Mein Herz tanzt Tango
weiß, was Sie denken. Sie fragen sich, wie Sie all Ihre Energie in diesen Tanz investieren sollen, wenn Sie doch für Ihre Arbeit leben, richtig?“
Er nickte.
„Bald werden Sie merken, dass ich gar nicht viel verlange. Nur Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit.“
Vorher hatte es sich eher angehört, als müsse er ihr seine Seele verkaufen.
„Abgemacht, Mr. Montgomery?“
„Abgemacht“, bekräftigte er und streckte ihr die Hand hin. Dabei versuchte er sich einzureden, dass er jedes Mal, wenn er einer Frau die Hand schüttelte, dasselbe elektrisierende Gefühl verspürte wie bei der zauberhaften Rose Vasquez. „Legen wir los.“
„Sie meinen sofort?“
„Meine Sekretärin hat mich doch angemeldet.“
Rose schüttelte den Kopf. „Das muss ein Missverständnis gewesen sein. Ich habe heute schon etwas anderes vor. Morgen Abend um sieben Uhr habe ich Zeit für Sie.“
Nachdem Mr. Montgomery das Tanzstudio verlassen hatte, zitterten Roses Hände so sehr, dass sie kaum die Tür hinter ihm zusperren konnte.
Bei der Erinnerung an das plötzlich aufblitzende Interesse in Dalton Montgomerys tiefblauen Augen krampfte sich ihr Magen zusammen. Wie sehr hatte sie gegen den Impuls gekämpft, sein widerspenstiges dunkles Haar mit ihrer Hand zu glätten. Seine Größe und sein scharf geschnittenes Gesicht mit der römischen Nase gaben diesem Mann einen ungeheuren Sexappeal.
Weshalb hatte sie nur so mit ihm gesprochen? Warum hatte sie auf das gute Geld verzichtet, das ihr die heutige Stunde eingebracht hätte? Eigentlich konnte sie es sich überhaupt nicht leisten, auf diese Verdienstmöglichkeit zu verzichten.
Es war nicht so, dass sie nach Anna sehen musste. Das hatte sie sich nur vorzumachen versucht. Der wahre Grund war, dass sie zum ersten Mal seit Johns Tod vor über einem Jahr einen anderen Mann attraktiv fand – ein Gefühl, das sie völlig aus der Bahn warf.
Der Gedanke daran, eine Stunde lang in Dalton Montgomerys Armen Tango zu tanzen – diesen Tanz, den ihr Mann und sie so geliebt hatten – war zu viel für sie gewesen.
Deshalb hatte sie sich diesen Aufschub erkauft. Sie brauchte Zeit, um sich daran zu gewöhnen, dass sie einen anderen Mann attraktiv fand. Und dass sie jedes Recht dazu hatte.
Trotzdem war es merkwürdig, wie warm ihr plötzlich geworden war, als er sie ansah. Hoffentlich bekam sie ihre Gefühle auf die Reihe, bevor sie sich morgen Abend wiedersahen!
Irgendwie war es ihr seit Johns tödlichem Motorradunfall jeden Tag gelungen, sich aufzuraffen und zu tun, was getan werden musste. Rose zwang sich dazu, tief durchzuatmen. Bestimmt würde sie auch diese Krise erfolgreich meistern.
In der kurzen Zeit, die John und sie verheiratet gewesen waren, war ihre körperliche Beziehung immer von Leidenschaft erfüllt gewesen. Kein Wunder, dass sie als junge, gesunde Frau bestimmte Bedürfnisse verspürte. Mehr war es nicht, was sie Dalton Montgomery gegenüber empfand.
Aber warum raste ihr Puls dann schon beim Gedanken an das Wiedersehen mit ihm?
Rose hatte keine Antwort auf diese Frage. Zumindest keine, die sie selber akzeptieren konnte. Mit einer energischen Handbewegung löschte sie das Licht im Tanzstudio und ging hinauf in die Loftwohnung im Dachgeschoss, in der sie mit ihrer Tochter Anna lebte.
Anna hatte ihr die Kraft gegeben, Johns Tod zu überwinden. Wenn ihr das gelungen war, würde sie auch mit ihren Gefühlen für diesen unbekannten Mann fertig werden.
Am frühen Donnerstagabend, eine Stunde vor ihrer Verabredung mit Mr. Montgomery, schleppte sich Rose die Stufen zu ihrer Wohnung hoch. Seit sie heute Morgen aus dem Bett gestiegen war, hatte sie in ihrem Innersten eine schleichende Angst verspürt. Jetzt, wo sie die hohen Räume betrat, die sie als ihre persönliche Zufluchtsstätte betrachtete, hatte sich diese Angst in Panik verwandelt. Zum Glück brauchte Rose sie nicht zu verstecken, denn Anna übernachtete heute bei einer Freundin.
Sie war zwar nicht hungrig, aber da sie seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte, kochte sie sich eine Tomatensuppe.
Während sie darauf wartete, dass die Flüssigkeit zu sieden begann, sah sie sich in ihrem Heim um. Durch die breite Fensterfront im Westen strömte frühsommerliches Sonnenlicht herein. Rose liebte Pflanzen und die Helligkeit der Wohnung. Die fehlenden Innenwände und die hohen Decken erlaubten es ihr, hier Bäume aufzustellen: Palmen, einen kleinen Orangenbaum und sogar einen jungen Rotahorn.
Während Rose gedankenverloren in
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