Mein geliebter Maerchenprinz
konnte nur als entsetzlich bezeichnet werden. Regina hatte unter ihrer Morgenübelkeit gelitten und gerade laut genug gesprochen, dass Nico sie hören konnte, wenn er sich ganz dicht über sie beugte.
Jetzt saß er also in der Falle, genau wie sie. Und die ganze Welt beobachtete sie und wartete auf die ersten Zeichen einer Katastrophe – darauf dass Aschenputtel den kostbaren gläsernen Schuh verlor.
Für Regina waren die hastigen Vorbereitungen für die Hochzeit, die Ankunft ihrer Familie, die den ganzen Palazzo mit Fröhlichkeit erfüllt hatte, wie in einem Traum an ihr vorübergegangen.
Gestern hatte Prinzessin Violas Presseagent die Gerüchte über eine Verbindung zwischen ihr und Prinz Nico Romano dementiert. Sie seien nie mehr als gute Freunde gewesen und würden es auch in Zukunft sein.
An der Zeremonie hatte die „gute Freundin“ allerdings nicht teilgenommen. Nicos Mutter hatte während der Hochzeit und während des Empfangs für hundert Leute kein einziges Mal gelächelt. Nicos Stimmung war ähnlich ernst gewesen. Er hatte Regina den Ring an den Finger gesteckt, aber seine Lippen hatten sich beim Kuss kühl angefühlt.
Nur Reginas Familie hatte glücklich ausgesehen, und auch Nicos Großmutter hatte gestrahlt vor Zufriedenheit, sicherlich weil sie durch ihre Anwesenheit ihre Tochter ärgern konnte. Nur wenige Minuten vor der Hochzeit war die alte Dame, ganz in grünen Chiffon gehüllt, aufgetaucht und hatte so viele Goldketten und -armbänder getragen, dass sie wie eine Zigeunerin ausgesehen hatte – auch das zweifellos mit voller Absicht.
Reginas Vater hatte seine Tochter voller Stolz zum Altar begleitet, ohne sich auch nur im Geringsten von der Pracht des Palazzos und Nicos Mutter einschüchtern zu lassen.
Ein Geräusch riss Regina aus ihren Gedanken. Gloriana hatte das Zimmer betreten, immer noch im eleganten weißen Kostüm, das sie bei der Hochzeit getragen hatte, um ihre Schwiegertochter auszustechen – davon war Regina überzeugt.
„Die Leute fragen nach Ihnen. Sie bringen Nico in Verlegenheit.“
Regina nickte. „Sie müssen Geduld mit mir haben. Ich brauche noch etwas Zeit, um zu begreifen, wie wichtig Ihnen solche Äußerlichkeiten sind.“
Gloriana presste kurz die Lippen zusammen. „Er liebt Sie nicht“, erklärte sie plötzlich. „Wenn er wieder zu Verstand kommt, wird er Sie hassen. Diese Ehe ist ein Riesenschritt rückwärts für ihn. Sie stammen nicht einmal aus einer aristokratischen Familie, geschweige denn einer königlichen, so wie er. Und reich sind Sie auch nicht. Was sind Sie schon? Eine kleine Anwältin, die man wegen Unfähigkeit entlassen hat und die keine Fremdsprachen beherrscht.“
„Ich liebe ihn.“
„Ich hoffe es sehr, seinetwegen.“
Und damit rauschte sie hinaus.
Regina trug ein hauchdünnes Nachthemd und einen durchsichtigen Morgenrock, den sie in Portofino für ihre Hochzeitsnacht gekauft hatte.
„Wenn du allein warten willst, bis er kommt, gehe ich“, sagte Susana. „Vielleicht weiß er, dass ich bei dir bin, und kommt deswegen nicht.“
„Nein, bleib! Ich muss dir etwas sagen, Susana.“
Susana nickte. „Es ist alles wie im Märchen, findest du nicht, Regina?“
„Nein. Ich möchte nicht, dass du das glaubst.“ Regina holte tief Luft. „Er wollte mich nicht heiraten, er wollte Viola haben. Und er hat vor, sich in einem Jahr von mir scheiden zu lassen.“
„Regina, hör bitte endlich mit diesen Selbstzweifeln auf.“ Susana schüttelte den Kopf. „Ich habe dir doch gesagt, er liebt dich. Ich weiß es. Bitte glaube mir doch.“
„Du bist so naiv. Sieh dich doch mal hier um. Gehöre ich in diese Umgebung?“
„Du könntest. Wenn Joe hier aufgewachsen wäre, würde ich mich anpassen. Warum glaubst du immer, dass dich niemand liebt? Du bist so talentiert, so begabt, so gut.“
„Und warum glaubst du so sehr an die Liebe?“
„Vielleicht weil ich dich habe. Bei dir fühlte ich mich immer glücklich und beschützt. Aber jetzt solltest du auch mal auf deine kleine Schwester hören. Eure Ehe wird glücklich sein, selbst an diesem Ort, wenn du ihn nur liebst. Liebst du ihn?“
„Mehr als ich sagen kann. Aber in der Liebe habe ich nie Glück gehabt.“
„Was in der Vergangenheit war, ist nicht wichtig. Wenn du Nico wirklich liebst, wirst du alles tun, was nötig ist, um ihn glücklich zu machen. Und er wird dasselbe für dich tun. Du wirst sehen.“
„Ich wünschte, ich könnte dir glauben. Daddy war heute so stolz.“
„Ja.
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