen. In einer eigenen Studie wechselten sich beispielsweise Phasen der Atemachtsamkeit mit Kopfrechenaufgaben ab (Hölzel et al., 2007). Die Differenz zwischen beiden Versuchsbedingungen zeigte in einer Gruppe erfahrener Meditierender eine stärkere Aktivierung im anterioren cingulären Cortex als in der Kontrollgruppe. Diese Region dient unter anderem der Überwachung der Aufmerksamkeit und dem Ausblenden von Störreizen. In unten stehender Abbildung ist der statistische Unterschied zwischen den Gruppen in ein hochaufgelöstes Standardhirn eingeblendet. Die erhöhte Aktivierung wurde als Anzeichen einer permanenten Ausblendung von Störreizen gewertet.
Tatsächlich ist die Messung im MRT mit sehr lauten Geräuschen verbunden, die beim schnellen Schalten der Magnetfelder entstehen. Das klackernde Geräusch wird zwar zunächst oft als unangenehm und störend empfunden, ist jedoch sehr monoton, so dass rasch eine Gewöhnung eintritt. Manche Meditierende berichten sogar, besonders gut in der Magnetröhre meditieren zu können, weil keinerlei andere Geräusche zu hören seien. Außerdem hält das laute Geräusch wach und reduziert das Risiko, in der liegenden Position wegzudösen oder gar einzuschlafen.
Inzwischen liegen mehrere funktionelle MRT-Studien vor, die sich mit Effekten der Meditation auf die Aufmerksamkeit und auf emotionale Reaktionen beschäftigen (Lutz et al., 2008 a, 2008 b). Darüber hinaus wird versucht, verschiedene Aspekte der Selbstwahrnehmung zu unterscheiden und diesbezügliche Veränderungen durch Meditationstraining zu objektivieren (Farb et al., 2007). Wenn diese Forschung weiterhin so rasch voranschreitet, wird sie uns in absehbarer Zeit in die Lage versetzen, auch jene neuronalen Prozesse zu verstehen, die der veränderten Selbst- und Realitätswahrnehmung in tiefen Meditationszuständen zugrunde liegen.
Zukunftsperspektiven
Die Abbildungen zur Forschungsaktivität in den vorangegangenen Kapiteln verdeutlichen das enorme Tempo, in dem die wissenschaftliche Erforschung der Meditation gegenwärtig voranschreitet. In diesem Abschnitt werden Bereiche skizziert, die für den weiteren Erkenntnisfortschritt von besonderer Bedeutung sind und bei der zukünftigen Entwicklung dieses Forschungsfeldes aller Voraussicht nach einen großen Stellenwert einnehmen werden.
Ein wichtiger Bereich ist die zunehmende Integration von Messmethoden. Inzwischen ist es möglich, während funktioneller MRT-Messungen zugleich auch die elektrische Hirnaktivität zu registrieren. Spezielle EEG-Verstärker erlauben es, die Störungen, die durch die MRT-Messung eingestreut werden, vollständig mit aufzuzeichnen, so dass sie im Nachhinein identifiziert und entfernt werden können. Auch die Integration von funktionellen und strukturellen MRT-Daten steht noch am Anfang. Liegen die oben beschriebenen strukturellen Unterschiede in den Gebieten, die auch während der Meditation aktiviert werden, oder handelt es sich um indirekte Effekte, die durch ein verändertes Verhalten im Alltag hervorgerufen werden?
Um derartige Fragen schlüssig beantworten zu können und auch, um zu klären, wie lange es dauert, bis sich die Übungspraxis in der Hirnstruktur niederschlägt, sind Längsschnittstudien unerlässlich. Nur wiederholte Messungen können Aufklärung darüber geben, wie sich der subjektive Übungsfortschritt auf die Fähigkeiten zur Selbstregulation auswirkt, ob sich also beispielsweise parallel zum Erleben von gleichbleibend
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