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Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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in ihrem Willen stärker als wir beide zusammen.«
    Chris schnaubte wütend und verschränkte die Arme, doch Kore fuhr ungerührt fort: »Sie möchten gern ihr Beschützer sein, habe ich Recht? Doch dafür ist es viel zu früh. Lernen Sie erst einmal, sich selbst zu beschützen.«
    Jetzt hatte Chris endgültig genug. »Warum können Sie mich eigentlich nicht leiden? Sie kennen mich doch gar nicht. Habe ich Ihnen jemals Unrecht zugefügt?«
    Kore wiegte seinen Kopf hin und her. »Sie haben ihr einen großen Schmerz zugefügt, das kann ich spüren. Ich weiß, dass das für einen Menschen aus der Zivilisation schwer zu verstehen ist, aber zwischen uns, die wir die Wüste lieben, besteht ein Band, ein Verständnis füreinander, das keine Worte braucht.«
    »Verschonen Sie mich mit Ihrem Wüstenmystizismus. Ich lebe schon zu lange unter fremden Völkern, als dass ich Ihren magischen Flausen noch irgendeine Bedeutung zumessen würde.«
    »Mag sein, dass Sie viel Zeit dort verbracht haben, aber waren Sie wirklich dort? Haben Sie sich wirklich für die Menschen interessiert, mit denen Sie dort zusammengelebt haben? Was wollten Sie dort? Filme drehen, die den sensationslüsternen Menschen Ihrer Welt billiger Zeitvertreib sind? Oder wollten Sie ihnen ihre Schätze abluchsen? Aha, ich sehe, dass ich gar nicht so falsch liege.«
    Chris fühlte sich unwohl. Die klaren Augen des Tuareg schienen direkt in sein Herz zu blicken. Er wollte etwas erwidern, aber die Stimme blieb ihm im Hals stecken.
    Kore nickte. »Sie brauchen sich deshalb keine Vorwürfe zu machen, es ist nur menschlich. Weder Sie noch ich sind frei von Schuld. Es gibt nur noch wenige unter uns, die ein reines Herz besitzen. Hannah ist eine von ihnen. Deshalb wird sie den Test bestehen.«
    Chris blickte auf und spürte, dass der alte Tuareg Recht hatte. Er hatte Recht, verdammt noch mal, auch wenn er sich das selbst nur schwer eingestehen konnte. Er lächelte Kore an und streckte ihm in einer Geste der Versöhnung die Hand entgegen. Der Tuareg schlug ein und reichte ihm danach die Pfeife.
     
    Es mochte vielleicht eine Stunde vergangen sein, in der die beiden Männer schweigend zusammensaßen, als Hannah die Höhle betrat. Chris sprang auf und führte sie an das Feuer. Sie war geschwächt, das konnte er sehen, aber da war noch etwas anderes. Zutiefst beunruhigt starrte er in ihre Augen, glaubte er doch, dass sie, so wie alle anderen, von der seltsamen Sucht befallen sei. Doch er erkannte sofort, dass er sich irrte. Auf ihrem Gesicht lag der Ausdruck tiefster Zufriedenheit, als sei sie von einer zentnerschweren Last befreit.
    »Alles in Ordnung mit dir?« Die Frage klang in seinen eigenen Ohren dumm und unpassend, aber er war doch erleichtert, als sie nicke.
    »Ja. Jetzt ist alles in Ordnung. Danke, Kore, dass Sie mich gedrängt haben, diesen schweren Schritt zu tun.«
    Chris hielt es vor Spannung nicht mehr länger aus. »Was hast du gesehen? Hast du etwas herausgefunden? Bist du auch in die Vergangenheit gereist, so wie ich?«
    »In die Vergangenheit, in die Zukunft und an Orte jenseits deiner Vorstellungskraft.« Sie atmete schwer. »Aber ich kann dir nicht davon berichten. Noch nicht. Jetzt, wo ich weiß, was es ist, bin ich nur noch müde. Ich könnte ewig schlafen.«
    »Legen Sie sich hin, Hannah, ruhen Sie sich aus. Morgen ist ein neuer Tag.« Kore nahm Hannah bei der Hand, begleitete sie zu ihrer Schlafstatt und legte seine Hand auf ihre Stirn.
    »Träumen Sie schön, Mademoiselle . Ich bin sehr stolz auf Sie.«
    Chris hörte, wie sie ihm antwortete: »Kore, was soll ich nur mit dem Auge machen? In meine Welt kann ich es nicht mitnehmen und hier kann ich es auch nicht lassen. Es ist zu gefährlich.«
    Der Tuareg nickte. »Machen Sie sich keine Sorgen. Entspannen Sie sich In einigen Tage werde ich Sie zurück nach Djanet bringen. Dort werden Sie die Antwort auf Ihre Frage finden.«

30
    Zwei Wochen später …
    Die Sonne ging auf über den rauen Felstürmen des Tassili N’Ajjer , so wie an jedem Tag seit Menschengedenken. Und doch war an diesem Morgen etwas anders. Chris spürte es, als er erwachte. Er sah sich um, doch alles war so, wie er es in Erinnerung hatte. Hinter ihnen ragte die steile Felswand auf, in deren Mitte sich der Durchlass befand, der sie zu dem magischen Kreis führte. Es schauderte ihn immer noch ein wenig, wenn er daran dachte, wie er damals die Schlucht betreten und den ersten Blick auf die Medusenskulptur geworfen hatte. Bis an sein

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