Mein geliebter Maerchenprinz
Ich habe zwar nicht so viel bei mir, aber vielleicht könnten wir später zu einem Geldautomaten gehen.“
Er ließ sie los und wich vor ihr zurück, als hätte sie ihn geschlagen. Mit ein paar Schritten war er an der Minibar, wo er sich ein Glas Scotch einschenkte.
Sie beobachtete ihn betreten. In ihren dunklen Augen sah er Angst.
„Ich wollte Sie nicht beleidigen“, sagte sie leise. „Ich dachte, Sie würden darüber reden wollen.“
„Wie sind Sie eigentlich darauf gekommen, wie ich meinen Lebensunterhalt verdiene?“
„Ich habe Sie mit den beiden älteren Damen gesehen, die Sie am Strand abgesetzt haben. Die Art, wie sie Sie geküsst haben …“
Seine Mutter und seine Großmutter? Sein Blick ging unwillkürlich zu dem Bild, das seine Großmutter von ihm als Kind gemalt hatte, als er sie das erste Mal besuchte. Er war kurz davor, ihr zu erklären, wer die beiden Frauen wirklich gewesen waren und wer er war, aber sie kam ihm zuvor.
„Dann der Ferrari und der Maserati. Wirklich, es war einfach zu auffällig. Ganz zu schweigen vom Diamantring der Blondine. Ich meine, er muss etwa neun Karat haben.“
Zehn. Und die Familie besaß ihn seit etwa dreihundert Jahren.
„Die Art, wie sie Sie küssten. So als würden sie Sie vergöttern.“
Wusste sie denn gar nichts von der hingebungsvollen Liebe einer italienschen Mutter? Er war immer der Liebling seiner Mutter gewesen. Glücklicherweise schien das seiner älteren Schwester nie viel ausgemacht zu haben. Immerhin war er auch der Liebling seiner Schwester.
„Außerdem ist Ihr Kleidungsstil so viel legerer als der der beiden Frauen.“
Er liebte bequeme Sachen, die er am liebsten jahrelang trug, bevor er sich von ihnen trennte. Sie gaben ihm das Gefühl, frei und normal zu sein und ohne die Verpflichtungen und Beschränkungen, die ihm in Wirklichkeit auferlegt wurden. Es war einer der vielen Streitpunkte mit seiner Mutter, die ihn natürlich am liebsten ausschließlich in Armani gesehen hätte.
„Ich verstehe“, sagte er. Er leerte sein Glas. „Und machen Sie das oft? Ich meine, allein verreisen und Gigolos engagieren?“
Sein Ton musste härter geworden sein, denn sie senkte den Blick. „Nein. Das habe ich Ihnen doch gesagt. Noch nie. Und wahrscheinlich nie wieder. Deswegen weiß ich ja nicht genau, wie ich vorgehen muss.“
„Haben Sie in Italien mit anderen Männern geschlafen? Mit Männern, die Sie in Ihrem Hotel oder einem Restaurant kennengelernt haben?“
„Nein. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Sie der Erste sind.“
Der Scotch tat seine Wirkung. Nico spürte zufrieden, wie ihm der Alkohol ein wenig zu Kopf stieg. „Dann haben Sie also gar nichts über mich gelesen? Sie wissen nicht, wer ich …“
Sie betrachtete ihn mit einem grüblerischen Ausdruck auf ihrem hübschen Gesicht. „Sie sehen wirklich irgendwie vertraut aus. Vielleicht habe ich eine Ihrer Anzeigen gesehen oder so, aber Zeitschriften und Zeitungen sind voll von Anzeigen. In den italienischen Zeitschriften sehe ich mir nur die Fotos an. Sind Sie ein besonders berühmter Gigolo oder so was?“
Er hätte sich fast verschluckt. „Sie würden sich wundern, wenn Sie wüssten, wie berühmt.“ Er konnte nicht widerstehen, sie zu necken. „Ein Gigolo für Stars.“
Es war wahrscheinlich schändlich, was er vorhatte, aber er konnte nicht widerstehen.
„Dann bleiben wir auf jeden Fall in meiner Suite.“
„Ich könnte mich verkleiden. Ich bin ganz gut darin, wissen Sie.“
„Das müssen Sie wohl auch … bei Ihrem Job.“ Sie lachte verlegen.
Nico lächelte. Er spielte sonst keine Spielchen mit seinen Eroberungen, aber offenbar genoss sie diese kleine Fantasie, und er begehrte sie zu sehr, um sie ihr zu zerstören. Vielleicht war es auch der Scotch, aber ihre Fantasie fing allmählich an, auch ihn zu erregen. Sie hielt ihn also für einen Gigolo, einen Profi, der die geheimsten Wünsche einer Frau erfüllte?
„Wie viel also?“, fragte sie wieder.
Er presste kurz die Lippen zusammen. Wenn er etwas nüchterner gewesen wäre, hätte er dieses ganze Gerede über Geld und die Tatsache, dass sie ihn für einen Gigolo hielt, nicht ertragen. Aber der Alkohol hatte ihn lockerer gemacht, und außerdem begehrte er sie zu sehr.
„Wie viel?“
„Ich glaube, Sie haben einen leichten Hang zur Hartnäckigkeit“, neckte er sie.
„Ich bin Anwältin.“
Auch er hatte einen Abschluss in Jura und außerdem einen in Wirtschaftswissenschaften. „Ich kenne mich ein wenig aus mit
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