Mein glaeserner Bauch
vierunddreißig – darunter nicht nur Erstgebärende, sondern auch Frauen, die schon mindestens ein Kind geboren haben.
In Zeiten von zuverlässigen Verhütungsmitteln kann es für Paare schwer sein, den richtigen Zeitpunkt zum Kinderkriegen zu finden. Und irgendwann müssen sie dann vielleicht sogar feststellen, dass es schwieriger ist, schwanger zu werden, als sie gedacht haben. Schon lange vor der Menopause lässt die Fruchtbarkeit mit zunehmendem Alter deutlich nach. Jedes fünfte bis sechste Paar muss sich heute mit einem unerfüllten Kinderwunsch auseinandersetzen, zum Teil deshalb, weil es sich zu spät für eigene Kinder entscheidet.
Wenn eine Frau jedoch mit fünfunddreißig oder später tatsächlich schwanger wird, gilt dies in der Gynäkologie automatisch als Risikoschwangerschaft, denn mit dem Alter der Mutter nimmt rein statistisch das Risiko einer Fehlbildung des Kindes zu. Auch kommt es häufiger zu Fehlgeburten, besonders im Falle von Chromosomenstörungen, das heißt einem Fehler in den Erbinformationen. Doch es gibt inzwischen auch Studien, die darauf hinweisen, dass das zunehmende Alter von Erstgebärenden als Risikofaktor nicht überbewertet werden sollte. 8
Chromosomenabweichungen können sowohl durch zusätzliche oder fehlende Chromosomen entstehen, als auch durch eine Veränderung der Chromosomenstruktur. Jede menschliche Zelle enthält in der Regel dreiundzwanzig Chromosomenpaare. Von Chromosomenabweichungen spricht man bei überzähligen oder fehlenden Chromosomen oder Chromosomenteilstücken wie etwa bei der Trisomie 13, 18 oder 21, beim Turner- oder Klinefelter-Syndrom.
Der Embryologe Thomas W. Sadler geht davon aus, dass die Hälfte aller befruchteten Eizellen – und nicht nur die von Frauen ab fünfunddreißig – in der Frühphase der Entwicklung mit einem spontanen Abort enden, jede zweite dieser Fehlgeburten geschieht wegen unterschiedlichster chromosomaler Störungen. 9
Manchmal wissen Menschen nicht einmal, dass sie mit einem veränderten Chromosomensatz leben, denn viele der Chromosomenabweichungen beeinträchtigen die Gesundheit nicht. Die Betroffenen haben keinerlei gesundheitliche Probleme und unterscheiden sich in ihren Lebensmöglichkeiten kaum von anderen. 10
Gerade beim Thema Spätgebärende produziert die Berichterstattung in den Massenmedien jedoch oft unnötige Verunsicherung. Verunsicherung, die auch schon mal in absurden Behauptungen gipfelt, wie der eines Gesundheitsmagazins, das schrieb, es sei eine Folge der Pränataldiagnostik, dass trotz aller Risiken der Großteil der über Fünfunddreißigjährigen gesunde Kinder zur Welt bringe. 11
»Das sieht ja aus wie Weihnachten«, schmunzelte Klaus, als er an diesem Abend nach Hause kam und mich strahlend auf meinem Lieblingsplatz, dem roten Sofa im Wohnzimmer, antraf. Ich hatte eine Kerze angezündet, und das war tatsächlich ungewöhnlich, denn es war Ende Mai. Aber ich war doch gerührt, dass Klaus intuitiv die besondere Situation erfasst hatte. Weihnachten! Der errechnete Geburtstermin unseres Kindes! Ich zeigte ihm das Ultraschallbild, war aufgeregt, stolz, glücklich. Und Klaus teilte meine Freude von ganzem Herzen.
»Wie alt bist du?«, fragte meine Mutter, als ich ihr am Telefon von meiner Schwangerschaft erzählte. Sie weiß genau, wann ihre Kinder geboren wurden und wie alt wir sind, aber ich hatte den besorgten Unterton in ihrer Stimme gehört und versuchte diplomatisch, ihre Aufmerksamkeit weg von den mütterlichen Bedenken hin auf die Freude der künftigen Oma meines Kindes zu lenken.
Alkohol bedeutete mir nichts, das Rauchen hatte ich schon lange aufgegeben, und der morgendliche Kaffee war auch nicht unverzichtbar. Was konnte ich noch tun, um es unserem Kind in mir gut gehen zu lassen? Ich war so beseelt von meinem Glück, dass ich mich in den nächsten Tagen dabei ertappte, selbst Menschen von der Schwangerschaft zu erzählen, die ich gar nicht besonders gut kannte. Sie brauchten nur zu fragen, wie es mir geht.
Erst vor Kurzem hatte ich wieder angefangen zu joggen, weil mir manche Kleidungsstücke nicht mehr passten. Meine ungewohnte Kurzatmigkeit hatte mir einen zusätzlichen Beweis dafür geliefert, dass ich dringend mehr Sport machen musste. Um nicht gleich wieder schlapp zu machen, wie schon so oft nach sportlichen Blitzkriegen gegen den Winterspeck, hatte ich mein Trainingsprogramm diesmal sorgsamer aufgebaut. Denn früher hatte es oft allzu bald in höllischem Muskelkater geendet.
Jetzt war
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