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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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du, sind meine Sachen?«
    »Warte, ich geb sie dir.« Ich öffnete den Schrank und angelte
Gordys Jeans, das schwarze T-Shirt, seinen Kapuzensweater
und ein paar frische Klamotten für mich heraus. »Ich versuche
ja, mich zusammenzureißen und möglichst nichts zu tun, das dich … na ja … anmacht.« Ich wusste wirklich nicht, wie ich das
unverfänglicher ausdrücken sollte. »Was mir zugegebenermaßen
nicht ganz leicht fällt«, setzte ich hinzu. »Vielleicht solltest
du dich auch einfach allmählich daran gewöhnen, dass ich ein
Mädchen bin und du ein Junge.«
    »Ein
Menschenmädchen
«, sagte Gordy leise. Sein warmer
Atem strich mir über den Nacken, dann spürte ich seine Lippen
auf meiner Haut. Er streichelte mir so zärtlich den Rücken
entlang, dass mir die Luft wegblieb. Schließlich legten sich
seine Hände warm in meine Taille und seine Fingerkuppen
fuhren beinahe beiläufig über den Rand meines Slips.
    Ich stand da wie paralysiert, unterdrückte einen Seufzer und
den Impuls, mich umzudrehen und an ihn zu pressen. Meine
Haut kribbelte vom Scheitel bis zu den Zehen hinunter, und
ich hatte das Gefühl, jeden Moment ohnmächtig zu werden.
    »Das ist unfair«, keuchte ich.
    »Da siehst du mal«, erwiderte Gordy.
    »Was?«
    Er nahm seine Hände von meiner Taille, umfasste meine
Schultern und zog mich sanft zu sich herum. »Es ist ja nicht
so, dass ich es nicht möchte«, sagte er leise, während er seine
Hände nun um mein Gesicht legte und mit den Daumen die
Kontur meines Kinns nachzeichnete. »Ich bin mir nur sicher,
dass wir es nicht tun sollten.«
    »
Gar
nicht oder
noch
nicht?«
    Er küsste mich zärtlich auf den Mund. Das war alles, was ich
ihm entlocken konnte.
    Ich starrte ihn noch eine Weile an und rang um Fassung,
dann räusperte ich mich und sagte: »Okay, die Zeit, die Tante
Grace uns gewährt hat, ist ohnehin gleich um.«
    Ich drückte ihm seine Sachen in die Hand, huschte ins Bad
und bekam es irgendwie hin, mich in den noch verbleibenden
dreißig Sekunden anzuziehen, meine nassen Haare zu einem
Knoten zu zwirbeln und meinen Herzschlag unter Kontrolle
zu bringen.

    »Pünktlich auf die Minute«, stellte Tante Grace strahlend fest,
als Gordian und ich in die Küche traten. »Braves Mädchen«,
raunte sie und kniff mir mehr oder weniger unauffällig in die
Wange. »Trotzdem müssen wir darüber reden«, fügte sie etwas
lauter an Gordy gerichtet hinzu.
    Wie eben schon zur Begrüßung deutete er einen Diener an.
»Mrs Shindles.«
    »Gute Manieren haben Sie ja«, sagte meine Großtante und
wies mich an, den Tisch zu decken. »Wenn Sie jetzt auch noch
guten Hunger mitgebracht haben …«
    Gordy hob die Schultern und versuchte zu lächeln.
    »Er isst am liebsten Fisch«, antwortete ich an seiner Stelle.
    »Das konnte ich natürlich nicht ahnen«, sagte Tante Grace
und richtete ihren Blick nun tief in meine Augen. »So wie ich
ebenfalls nicht ahnen konnte, dass du dich so schnell wieder
…«
    »Cyril hat dich angelogen«, fuhr ich dazwischen, bevor sie
etwas sagen konnte, das Gordy verletzte. »Nicht
ich
bin unglücklich
in
ihn
verliebt gewesen, sondern
er
in
mich
. Er war schrecklich
eifersüchtig auf Gordian und hat ihm Fotos von mir und
ein paar Jungs gezeigt, die während meiner Abschiedsparty in
Lübeck aufgenommen wurden.«
    »Und da hast du ihm vor Wut ein Loch in die Schulter gebissen.
« Tante Grace grunzte leise. Ich bildete mir ein, an ihrer
Miene ablesen zu können, dass sie das für eine durchaus angemessene
Reaktion hielt.
    Gordy sah mich überrascht an. »
Was
hast du?«, formte er
lautlos mit den Lippen.
    Ich zuckte die Achseln und er lächelte sein süßes Grübchenlächeln.
Eine warme Welle durchflutete mich, und verrückterweise
wurde mir erst in diesem Moment so richtig bewusst,
dass er tatsächlich zurückgekehrt und wieder hier bei mir war
und nun zusammen mit meiner guten Tante Grace in ihrer
gemütlichen kleinen Küche am Tisch saß und just im Begriff
war, zum ersten Mal in seinem Leben ein Stück Quiche Lorraine
zu essen und dazu einen Salat, der aller Wahrscheinlichkeit
nach nicht nach Seetang schmeckte. Ich konnte mir nicht
helfen, aber die Vorstellung war einfach zu surreal.
    Und so stand ich da, mit den Tellern und dem Besteck in
der Hand, und konnte nicht aufhören, ihn anzusehen. Nicht
nur, dass er so unvorstellbar schön und so besonders war, nein,
da war noch etwas anderes, viel Wesentlicheres, das ich nicht
wirklich fassen konnte, von dem ich jedoch spürte, dass es

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