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Meereskuss

Meereskuss

Titel: Meereskuss
Autoren: Virginia Kantra
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Meer der Raserei auf, das das weiche Gewebe seines Mundes wegfraß und ihm die Kehle verbrannte.
Keine Überraschung, du Hurensohn. Du hast Sanctuary entehrt.
    Aber Raserei war Gaus Waffe, begriff Conn. Um ihn abzulenken, um ihn von seinem Ziel abzulenken.
    Wenn Conn es auf dieser Ebene mit dem Dämon aufnahm, konnte er nicht gewinnen. Dann würde er vielleicht nicht einmal überleben.
    Er verschloss seine Augen und Ohren. Er wurde wie Wasser, klar und ruhig, während er sich durch Gesteinsschichten sinken ließ, sich in der Bewegung auflöste.
    Er fühlte Enya wie einen Strahl aus Quecksilber hinter sich und Griff gleichförmig und hartnäckig wie Regen. Morgan, ein Speer aus Eis, suchte sich seinen eigenen Weg durch den Fels. Lucy …
Wo war Lucy?
    Angst flackerte auf, grell, verzehrend.
    Eine weitere Falle, begriff Conn und konzentrierte sich wieder auf die Pforte.
    Da.
Eine rote, brodelnde Kluft in der verwundeten Erdkruste, kochend vor Energie. Das Tor zur Hölle.
    Gau war noch immer bei ihm, in ihm. Die Worte des Dämons brannten in seinen Geist Löcher wie in Papier, glühend heiß, leer.
    Das kannst du nicht tun.
    Fordere unsere Feindschaft nicht heraus.
    Tu’s nicht … Tu’s nicht …
    Dein Vater war klüger.
    Willst du den Frieden dafür aufs Spiel setzen? Für sie.
    Lucy.
    Der Gedanke nahm Gestalt an, es war seiner oder der von Gau. Ihre Geister waren einander so nahe, dass Conn sie nicht länger unterscheiden konnte. Der Dämon stürzte sich auf ihren Namen, verschlang ihn, ihr Bild, um seiner Energie und Conns Ängsten neue Nahrung zu geben.
    Sie ist all das hier nicht wert.
    Die Tochter der Atargatis,
dachte oder sagte Conn.
    Und doch eine Sterbliche. Ein Mensch. Sie wird nicht leben. Nichts hat Bestand, das nicht zur Ersten Schöpfung gehört.
    Ihre Gedanken prallten zusammen, stießen zu, parierten, mit Argumenten, die so scharf und elastisch waren wie Stahl. Conn hatte dem Angriff des Dämons auf seine Gedanken widerstanden, doch Gaus mentale Herausforderung verlockte ihn zum Kampf. Sein Geist war schon immer seine Stärke und seine Schwäche zugleich gewesen. Seine Argumente brachten seine Wächter rasch ins Hintertreffen. Bald war er allein, gefangen in einem rasenden geistigen Kräftemessen mit dem Dämonlord.
    Du hast den Frieden gebrochen.
    Du hast das Gleichgewicht gestört.
    Ein Akt der Aggression …
    Notwehr …
    Das Portal explodierte. Hitze versengte sein Haar, sein Fleisch, seine Hoffnung. Der stechende Gestank von Brennendem verstopfte ihm die Nase.
    Gib sie uns,
sang das Feuer,
und es wird wieder Frieden sein.
    Con öffnete seinen Mund, um gegen die Flammen anzukämpfen, und das Feuer drang in ihn ein, fraß seine Zunge, versengte Rachen und Lungen.
    Gib sie uns, oder wir werden Sanctuary zerstören.
    Er wankte. Geist und Herz waren so tot und trocken wie Knochen. Er musste … Was? Es gab etwas, das er wollte. Etwas, das er tun musste.
    Verschließe den Spalt.
Ein Murmeln wie von Wasser.
    Lucy.
Ihr Name zischte, war ein Tropfen in seinem Mund. Er keuchte, eingezwängt zwischen Hunderten Metern Fels und der feurigen Grube unter ihm.
    Verschließe den Spalt.
    Es schüttelte ihn, während er magische Linien legte und selbst ganz leer wurde, um ein lebendes Siegel über dem Tor zur Hölle zu formen und sich selbst in den Zauber einfließen zu lassen.
    Zu wenig,
raunte Gau.
Zu spät.
    Eine Vision brannte sich in Conns Gehirn und ließ seine Seele verkümmern. Seine Wächter waren verloren, gefangen wie Meereskreaturen, die die Ebbe zurückgelassen hatte, jeder in seinem eigenen Gezeitentümpel, seiner eigenen Hölle. Sterbend. Vertrocknend.
    Die Flammen brüllten.
    Verzweifelt presste Conn seinem Fleisch, seinen Knochen Magie ab, um sie wie Blut zu vergießen.
    Er vergoss sich selbst wie ein Glas Wasser in den brennenden Sand.
    Und spürte, wie seine Kraft, wie sein Geist verdampfte.
     
    Lucys Nase juckte.
    Sie gab sich alle Mühe, nicht zu kratzen. Sie wollte keine Bewegung machen, die Conn vielleicht stören oder die Wächter von dem ablenken konnte, was auch immer sie taten, während sie herumstanden und in den Tümpel starrten.
    Die Wasseroberfläche zitterte wie die Lider eines träumenden Schläfers. Die Luft war heiß und schwül. Lucy maß die Zeit nach Herzschlägen, während sie sich anstrengte, wachsam zu bleiben. Was ging hier vor sich?
    Anfangs hatte sie wenigstens noch die Präsenz der anderen gespürt. Sie glühten in der halbdunklen Höhle wie Edelsteine in einer Mine:
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