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Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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gleichen. Dort gibt es klingende Bäume und silbernen Regen. Es gibt einen unvorstellbar großen Ozean, der mit dunkler Stimme spricht, während die Welt rundherum in Schweigen versinkt. Ich sah all die Sternenkonstellationen, die wir auf Felswänden und Höhlendecken gefunden haben. Sternenbilder, wie sie die Medusen von ihrem Planeten aus sehen.
    Dann wurde ich unterwiesen. Ich erfuhr von der Lehre des Wassers. Ich lernte, dass Wasser die wertvollste Substanz in unserem Universum ist. Die Basis allen Lebens. Wasser lässt selbst auf Welten Leben entstehen, die trostlos und öde erscheinen. Welten, gegen die die Sahara ein Garten Eden ist. Ich sah, wie auf heißen Steinkugeln neues Leben entsprang, allein durch die Kraft des Wassers. Mir wurden Technologien vorgeführt, die es auf einfachste Art ermöglichen, einen ganzen Planeten in ein blühendes Paradies zu verwandeln. Nutze seine Kraft und erschaffe Leben aus Leblosigkeit. Das ist die Botschaft, die in der Tiefe des Auges verborgen ist.«
    »Aber warum ist dann jeder verrückt geworden, der längere Zeit mit der Kugel verbracht hat?«
    »Weil es eine Sicherung zu geben scheint. Die Absender des Auges wollten offenbar sichergehen, dass diese Information nur Lebewesen zugänglich ist, die einen bestimmten Grad der Entwicklung erreicht haben. Um Missbrauch durch Einzelne vorzubeugen, wird jeder, der das Wissen erlangen möchte, erst einem Test unterzogen. Das Muster, das ich herauszulesen glaubte, lautet: Erkenne dich selbst, dann bist du bereit, Neues zu erkennen.«
    Chris runzelte die Stirn. »Ein Datenspeicher mit eingebautem Passwort also?«
    »Ich würde es eher ein Samenkorn nennen, millionenfach ausgestreut, auf der Suche nach intelligentem Leben.« Sie grinste ihn an. »Oder ein Beatles-Album, wenn du so willst.«
    »Wie bitte?«
    »Erinnerst du dich an die Raumsonden Voyager 1 und 2 , die 1977 zu Jupiter und Saturn geschickt wurden? Sie trugen goldene Bildplatten bei sich, auf denen Bilder und Geräusche von der Erde zu sehen und zu hören waren, unter anderem ein Song von den Beatles. Auf der Vorderseite war der genaue Standort der Erde im Weltall mit Hilfe auffälliger Pulsare dargestellt. Diese Platten sollten fremden Lebewesen von unserer Existenz berichten und ihnen zeigen, wo sie uns finden können. Ist doch möglich, dass das Auge genau dieselbe Funktion erfüllt, natürlich viel differenzierter.«
    »Ausgesandt, um die Erde zu befruchten«, murmelte Chris. »Ausgesandt zum Nabel der Welt.«
    »Was redest du da? Nabel der Welt?«
    »Ach, das war nur so eine Idee, über die ich mich mit Gregori unterhalten habe.« Er dachte kurz daran, wie gern er das Gespräch mit dem sympathischen Geologen fortgesetzt hätte.
    »Und weshalb sind alle außer dir an dieser Hürde gescheitert? Ich will doch mal davon ausgehen, dass die Menschheit ausreichend genug entwickelt ist, um von diesem Wissen profitieren zu können.«
    »Offensichtlich nicht. Jedenfalls nicht, was die Mehrzahl der Bewohner dieses Planeten betrifft. Alle, einschließlich Irene und Malcolm, kamen über die erste Hürde nicht hinweg. Sie waren gefangen in ihrer eigenen Vergangenheit. Darum mussten sie immer und immer wieder den Kontakt mit dem Auge suchen. Sie wurden süchtig nach sich selbst und weigerten sich, das Auge mit anderen zu teilen. Aber erinnere dich an die vier hoch gewachsenen Frauen auf den Felsbildern, ich meine diejenigen, die diesen Heiligenschein um ihre Köpfe trugen. Sie schienen stark genug gewesen zu sein, die Hürde zu nehmen und an das verborgene Wissen zu gelangen. Alle anderen jedoch begannen einen Krieg um die Kugel, einen Krieg, der so fürchterlich war, dass er sie alle in den Untergang getrieben hat. Die vier flohen und brachten das Auge in den Tiefen des Tamgak in Sicherheit. Sie errichteten mit dem neu erworbenen Wissen einen prächtigen Tempel aus Obsidian, der zur letzten Ruhestätte des Auges werden sollte. Sie waren die einzigen Menschen, die das Auge für würdig befunden hat, seine Erkenntnis zu teilen.«
    Chris sah ihr tief in die Augen und lächelte. »Die Einzigen außer dir.«
    Sie seufzte. »Ja, außer mir. Doch ich fühle mich nicht stark genug, die Kugel gegen den Rest der Menschheit zu verteidigen. Ich werde dafür sorgen, dass sie wieder in Vergessenheit gerät. So lange, bis die Menschheit eine höhere Stufe erklommen hat und aufhört, nur an sich selbst zu denken.«
    »Aber was willst du tun? Du willst das Auge doch nicht etwa …?«
    »Doch

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