Mein Herz tanzt Tango
eigentlich erleichtert sein sollte, doch wie konnte er, wenn diese völlig fremde Frau ihn auf den ersten Blick dermaßen durchschaut hatte! Deshalb fragte er vorsichtig: „Was habe ich an mir, das Sie auf diese Idee gebracht hat?“
„Wollen Sie das wirklich wissen?“, fragte Rose zurück.
Um davon abzulenken, dass er es nicht nur wissen wollte, sondern um jeden Preis wissen musste, zuckte er gleichgültig die Achseln. „Warum nicht?“
Rose streckte ihre Hand aus und klopfte auf seine Armbanduhr. „Die hier hat Sie verraten.“
„Was?“
„Ihre Swatch.“
Die hatte er bei einer Geschäftsreise nach New York im Vorbeigehen gekauft, weil sie ihn spontan angesprochen hatte. Davor hatte er immer die goldene Rolex getragen, die ihm seine Eltern zum College-Abschluss geschenkt hatten.
„Das ist nur meine persönliche Meinung, aber ich glaube nicht, dass ein von Geld besessener Mann eine solche Uhr tragen würde.“
Dalton wusste nicht, wie er reagieren sollte, und sah verlegen zur Seite.
Rose lehnte sich entspannt zurück und grinste. „Darf ich das als Zeichen dafür nehmen, dass ich recht habe?“
„Sie dürfen das als Zeichen dafür nehmen, dass Sie sich besser um Ihre eigenen Angelegenheiten kümmern sollten.“
„Tut mir leid“, sagte sie, und an ihrer ernsten Miene sah er, dass sie es aufrichtig meinte. „Aber etwas muss ich noch loswerden: Mir gefällt Ihre Uhr! Und ich bin sicher, dass Sie Ihren Job gut machen, auch wenn Sie keine teure Uhr tragen.“
Endlich brachte die Kellnerin ihre Sandwichs.
„Sagen Sie doch etwas“, bat Rose, bevor sie zu essen begann.
„Ich weiß nicht, was“, musste Dalton zugeben. „Sie scheinen ohnehin schon alles über mich zu wissen.“ Bevor er noch mehr verriet, biss er schnell in sein Sandwich.
„Oh, nein, jetzt seien Sie nicht eingeschnappt. Ich habe mich entschuldigt. Es ist nur ein Spiel. Wirklich, das hatte überhaupt nichts zu bedeuten.“
„Habe ich auch nicht behauptet“, knurrte Dalton.
„Aber Sie benehmen sich so, als hätte ich einen Nerv getroffen. Wenn ja, entschuldige ich mich dafür in aller Form.“
„Vergessen wir es einfach. Lassen Sie uns schnell essen, damit wir endlich mit dem Tanzen beginnen können“, schlug er vor.
„Moment!“, rief sie plötzlich. Sie ließ ihr Sandwich fallen und schlug sich mit der Hand auf die Stirn. „Hatte ich etwa recht? Sie hassen ihren Job und fühlen sich deswegen schuldig?“
„Und wenn es so wäre, würde Sie das irgendetwas angehen?“, fragte Dalton ungehalten zurück.
„Nein, aber …“ Sie nahm ihr Sandwich wieder in die Hand. „Aber wenn das wirklich stimmt, dann können Sie nichts Besseres tun als tanzen. Es wirkt Wunder, um Stress abzubauen, und hilft Ihnen dabei, sich selber besser kennenzulernen.“
„Hören Sie, wenn Sie mir einen Gefallen tun wollen, essen Sie jetzt, und dann bringen wir die Tanzerei so schnell wie möglich hinter uns.“
2. KAPITEL
„Nein, Mr. Montgomery, ich habe gesagt gehen, nicht trampeln.“ Rose schüttelte seufzend den Kopf. Hatte sie wirklich noch vor wenigen Stunden Angst vor der erotischen Spannung beim Tanzen mit diesem Mann gehabt? Die hätte sie sich getrost sparen können!
Dalton warf mit einer dramatischen Bewegung die Hände in die Luft, um sie anschließend vorwurfsvoll in die Hüften zu stemmen. „Ich weiß wirklich nicht, was Sie von mir wollen! Erst soll ich mich drehen. Dann soll ich auf einer Linie gehen, dann in einem Rechteck! Am liebsten würde ich geradewegs da drüben zur Tür hinausgehen.“
„Gute Idee! Ich werde Sie sicher nicht davon abhalten!“
Während dieses Gesprächs standen sie Zeh an Zeh und Brust an Brust. Rose hätte ihn am liebsten geschüttelt. Doch die Hitze, die sie in ihrem Körper spürte, war näher mit Leidenschaft als mit Wut verwandt.
Sie atmeten beide schwer. Rose vor Ärger, Dalton vor Anstrengung. Sie sah zu, wie sich sein Brustkorb hob und senkte, und plötzlich wurde ihr bewusst, wie lustig es war, dass ihn schon eine einfache Drehbewegung im Grundschritt überforderte. Ohne darüber nachzudenken, lachte sie los.
„Was ist so komisch?“, fragte Dalton irritiert.
„Sie. Nein. Wir“, korrigierte sie schnell. „Es ist nach neun, und wir sind beide mit den Nerven am Ende.“
Um diese Zeit hatte sie Anna normalerweise schon ins Bett gebracht und bereitete sich selber aufs Schlafengehen vor.
Dalton schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken und seufzte. „Sie haben recht.
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