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Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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wo die Alten wohnen.«
    »Aber ich bin nicht allein. Mein Mitarbeiter befindet sich eine knappe Tagesreise entfernt im Basiscamp. Außerdem studiere ich die Alten, wie Sie sie nennen, schon seit fast zehn Jahren.«
    »Seltsam, dass wir uns noch nicht begegnet sind. Ich kehre alle zwei bis drei Jahre hierher zurück, um zu jagen.«
    »Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich bisher in anderen Gegenden gearbeitet habe. Ich bin zum ersten Mal hier im Sefar.«
    Sie blickte ihn neugierig an. Seine Füße steckten in kunstvoll bemalten und geflochtenen Ledersandalen. Um seinen Hals trug er das traditionelle gris-gris , ein Amulett aus mehreren kleinen Lederbehältern, in denen die Tuareg Fetische und Koran-Suren mit sich trugen, zum Schutz gegen die Geister der Wüste.
    Hannah kam eine Idee. »Vielleicht können Sie mir mit einer Auskunft weiterhelfen«, sagte sie. »Ich war auf dem Weg zu einem bestimmten Punkt in dieser Gegend.« Sie zog ihre Karte aus dem Rucksack. Dann deutete sie auf die Stelle, die sie als Etappenziel ausgewählt hatte. »Kennen Sie diesen Ort? Gibt es dort irgendwelche Zeichnungen, oder Ritzungen? Felsmalereien oder etwas in der Art?«
    Der Targi trat näher. Sein Blick verriet Unsicherheit. Hannah deutete auf eine andere Stelle. »Sehen Sie, wir befinden uns hier. Dies ist unsere Schlucht, der steile Anstieg, rechts und links davon das Plateau.« Sie beobachtete den Mann. Langsam schien er zu begreifen. Mit seinem rissigen Finger fuhr er über das Papier, während er die Karte studierte. »Diese Stelle dort?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, da ist nichts. Die Mühe hätten Sie sich sparen können.«
    Hannah sank in sich zusammen. Den ganzen Weg umsonst gegangen. Heute war einfach nicht ihr Tag. Während sie die Karte zusammenfaltete, beschäftigte der Mann sich mit der Antilope. Er pfiff seine Pferde heran, stemmte den schweren Körper mit äußerster Kraftanstrengung auf den Rücken des Packpferdes und hängte die Lederbeutel seitlich an die Tragegurte. Dann bestieg er das Reitpferd. »Seien Sie nicht enttäuscht. Das Plateau birgt noch viele Geheimnisse, die auf Menschen wie Sie warten. Ich habe Sie in Gefahr gebracht. Als Wiedergutmachung möchte ich Ihnen etwas zeigen, was Sie bestimmt interessieren wird.« Er streckte seine Hand aus.
    Hannah zögerte. Sie war unschlüssig, ob sie die Einladung annehmen sollte. Die Tuareg waren Frauen gegenüber für gewöhnlich sehr zuvorkommend. Denn Frauen führten das Lager in den langen Monaten, die die Männer unterwegs waren. Dementsprechend groß waren ihr Einfluss und der Respekt, der ihnen von den Männern entgegengebracht wurde. Aber auch unter den Targi konnte es schwarze Schafe geben.
    »Ich weiß nicht. Ich brauche Wasser, und mein Mitarbeiter erwartet mich zurück.«
    »Wasser ist kein Problem. Kommen Sie, Sie werden es nicht bereuen.«
    Irgendetwas in den Augen des Mannes überzeugte sie von seinen ehrlichen Absichten. Sie nahm die ausgestreckte Hand und schwang sich hinter ihm in den Sattel.
    Eine Stunde später saß sie unter dem flatternden Dach eines khaima und hielt ein Glas Tee in den Händen. Thé de Tuareg , den die Wüstenbewohner aus grünen Blattkugeln brühten. Er war süß und stark. Hannah mochte das Getränk, dessen Zubereitung sehr aufwändig war. Aber im Lager eines Tuareg besaß Zeit keine Bedeutung.
    Während sie an ihrem Tee nippte, sah sie sich um. Sie liebte die Sahara, und hier befand sie sich an dem schönsten Ort, den sie sich vorstellen konnte: Tassili N’Ajjer , das Plateau der Flüsse, wie die Tuareg ihn nannten. Eine von Wind und Wasser zerfressene Hochebene im Südosten Algeriens, ein Ort, so unberührt und ursprünglich wie zu Beginn der Schöpfung. Südlich von ihrer jetzigen Position lagen zwei Gebirgszüge, der Hoggar und der Aïr . Beide waren dunkel und vulkanisch; Orte, wie aus Dantes Inferno entsprungen. Im Westen wie im Osten gab es nur noch Sand. Endlosen Sand. Meere aus Sand, Wellen, die eine Höhe von zweihundertfünfzig Metern erreichen konnten. Das war das Reich der Ergs, der größten Sandwüsten, die es auf der Erde gab. Kein menschliches Wesen konnte dort überleben, ausgenommen die Tuareg. Gegen diese Wüsten wirkte selbst das Tassili N’Ajjer wie der Garten Eden. Hier gab es Quellen, Zypressenhaine und Dattelpalmen, hin und wieder begegnete man einer Schlange, einer Ziege oder einem Fennek. Auch Vögel lebten hier. Krähen, Geier und sogar Eulen. Das Tassili N’Ajjer war wie eine Insel, auf

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