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Meereskuss

Meereskuss

Titel: Meereskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Kantra
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wie sie im Wasser des Gezeitentümpels gebrannt hatte. Sie war umgeben von Schnee und Nacht, und hielt die Hände von … Margred, erkannte Conn. Und die von Dylan. Sie standen auf einem Kap, wie er auf der Schlossmauer stand, und ihnen allen drohte die Flut.
    Sie hielten das Wasser zurück.
    Sie hielt das Wasser zurück.
    Fast.
    Er spürte den Kampf, den Lucy ausfocht, hörte die Verzweiflung in ihrer Stimme.
»Wir brauchen dich. Ich brauche dich.«
    Seine Seele antwortete ihrer Seele, spann einen goldenen Faden der Liebe und des Verlangens, eine schaukelnde Brücke über das Meer.
    Es schüttelte ihn vor Anstrengung und der Ungeheuerlichkeit der zu treffenden Wahl. Er konnte nicht beides vollbringen. Er konnte nicht beide retten: sie und Sanctuary.
    Entweder schöpfte er aus der Kraft, um die Flut hier zurückzuhalten, oder er schickte seinen Geist, um ihr die Flut dort abwehren zu helfen.
    Liebe oder Pflichtgefühl?
    Leben oder Lucy?
    Vergangenheit oder Zukunft?
    Ihre Magie entsprang der Liebe, erinnerte er sich. Konnte seine Magie das nicht auch?
    Er leckte sich über die Lippen, die bitter nach Meersalz und Niederlage schmeckten. »Ihr müsst euch verwandeln«, befahl er seinen Wächtern. »Rettet euch!«
    »Aber mein Lord …«, widersprach Griff.
    »Er geht zu ihr«, schnaubte Morgan. »Der Narr!«
    Enyas Mund blieb vor Schreck offen stehen.
    »Verwandelt euch, verdammt!«, schrie Conn, bevor ihm das Herz aus der Brust gerissen wurde.
    Einen Moment lang schwebte sein Geist wie ein flatternder Vogel über dem Turm. Als er kreiste, sah er seinen Körper verlassen auf der Schlossmauer zusammensinken und Morgan nach der Kette um seinen Hals fassen.
    Dann wurde sein Geist fortgerissen, weit übers Meer.
    Die Woge brauste heran, höher als die Türme des Schlosses, und krachte wie ein Hammer auf Caer Subai herab.
     

[home]
    20
     
    Lucy hielt Margreds und Dylans Hand so fest, als würden sie alle ertrinken.
    Oder als würde sie ertrinken.
    Die Flut donnerte heran wie ein Zug im Tunnel. Die Erde erbebte. Der Wind brauste in ihren Ohren.
    Sie spürte Dylans Geist sich verströmen und Margreds Geist verebben, und die Mauer, die sie errichtet hatte, um sie zu schützen, der Wall, um die dämonische Flut einzudämmen, begann zu bröckeln und unter ihrem Druck zu bersten. Ihre Knie zitterten. Ihre Seele schrie auf.
    Niemals nach Sanctuary zurückzukehren.
    Niemals Conn wiederzusehen.
    »Wir brauchen dich. Ich brauche dich.«
Ein Echo seiner Worte.
    Ich liebe dich.
Ein Ruf, der sich ihrer Seele entrang.
    Und als wäre ihre Liebe eine Brücke, ein Kanal, war er plötzlich da, bei ihr, in ihr. Seine Stärke unterstützte ihre Stärke, seine Kraft donnerte durch ihre Adern.
    Sie fühlte die Überraschung der Dämonen, hörte ihr schmerzerfülltes, protestierendes Heulen, als sie den Ozean zurück gegen sie selbst lenkte, als die Meereswand, die sie errichtet hatte, explodierte, um sich mit dieser neuen Gewalt zu vereinen, Felsbrocken in die Flut schleuderte als Geschosse gegen diesen Feind.
    Conns Geist strömte in ihren Geist. Ihre Magie erhob sich wie die See, leuchtend, rachedurstig, glatt und turmhoch wie die Woge.
    »Gau!«,
schrie sie.
»Ich begrabe dich!«
    Die Woge stürzte zusammen und lenkte die Flut hinaus aufs offene Meer, wo sie von der Tiefe verschlungen wurde.
    Aber noch als ihre Magie sich brach und verebbte, noch als sie ihre Familie bei den Händen hielt, entdeckte sie eine zweite Wand, eine zweite Woge, jenseits des Meeres.
    Wie ein Vogel hoch am Himmel erblickte sie die Schlossmauer auf Sanctuary, mit winzigen Gestalten obenauf, Menschen und Seehunden, und jene Woge, die über ihnen aufzog wie der Hammer der Hölle.
    Sie entdeckte Conn, ohnmächtig, hilflos auf der Mauer liegend. Und sah entsetzt zu, wie der Hammer fiel.
     
    Am nächsten Morgen schlich Lucy auf die Treppe zu, mit schmerzenden, steifen Muskeln und Sehnen und einem wunden Herzen. Im Flur blieb sie vor ihrem alten Zimmer stehen, als sie die Stimme ihres Vaters hörte. Er las der Gestalt auf dem Bett laut vor.
    »›Gute Nacht an die Kuh, die über den Mond springt …‹«
    Lucy hielt den Atem an.
    Bart sah auf und entdeckte sie. Sein herbes, erschöpftes Gesicht errötete. »Dieser neue Arzt meinte, es könnte helfen, ihr etwas vorzulesen. Er hat uns – sie – Cora gestern Abend im Gemeindehaus gesehen.« Er räusperte sich. »Ich nenne sie Cora. Es verwirrt mich zu sehr, zwei Lucys im Haus zu haben.«
    Tränen traten in Lucys Augen.

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