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Mein Freund Jossele

Mein Freund Jossele

Titel: Mein Freund Jossele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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eine lange Nase.
    Das Einstein-Jossele-System
    Genau in der zweiunddreißigsten Minute des Fußball- Länderspiels Bulgarien-Israel, das bekanntlich mit einer vernichtenden 0:5-Niederlage der israelischen Mannschaft endete, wurde das Einstein-Jossele-System geboren. Bis zur zweiunddreißigsten Minute hatten wir beide, mein Freund Jossele und ich, auf unseren Tribünensitzen hoch oben im Stadion gramgebeugt mit angesehen, wie diese Balkanteufel in ihren gelben Dressen immer wieder die Verteidigung unseres blau-weiß-
    gestreiften Teams durchbrachen, als hätten sie die Altherrenmannschaft eines orthodoxen Kibbuz während der Sabbathruhe vor sich. Die Luft war schwer, die Menge war deprimiert, und ich alter Patriot war den Tränen nahe.
    Dann, in der zweiunddreißigsten Minute, hörte ich Josseles Stimme:
    »Genug. Von jetzt an spielen die Israeli in Gelb.« »Was heißt das?« gab ich verwirrt zurück. »Die Gelben sind doch die Bulgaren?«
    »Hängt ganz davon ab, wie du es sehen willst«, belehrte mich Jossele. »Von hier oben lässt sich das ohnehin nicht so genau unterscheiden. Es ist eine Frage deines freien Entschlusses. Niemand kann dich daran hindern.« Wenn Jossele etwas sagt, soll man auf ihn hören. Durch einen intensiven Willensakt machte ich mir seinen Blickpunkt zu eigen und war alsbald in der Lage, mich über die großartigen Leistungen der in Gelb spielenden Israeli von Herzen zu freuen. Es war eine Lust, wie sie mit den blau-weißen bulgarischen Patzern umsprangen 1 5 : 0 für die Unseren stand es zum Schluss.
    Ein verdienter Triumph.
    »Siehst du«, sagte Jossele, als wir in froher Stimmung aus dem Stadion strömten. »Alles ist relativ.«
    Meines Wissens geschah es hier zum erstenmal, dass die Relativitätstheorie friedlichen Zwecken dienstbar gemacht wurde. Seither habe ich mich an das Einstein- Jossele-System gewöhnt und kann es jedermann wärmstens empfehlen. Mit ein klein wenig Phantasie eröffnet es bisher ungeahnte Möglichkeiten zur Verschönerung des Daseins.
    Zum Beispiel: Ich sitze im Kino, sehe einen miserablen Film und verfluche mich, dass ich mit so etwas meine Zeit vergeude. Plötzlich beschließe ich, dass wir nicht 1977 schreiben, sondern 1917 -
    und bin im gleichen Augenblick begeistert vom künstlerischen Wert der jungen, aufstrebenden Kinematographie. Unglaublich, was die können! Die Bilder auf der Leinwand bewegen sich, sie sprechen, sie singen - und das alles 1917! Es ist kaum zu fassen . . .
    Oder ich habe das Radio angestellt und höre Seine Exzellenz den Minister über das Schicksal unseres Landes sprechen, über den Gürtel, den wir enger schnallen müssen, über die großen Aufgaben, die uns bevorstehen, über die Vision einer schöneren Zukunft. Schon krümme ich mich vor Pein und will auf den Abstellknopf drücken - da fällt mir das Einstein-Jossele-System ein und macht mir klar, dass das Ganze eine Parodie ist. Vergnügt lehne ich mich zurück und genieße eine halbe Stunde hervorragender Unterhaltung. Es ist einfach zum Brüllen, wie dieser Bursche im Radio das typische Gewäsch eines Parteipolitikers lächerlich macht. Man würde gar nicht glauben, was für abgestandene Phrasen er aus der Mottenkiste hervorholt. Köstlich! Ein erstklassiger Komiker!
    »Na also.« Jossele klopfte mir befriedigt auf die Schulter. »Du siehst, wie schön das Leben sein kann. Man muss im richtigen Moment die richtige Entscheidung treffen, das ist alles. Nur nicht verzweifeln, sagte schon Titus Vespasianus, als die Juden Rom unterwarfen.«
    Auf Ölsuche
    Es war ein warmer Frühlingsnachmittag, so recht geschaffen für einen Kaffeehausbesuch.
    Draußen pulsierte das städtische Leben, die ältere Generation oblag ihren Berufen, die jüngere stand Schlange vor den Kinos. Jossele schlürfte an seinem Mokka und räkelte sich.
    »Hättest du etwas dagegen, reich zu werden?« fragte er.
    »Nicht das mindeste«, antwortete ich mit Überzeugung. »Aber wie?«
    »Öl«, entschied Jossele. »Wir müssen nach Öl suchen.«
    Gesagt, getan. Als erstes begaben wir uns zu einer nahegelegenen Tankstelle und fragten den Boss, ob er billiges Benzin kaufen möchte. Ja, meinte der Boss, warum nicht, und woher wir's denn hätten? Von der Regierung, erklärte Jossele.
    Als nächstes erwarben wir einen gut erhaltenen Gartenschlauch und etwa ein Dutzend antiquarischer Kanister.
    Dann fassten wir Posten an der Kurve einer belebten Ausfallstraße aus Tel Aviv.
    Der erste Wagen, den wir anhielten, war ein fettes,

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