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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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ähnlich. Die Trauer über Elliots Verlust
verblasste hinter ihrem Zorn und ließ sie die eigene Schuld an seinem
Tod vergessen.
    Nahezu täglich drängten sie eines der Nixmädchen in die Mulde,
die die Unterströmung wie ein Bett in die Mitte des Sirenenriffs geschliffen
hatte, und tanzten ihren ungeduldigen, besitzergreifenden
Tanz mit ihr. Nur Malou ließen sie in Ruhe, weil Kyan es so wollte.
Und Kirby und Idis hatten sich seit den erschütternden Ereignissen in
der Perelle Bay einer Delfinschule angeschlossen und sich nicht mehr
in ihrer Nähe blicken lassen.
    »Wen wundert’s?«, sagte Zak.
    Überrascht wirbelte Kyan herum. Die Hülle seines Delfinleibs
schützte seinen menschlichen Oberkörper – solange er nicht an Land
ging, musste er sich um seine Verletzungen keine Gedanken machen.
Weitaus mehr Sorge bereitete ihm der Umstand, dass er seine Freunde
nicht hatte kommen hören. Das Meer war geradezu durchdrungen
von den dumpfen Geräuschen der Schiffsmotoren und dem Dröhnen,
das die Ölförderung mit sich brachte, und deren Intensität wurde nur
noch durch den Lärm übertroffen, den die Explosionen der Gassuchkanonen
verursachten, die in den letzten Jahren unaufhörlich zugenommen
hatten. Die Verständigung unter den Nixen wurde zunehmend schwieriger, Kyan empfand es mittlerweile als unendlich mühsam,
seine kleine Truppe zusammenzuhalten.
    Zak und Liam, die sich ihm vom Atlantik her näherten, hatten
eine hübsche schlanke Nixe in ihre Mitte genommen. Mit schnellen,
geschickten Bewegungen hinderten sie sie daran zu entkommen und
trieben sie Kyan entgegen.
    »Sie halten zu ihm«, setzte Zak hinzu. »Trotz allem.«
    »Idis, ja, weil sie seine geliebte kleine Schwester ist«, knurrte Kyan,
während er das rotblonde Geschöpf unter der zarten silbrigen Hülle
neugierig in Augenschein nahm. »Aber Kirby? Sie hat keinen Grund.«
    »Sie könnte Gordy bestimmt sein«, sagte Liam. »Trotz allem«, betonte
er.
    Kyan stieß ein unwilliges Grollen aus. Er wollte diesen Namen
nicht hören, nicht an den Plonx denken, der vor wenigen Wochen noch
zu ihnen gehört und Kyan ebenso als Anführer akzeptiert hatte wie
Liam und Zak.
    Es bedurfte nur einer einzigen blitzschnellen Bewegung seiner
Schwanzflosse und sein Körper glitt unter den der Nixe. Kyan senkte
seinen Blick in ihre hellblauen Augen, spürte die kleinen festen Brüste
unter ihrer Hülle und presste seinen Unterleib gierig gegen ihren.
    Er hätte sie gerne geküsst, so wie Lauren, aber seine Hülle hinderte
ihn daran. Sie zwang ihn dazu, sich wie ein Delfin zu verhalten, sich
schnell und emotionslos zu paaren. Gefühle brachten sie nur ihren
Familien entgegen, ihren Eltern und Geschwistern, und denen, die sie
zu ihren Freunden erwählten.
    Kyan führte den Akt zu Ende, danach gaben sie die Nixe frei, die
eilig unter leisem Fluchen davonstob.
    »Es ist nicht das Gleiche, stimmt’s?«, murmelte Liam versonnen.
    »Nein, das ist es nicht«, sagte Kyan. »Und es bringt auch keinen
Spaß mehr.«
    »Warum tun wir es dann noch?« Zak grinste breit.
    »Hast du es seit unserem Landgang denn überhaupt noch einmal
getan?«, erwiderte Kyan gehässig. »Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern.«
    Zaks Grinsen erstarb und die olivfarbene Haut unter seiner schimmernden
Delfinhülle erbleichte. Der Umgang mit Kyan war noch
nie leicht gewesen. Es gab ganz andere Anführer, in deren Allianzen
ein wesentlich brüderlicherer Geist herrschte und die dennoch weitaus
schlagkräftiger agierten. Kyan dagegen ging es vor allem um sein
persönliches Ansehen und den Erhalt seiner Position. Er kannte die
Schwachstellen und wunden Punkte seiner Kameraden ganz genau
und ließ kaum eine Gelegenheit aus, darauf herumzuhacken.
    »Was meinst du?«, fragte Zak lauernd. »Mit der Kleinen von eben
oder den Mädchen von Sark?«
    »Du hast weder Joelle angerührt noch die Kleine von eben«, knurrte
Kyan. »Genau genommen beteiligst du dich schon lange nicht mehr.«
    »Ja.« Zak richtete seinen Blick auf die Korallenpracht unter ihnen.
    »Weil es mir nicht mehr geheuer ist. Das eine wie das andere.«
    »Du empfindest also etwas für sie … Joelle?«
    Zak musste nicht hinsehen, er spürte auch so, dass Kyan diese Möglichkeit
überhaupt nicht gefiel, und er überlegte, was er nun antworten
sollte.
    Ja, er empfand etwas für dieses Menschenmädchen. Und er war
sicher, dass es das gleiche Gefühl war, das Kyan und Elliot letztendlich
zu ihren mörderischen Taten getrieben hatte. Zak wollte nicht so

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