Mein ist dein Herz
klar, dass diese Aktion entweder einer Zeitverschwendung gleicht oder aber keine gute Idee ist.
In meinem Fall ist es die einzig denkbare Beschäftigung, die sich, abgesehen von meinem exzessiven Zigarettenkonsums, anbietet. Und wenn ich das Letztere nicht bald einstelle, werden mir wegen der für Januar typischen Außentemperaturen die Zehen abfrieren.
Eigentlich wäre es sinnvoller ein paar Runden um den Block zu fahren, um das Auto wieder warm zu kriegen, ich will aber nichts verpassen und bleibe deswegen hartnäckig, schnippe die abgebrannte Zigarette weg und lasse das Fenster hochfahren.
Weitere Minuten verstreichen - wobei ich eher sagen würde, dass sie kriechen - in denen ich den Eingang mustere, stets darauf bedacht, keinen Neid gegenüber all meinen Freunden zu empfinden, die gerade im Warmen sind und entweder Karten, Dart oder Billard spielen. Was auch immer ich beneiden könnte, wird nichtig im Vergleich zu dem, dass Tyler bei ihnen ist.
Kurzerhand entscheide ich, dass die Zeit für die Verfassung einer SMS gekommen ist, und krame mein Handy aus der Tasche. Der Empfänger ist standardmäßig gewählt, also tippe ich wüst drauf los.
An ‹S CHATZ ›:
Kommst du heute gar nicht vorbei?
Kurz und knapp, allerdings verständlich, weil ich keinen Nerv für Smalltalk habe.
Eine Minute später stellt sich heraus, dass es Tyler genauso geht. Nur dass sein Zustand wohl etwas radikaler ausfällt. Seine Antwort beschränkt sich nämlich auf ein einziges Wort: Nein!
Zunehmend gereizter versuche ich mich an einem längeren Text und voilà, eine gefühlte Ewigkeit später versende ich sogar eine kleine Tirade.
An ‹S CHATZ ›:
Ich versteh dich nicht. Mir ist klar, dass heute dein ›freier‹ Tag ist, dieser überschneidet sich aber nun mal mit unserem Jahrestag. Es sind drei Jahre, Tyler! Nicht vergleichbar mit irgendeinem Zwischending, welches du einfach so ignorieren kannst. Und ich bin auch nicht gewillt, an diesem Tag auf dich zu verzichten. Wärst du also so lieb und sagst mir, wo du bist, damit ich dort hinkomme und mit dir zusammen auf UNS anstoße?
Gut, ich habe geflunkert. Wo Tyler ist, weiß ich ganz genau, da es sein weinroter Sportflitzer ist, der gegenüber von mir auf dem Parkplatz steht und Schatzi sich erfahrungsgemäß für keine zehn Meter von diesem entfernt. Jedoch kenne ich meinen Freund und seine Eigenarten viel zu gut, um jetzt einfach so in die Bar reinzuschneien. Auf den dadurch ausgelösten Streit verzichte ich freiwillig.
Ganz ehrlich, ja? Wäre er auch nur um einen Deut zickiger, hätte ich schwören können mit einer Frau liiert zu sein. Mit einer äußerst männlichen, großen und leicht aggressiven, aber dennoch typischen Tussi.
Um festzustellen, ob ich mit meiner Vermutung recht habe, traue ich mich doch noch aus dem Auto und schleiche mich an das rolloverhangene Fenster. Zu meinem Glück ist das ein Außenhängendes und ermöglicht mir, einen kleinen Spalt aufzutun.
Die grellen Leuchten der Bar blenden mich im ersten Augenblick, aber bereits ein Blinzeln später sehe ich den überfüllten Tisch, an dem unteranderem auch Tyler sitzt und sich gerade angeregt mit einem Blondchen unterhält. Meine erste Reaktion ist wie nicht anders erwartet: blanke Eifersucht. Mein sturköpfiger, freiheitsliebender Freund ist gelinde gesagt nicht von schlechten Eltern. Eigentlich ist er sogar ein Prachtexemplar von Mann. Dunkles, dichtes Haar - stets stylisch frisiert -, stahlgraue Augen, die vor allem im gedämpften Licht wie flüssiges Silber wirken und sehr markante Gesichtszüge, die seine vollen, sanft geschwungenen Lippen in Szene setzen. Im Tylerpaket ist der schöne Body ebenso inbegriffen, wie seine perfekte Mimikbeherrschung, mit der er alle anwesenden Frauen seinem unvergleichlichem Charisma aussetzt und schnell verzaubert.
Too much, denken Sie?
De facto sage ich!
Nichtsdestotrotz verraucht meine Eifersucht nahezu in derselben Sekunde, in der sie aufgekommen war. Dieser Mann hat nämlich ein gewaltiges Lasterchen zu tragen, mit dem bis dato nur ich umgehen konnte. Er ist zwar kein Freak, der auf Lack und Leder steht, obwohl Strapse und kniehohe Stiefel ihm durchaus zusagen, allerdings ist der einzige Sex, den er genießt, anders, als Frau normalerweise gewöhnt ist. Und das ist meiner Meinung nach die beste Absicherung vor Untreue.
Ich denke, Ihr Interesse ist nun geweckt? Nichtsdestoweniger müssen Sie sich mit der Befriedigung ihrer Neugierde noch ein bisschen gedulden,
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