Meerjungfrau
im Zimmer versteckt. Normalerweise hat er sich um die Kassetten gekümmert, aber diesmal hatte ich ja heimlich gefilmt. Ich habe noch ein paar bei mir im Schrank.«
»Und du hast ihn auch noch nie gesehen?« Paula setzte sich neben Cia, die mit offenem Mund den Fernseher anstarrte.
»Nein«, sagte sie. »Noch nie!«
»WeiÃt du, worüber sie reden?« Paula legte ihre Hand auf die von Cia.
»Ich ⦠Nein!« Sie konnte den Blick nicht von Magnus und Kenneth abwenden.
»Ich habe keine Ahnung.«
Patrik glaubte ihr. Worüber auch immer Magnus gesprochen hatte, vor seiner Frau hatte er es gut verborgen.
»Kenneth muss es ja wissen«, sagte Ludvig. Er drückte auf Stopp und steckte die Kassette wieder in die Hülle.
»Die würde ich mir gern ausleihen«, sagte Patrik.
Ludvig zögerte einen Augenblick, bevor er sie Patrik überreichte. »Aber Sie machen sie nicht kaputt, ja?«
»Wir gehen unheimlich vorsichtig damit um, das verspreche ich dir. Ihr bekommt sie unversehrt zurück.«
»Werden Sie denn auch mit Kenneth reden?«, fragte Ludvig. Patrik nickte.
»Klar.«
»Warum hat er denn bisher nichts gesagt?« Cia wirkte verwirrt.
»Das fragen wir uns auch.« Paula tätschelte ihr erneut die Hand. »Aber wir werden es herausfinden.«
»Danke, Ludvig.« Patrik hielt die Kassette hoch. »Das hier könnte uns weiterbringen.«
»Keine Ursache. Ich bin nur darauf gekommen, weil Sie fragten, ob sie sich mal gestritten hätten.« Er wurde puterrot.
»Sollen wir gehen?« Patrik drehte sich zu Paula um, die bereits aufstand. »Kümmere dich um deine Mutter und ruf an, wenn etwas ist«, sagte Patrik leise zu Ludvig und drückte ihm seine Karte in die Hand.
Als sie abfuhren, stand Ludvig an der StraÃe und blickte ihnen nach. Dann ging er wieder ins Haus.
Im Krankenhaus verging die Zeit langsam. Im Fernsehen lief eine amerikanische Seifenoper. Die Krankenschwester war hereingekommen und hatte ihn gefragt, ob sie umschalten solle. Da er sich nicht zu einer Antwort aufraffen konnte, ging sie unverrichteter Dinge wieder.
Die Einsamkeit war schlimmer, als er es sich jemals hätte vorstellen können. Er vermisste Lisbet so sehr, dass er sich nur aufs Atmen konzentrieren konnte.
Er wusste, dass sie kommen würde. Sie hatte lange gewartet, und nun konnte er nirgendwohin mehr fliehen. Aber er hatte keine Angst, sondern freute sich fast auf sie. Sie würde ihn aus der Einsamkeit und der Trauer erretten, die ihn innerlich auffraÃen. Er wollte zu Lisbet, damit er ihr erklären konnte, was passiert war. Hoffentlich würde sie verstehen, dass er damals nicht er selbst gewesen war. Sie hatte einen anderen Menschen aus ihm gemacht. Er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sie mit seinen Sünden vor ihrem inneren Auge gestorben war. Es bedrückte ihn so, dass er kaum noch Luft bekam.
Ein Klopfen an der Tür, und Patrik Hedström, der Polizist, kam herein. Ihm folgte seine kleine dunkelhaarige Kollegin.
»Hallo, Kenneth. Wie geht es Ihnen?« Der Polizist sah ernst aus. Er rückte zwei Stühle ans Bett.
Kenneth antwortete nicht, sondern starrte weiter auf den Fernseher, wo Schauspieler vor dürftigen Kulissen miserabel spielten. Patrik wiederholte die Frage, und schlieÃlich drehte sich Kenneth zu ihm um.
»Es ging schon mal besser.« Was sollte er sagen? Wie sollte er beschreiben, wie es wirklich in ihm aussah, wie er innerlich kaputtging, wie es ihm fast das Herz zerriss. Jede Antwort hätte wie ein Klischee geklungen.
»Unsere Kollegen waren heute schon einmal hier. Vorhin haben Sie mit Gösta und Martin gesprochen.« Kenneth merkte, dass Patrik den Verband betrachtete, als würde er sich ausmalen, wie es sich anfühlte, wenn sich Hunderte von Glasscherben durch die eigene Haut bohrten.
»Ja«, erwiderte Kenneth gleichgültig. Er hatte vorhin nichts gesagt, und er würde jetzt nichts sagen. Er würde einfach warten. Auf sie.
»Sie sagten, Sie wüssten nicht, wer hinter der Sache stecken könnte, die Ihnen heute Morgen zugestoÃen ist.« Patrik sah ihn an, aber Kenneth hielt seinem Blick stand.
»Das ist richtig.«
Der Kommissar räusperte sich. »Das glauben wir nicht.«
Was hatten sie herausbekommen? Auf einmal packte Kenneth die Angst. Er wollte nicht, dass sie es erfuhren und sie fanden. Was sie begonnen hatte, musste
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