Me(e)hr Mann fürs Herz
Belästigung. Und es war noch nicht mal Mittwoch!
Sie drehte den Schlüssel im Schloss und drückte die Tür auf. Im ersten Moment war sie erstaunt, als sie das glückliche Paar steif nebeneinander auf dem Sofa sitzen sah, statt sich gegenseitig zu betatschen oder, schlimmer noch, anderweitig zur Sache zu kommen.
Dann sah sie, dass hinter der Tür zwei Fremde standen. Ein junger Mann – vielleicht Anfang zwanzig – mit überraschend orangefarbenem Haar (kürbisorange) und Augen in der gleichen Farbe. Neben ihm stand eine zierliche junge Frau ungefähr gleichen Alters mit dunkelblauem Haar und Augen in einem noch dunkleren Farbton, wie kleine Saphire, die im richtigen Licht beinahe schwarz aussehen.
Sie wusste sofort, dass es sich um Angehörige des Unterseevolkes handelte, und stöhnte im Stillen auf. Offenbar würde es der Höhepunkt ihres Tages bleiben, dass sie Nummer vier die Daumen ausgerenkt hatte.
Bevor einer der Fremden das Wort ergreifen konnte, sprang Jonas auf und sagte (ein wenig zu herzlich): „Gut, wunderbar. Da bist du ja. Wir haben deinen Freunden gesagt, wir würden mit ihnen zusammen auf dich warten, aber nun, da du da bist, können wir ja auch gehen. Tschüss und auf Wiedersehen.“
„Auf Wiedersehen“, rief ihnen Dr. Barb noch zu, während Jonas sie zur Tür zog. „Junge Dame, ich weiß nicht, wer Ihnen die Haare macht, aber er versteht sein Handwerk.“
Jonas schlug die Tür hinter sich zu.
Fred musterte die Meerjungfrau und den Wassermann. „Schlagt mich“, sagte sie schließlich.
Verwirrt wechselten die beiden einen Blick. „So lauten unsere Anweisungen aber nicht“, sagte der Mann. „Ich heiße Kertal. Das ist Tennian. Der Großkönig schickt uns.“
„Tja, ich habe mir schon gedacht, dass ihr nicht hier seid, um eine Umfrage zu machen. Kann ich euch etwas zu trinken anbieten? Chips?“
„Nein, danke“, sagte die Frau – Tennian – mit sanfter, schöner Altstimme. „Du bist Fredrika Bimm, aus dem Hause Kortrim.“
„Wenn Kortrim mein leiblicher Vater ist, dann hast du recht. Aber ich sehe mich lieber als Angehörige des Hauses Moon Bimm. Das ist meine Mutter“, fügte sie entgegenkommend hinzu.
„Ja. Seine Hoheit hat uns von deiner Mutter erzählt“, sagte Kertal. Er war um einiges größer als sie und hatte die langen Muskeln eines Schwimmers. Was er ja auch war. Sie hatte alle Mühe, ihn nicht anzustarren, sie beide nicht anzustarren. Ihre Haar- und Augenfarben waren so außergewöhnlich! Es war ein seltsames Gefühl, nicht die Einzige mit verrücktem Haar zu sein. „Wir hatten die Anweisung, in deiner Wohnung nachzusehen, falls wir dich nicht im Aquarium fänden.“
„Ihr wart an meinem Arbeitsplatz?“
„Ja.“
„Oh, mein Gott“, sagte Fred und ließ sich auf die Couch fallen.
„Wir haben nach dir gefragt und mit deinen Freunden über dich gesprochen. Sie waren es, die uns zu deinem …“, Kertal sah sich in der kleinen Wohnung um, mit einem nicht zu deutenden Gesichtsausdruck, „Zuhause geführt haben.“
„Du hast ihnen nicht gesagt, wer ihr seid, oder?“
„Wir sind wegen dir hier, nicht wegen deinen Freunden.“
„Ich verstehe das als ein Nein.“ Sie rollte sich auf den Rücken und starrte zur Decke hoch. „Gott sei Dank. Meine Chefin weiß nicht, dass ich eine Meerjungfrau bin, und das möchte ich lieber auch weiterhin so halten.“
Wieder wechselten die Fremden Blicke, und wieder war es Kertal, der antwortete: „Der Großkönig hat uns beauftragt, dir eine Einladung zum Pelagial zu überbringen.“
„Das Pelagial?" Fred spürte beinahe, wie ihr Gehirn unter der Anspannung schlappmachte, und dann kicherte sie, bis sie keine Luft mehr bekam. „Ich weiß nicht, was du damit meinst, aber für uns ist ein Pelagial ein Bereich der Hochsee, der sich nicht in der Nähe eines Festlandes oder des Meeresgrundes befindet. Wie könnt ihr mich zu einem Pelagial bringen? Und würdet ihr euch bitte hinsetzen? Ihr seht ja wie zwei Army-Rekrutierer aus. Macht euch mal locker.“
Keiner von beiden rührte sich. „Ein Pelagial ist ein Treffen, das nur von der Mehrheit des Unterseevolkes einberufen werden kann.“
„Ich dachte, ihr hättet eine Monarchie.“
„Unser großherziger König hat dem Ersuchen seines Volkes stattgegeben.“ Tennian flüsterte fast.
„Könntest du bitte etwas lauter sprechen? Das Summen in meinen Ohren ist so laut, dass ich dich nicht verstehen kann.“
„Wirst du kommen?“, fragte Tennian, nun ein wenig
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