Mein Ex, der sinnliche Verführer
Caitlyn lächelnd. „Mich hat es genervt, wie sie immer über mein Leben bestimmen wollte. Selbst als ich schon erwachsen war. Seltsam, trotzdem vermisse ich sie. Mir fehlen sie beide. Nach dem Unfall habe ich mich unendlich allein gefühlt. Ein paar Wochen darauf ist dann Robert gestorben. Jetzt habe ich niemanden mehr zum Reden.“
Wahrscheinlich war das der Grund, warum sie sich Luke wie einem Freund anvertraute und ihr Widerstand dahinschmolz wie Butter in der Sonne.
„Als junger Mensch habe ich mich auch oft einsam gefühlt“, sagte Luke. „Nur durch deinen Vater habe ich wieder Land gesehen.“
Caitlyn wollte fragen, warum er dann das Geld genommen hatte, brachte aber kein Wort heraus.
„Ich schulde deinem Vater fast so viel wie Hassan. Und damit auch dir als seiner Tochter.“
„Du bist mir gar nichts schuldig. Daddy hat immer deinen Fleiß und deine Arbeitskraft gelobt.“
„Das ist es auch, warum Hassan mir vertraut. Weißt du, in den falschen Händen kann Geld sehr zerstörerisch wirken. Wenn jemand keine Selbstdisziplin hat und keine Ziele, kann er den vielen Versuchungen nicht widerstehen. Zum Glück habe ich damit keine Probleme, sonst hätte Hassan mich kaum als Sohn angenommen.“
So sprach kein Dieb!
Caitlyn hatte ihn nie nach dem Geld oder dem Grund für seinen Weggang gefragt – sondern einfach nur ihrer Mutter geglaubt.
Schätzte sie ihn und seinen Londoner Lebensstil womöglich völlig falsch ein? Oder gehörte er wirklich zu den reichen Männern, die Beziehungen mit schönen Frauen eingingen, nur um sie dann wieder fallen zu lassen?
Von seinem Verhalten her wirkte er gar nicht so. Seine Rolle als Vater nahm er sehr ernst. Und nicht nur das, er hatte sich sofort entschlossen, ihr zu helfen. Hassan hatte ihn geschickt, damit er sich um die Finanzen kümmerte – aber Luke tat so viel mehr für sie.
Nein! ermahnte sie sich. So schnell würde sie ihre Meinung über ihn nicht ändern.
Er hatte sie verlassen. Ihre Mutter hatte geschworen, dass er Geld gestohlen hatte. Er hatte Daniel im Stich gelassen.
Dass er umwerfend sexy war und gut zuhören konnte, hieß noch lange nicht, dass alles in Ordnung war.
Lukes Schweigen machte sie verrückt.
Caitlyn mochte keine angespannten Situationen. Schon als Kind hatte sie es schrecklich gefunden, die Tage bis Weihnachten zu zählen. Und bei Ausflügen hatte sie alle fünf Minuten gefragt: „Dauert es noch lange?“
Im Moment fühlte sich die Spannung schlimmer an als je zuvor.
Es war der frühe Abend des zweiten Tages, aber ihr erschien es, als wäre Luke schon seit einer Ewigkeit wieder hier bei ihr.
Die Sonne stand niedrig über dem Weideland, als Caitlyn zusah, wie er vor der Scheune Angel striegelte. Was sie so dringend von ihm wollte, war ein Hinweis auf seine Pläne für die Ranch!
Den ganzen Tag schwieg er sich schon aus. Und jetzt richtete er seine ungeteilte Aufmerksamkeit auf ihre Lieblingsstuten, die regelrecht mit ihm zu flirten schienen. Er lachte, als Lilly ihn mit ihrem weichen Maul anstupste.
„Anscheinend will sie auch drankommen“, sagte er. „Sie ist eifersüchtig.“
„Sieht ganz so aus.“
Luke lächelte. „Da ist sie, glaube ich, nicht die Einzige.“
„Lilly ist sehr menschenbezogen!“ Es ärgerte sie, dass die beiden Tiere so von ihm angetan waren, dass sie sie keines Blickes würdigten. Aber er hatte schon immer eine starke Wirkung auf Pferde gehabt – ebenso wie auf Frauen.
Er klopfte den Striegel aus und widmete sich Lillys Fellpflege. Danach gab er beiden eine Karotte. Sie stupsten ihn an und knabberten vorsichtig an seinem T-Shirt.
„Es gefällt ihnen, wenn man sich mit ihnen beschäftigt und ihnen etwas zu knabbern mitbringt.“
Caitlyn hatte das Gefühl, gleich zu platzen! Wenn er doch endlich zur Sache kommen würde!
In Gedanken durchlebte sie nochmals den Tag. Luke hatte Daniel zum Bus gebracht und sie dann zum Grab ihrer Eltern begleitet.
Vor ihrem geistigen Auge sah sie, wie er und sie in die Stadt fuhren, zum Arzt und zu Bruce, ihrem Banksachbearbeiter. Zu dritt sahen sie die Buchhaltungsunterlagen durch, und bei einem geschäftlichen Essen stellte Luke Bruce eine Menge Fragen. Dabei machte er sich die eine oder andere Notiz, sagte aber wenig, sodass man nicht erkennen konnte, was er dachte.
Der Sachbearbeiter legte eine gnadenlose Liste von Fakten vor, die Caitlyn so auf den Magen schlug, dass sie kaum etwas von ihrem Sandwich aß. Dass sich aber ein so erfolgreicher Mann wie
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