Mein Freund Tutenchamun, Band 2: Grabräuber (German Edition)
Alfred Bekker
Mein Freund Tutenchamun 2
Grabräuber
Ein CassiopeiaPress E-Book
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© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
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„Na komm schon, Tjesem!“, sagte Tutenchamun und streckte die Hände aus. Der Hund sah den erst zehnjährigen Herrscher Ägyptens aufmerksam an und stellte die Ohren auf. „Was ist – fürchtest du dich etwa?“, fragte der junge Pharao, als der Hund immer noch zögerte. „Tjesem!“
„Na, den Göttern sei Dank, dass dir Ägypten besser gehorcht als dieser Windhund!“, spottete seine Schwester Anchesenamun, die den Umgang ihres Bruders mit dem ringelschwänzigen, schlanken Windhund schon eine ganze Weile beobachtete.
Sie befanden sich auf der königlichen Barke, einem Nilschiff, das vollkommen aus Papyrus gefertigt worden war. Der mächtige Nil war die Lebensader der beiden Länder Ober- und Unterägypten, wie man das Reich des Pharaos offiziell nannte. Er floss von Süden her zuerst durch Oberägypten mit der alten Hauptstadt Theben, dann viele Meilen durch die Wüste und erreichte schließlich Unterägypten mit der neuen Hauptstadt Memphis. In Unterägypten teilte sich der Nil und ergoss sich ins Mittelmeer.
Der Wind wehte fast immer aus Norden und so war es ein Leichtes den Nil flussaufwärts zu segeln. Auch das Segel der königlichen Barke war die ganze Zeit über gebläht, sodass sie gut vorankamen. Wollte man mit dem Schiff in umgekehrte Richtung reisen, brauchte man einfach nur das Segel zusammenzurollen und sich von der Strömung treiben zu lassen.
Tjesem stand ganz am Rand des Schiffes. Die Bugwelle, die eines der Begleitschiffe der königlichen Barke aufwühlte, spritzte auf. Gischt machte ihm den Kopf nass. Der Windhund erschrak erst und um ein Haar wäre er in die Fluten des Nils gefallen. Dann schüttelte er sich.
„Na, ist doch ganz angenehm so eine Abkühlung – bei der Hitze!“, meldete sich nun ein anderer Junge zu Wort. Er unterschied sich in Kleidung und Aussehen von den Ägyptern an Bord. Gekleidet war er in eine Tunika mit einem breiten Gürtel und Sandalen. Sein Haar war im Gegensatz zu allen anderen an Bord viel heller und seine Augen leuchtend blau anstatt so dunkel, wie es bei Tutenchamun und seiner Schwester der Fall war. „Komm zu Herkos!“, sagte der hellhaarige Junge – und tatsächlich hörte der Windhund mit zur Spirale aufgerollten Schwanz auf ihn. Dieser Ringelschwanz gehörte zu den besonderen Kennzeichen dieser sehr schlanken, windschnittigen Hundeart, die dafür bekannt war, unwahrscheinlich schnell laufen zu können. Man hatte sie für die Jagd von Hasen gezüchtet.
Der Hund kam zu Herkos, ließ sich von ihm den Nacken kraulen und wedelte dabei mit dem Ringelschwanz. Dann legte er sich zu Herkos' Füßen.
„Alle Achtung!“, grinste Anchesenamun in Herkos' Richtung. Dann wandte sie sich an ihren Bruder und fuhr fort: „Und dabei ist Herkos nur ein Prinz und wird vielleicht mal in seiner Heimat ein König – du aber bist jetzt schon Pharao, und beide Länder Ägyptens verneigen sich vor dir - nur nicht dieser Hund!“
Herkos kraulte Tjesem hinter dem Kopf und der Windhund streckte sich gemütlich aus. Der hellhaarige Junge war ein Sohn des Königs der Insel Kreta, aber ob er selbst mal König werden würde, das stand noch gar nicht fest. Schließlich hatte sein Vater viele Söhne und welcher davon eines Tages einmal den Thron bestieg, musste sich erst noch zeigen. Eine feste Regel gab es dafür nicht. Irgendwann würde sein Vater einfach einen seiner Nachkommen zum Kronprinz ernennen. Und da Herkos noch ein paar ältere Brüder hatte, standen seine Chancen eher nicht so gut.
Allerdings konnte sich das schnell ändern. Die Menschen starben schnell und auf Kreta gab es längst nicht so gute Ärzte, die einem bei Krankheit helfen konnten, wie das in Ägypten der Fall war. Dort gab es mit Imhotep sogar einen eigenen Gott für die Ärzteschaft. Herkos hatte schon mit angesehen, wie diese Ärzte Operationen auf dem Marktplatz durchgeführt hatten und dadurch Krankheiten heilen konnten, bei denen es andernorts keine Rettung gegeben hätte.
So konnte es gut sein, dass Herkos doch den Thron besteigen musste, wenn seine Brüder plötzlich an irgendeiner Krankheit oder den Folgen eines Unfalls starben.
Aber darüber machte er sich im Moment wenig Gedanken.
Seit drei Jahren schon lebte Prinz Herkos nämlich am Hof des jungen Pharao Tutenchamun. Herkos war
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