Mein Herz und deine Krone
dir ab. Du wirst nach Helias gebracht und dort auf mich warten!“
2. KAPITEL
Vier Tage dauerte es, bis er ihr nachreisen konnte. Vielleicht ganz gut, wenn Holly etwas Zeit bekommt, sich zu beruhigen, dachte er bei sich. Trotzdem fiel es ihm außerordentlich schwer, sich auf seine Pflichten zu konzentrieren.
Die Aufklärung der Korruptionsaffäre war fast beendet, und als Haupt der Untersuchungskommission musste sich Andreas durch Berge von Akten arbeiten und Meetings leiten, während er nebenbei den nächstmöglichen Termin für seine Flucht nach Helias festzulegen versuchte.
Endlich war es so weit! Erleichtert und gleichzeitig angespannt und voller Skepsis, ließ er Aristo hinter sich.
Die idyllische kleine Insel war ein Geschenk seines Vaters, König Aegeus, zur Volljährigkeit seines Sohnes gewesen. Von Kindesbeinen an hatte Andreas nichts für Prunk und Pomp übriggehabt und Helias von jeher als sein geliebtes Refugium betrachtet, wohin er sich vor seinen königlichen Pflichten wenigstens ab und zu zurückziehen konnte.
Seine Frau hatte die Insel gehasst. Christina liebte die gleißenden Großstadtlichter, und selbst die Hauptstadt von Aristo war ihr viel zu provinziell gewesen. Andreas stand es also völlig frei, mit seinem Refugium zu machen, was er wollte. So verwirklichte er seinen geheimen Traum und baute eine Art riesigen Pavillon. Eine heitere Variante der Wüsten-Zeltlager, wie er sie von seinen arabischen Cousins aus der Ehe seiner Tante, Königin Anya von Calista, mit Scheich Ashraf Al’Farisi kannte.
Aus der Ferne wirkte es wie eine lockere Ansammlung weit ausladender Zeltdächer, die im Kreis standen. Kam man näher, erkannte man, dass die Zelte in Wirklichkeit aus weiß lasiertem Holz gefertigt waren. Jede Wand konnte einzeln verschoben werden, wodurch sich die Innenräume in voller Breite der frischen Seebrise gegenüber öffneten, die das ganze Jahr für angenehme Kühlung sorgte.
Waren alle Wände geöffnet, sah man im Zentrum des Pavillons einen Swimmingpool. So ausgedehnt, dass man fast von einer Lagune reden konnte. Die Inselstrände selber waren von feinem hellem Sand bedeckt, die See einladend frisch und kühl, weshalb der künstlich angelegte Pool eindeutig unter purem, wenn nicht sogar dekadentem Luxus verbucht werden konnte.
Andreas kam auf seine Insel, sooft er nur konnte. Besonders dann, wenn ihm das öffentliche Leben als Prinz mit den zermürbenden Auftritten und sozialen Events mal wieder zu viel wurde. Auf Helias beschäftigte er ausschließlich ein diskretes Ehepaar als Verwalter und Hauswirtschafterin.
Er liebte die Einsamkeit hier, so wie er sie damals in Hollys Heimat geliebt und genossen hatte.
Während seine Cessna, die er selbst steuerte, in den Sinkflug ging, dachte er daran, wie Holly ihm in Australien die ersten, rudimentären Grundlagen des Fliegens beigebracht hatte. Und immer, wenn er in seiner kleinen Maschine flog, erinnerte er sich daran, wie sie beide …
Nein! Er durfte nicht an Holly denken. Nicht so!
Er war verheiratet gewesen und inzwischen schon wieder geschieden! So viel war passiert, seit er Holly das letzte Mal gesehen hatte. Doch gleich war es so weit …
Instinktiv legte er eine Hand an die Wange, wo er immer noch den Abdruck ihrer Hand zu spüren vermeinte. Ob sie sich inzwischen beruhigt hatte? Denn das war zwingend notwendig, wollte er vernünftige Auskünfte auf seine drängenden Fragen erhalten. Ihm blieb keine Wahl. Wenn notwendig, würde er sie zwingen müssen, ihm Rede und Antwort zu stehen.
Und sich Sebastians unglaublichen Vorschlag zur Lösung ihrer Probleme anzuhören …
Sofia, seine Haushälterin, erwartete Andreas im Eingang zum Pavillon. Offenbar hatte sie gebacken, denn der betörende Duft von Baklava reizte seine Sinne. Unwillkürlich lächelte der Prinz, wie er es immer tat, wenn er an seinem Lieblingsort war.
Bis zu seinem zehnten Lebensjahr war Sofia sein Kindermädchen gewesen. Als er die Insel von seinem Vater geschenkt bekam, machte er sich gleich daran, sie aufzuspüren. Sie und ihren Mann, Nikos, der sich seither um das gesamte Anwesen kümmerte.
„Sie ist nicht hier.“
Andreas brauchte nicht zu fragen, wen Sofia damit meinte. „Wo ist sie?“
„Am Strand, auf der anderen Seite der Insel“, verriet Sofia, ohne ihren ehemaligen Schützling aus den Augen zu lassen. „An dem Platz, der am weitesten vom Haus entfernt liegt. Georgiou hat ihr mitgeteilt, dass du kommen würdest.“
Wenn sie allein waren,
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