Mein Katalonien
es immer damit enden muß, daß ein Partner den anderen verschlingt. Das einzige unerwartete Merkmal an der spanischen Lage – und außerhalb Spaniens hat es in erheblichem Umfange Mißverständnisse hervorgerufen – besteht darin, daß unter den Parteien auf der Seite der Zentralregierung die Kommunisten nicht auf der extremen Linken, sondern auf der extremen Rechten standen. In Wirklichkeit sollte das nicht überraschen, denn die Taktik der kommunistischen Partei in anderen Ländern, besonders in Frankreich, hat klar gezeigt, daß man den offiziellen Kommunismus zumindest zur Zeit als eine antirevolutionäre Kraft betrachten muß. Die ganze Kominternpolitik ist jetzt der Verteidigung der UdSSR untergeordnet (entschuldbar, wenn man die Weltsituation betrachtet), und diese Verteidigung beruht auf einem System militärischer Bündnisse. Vornehmlich hat sich die UdSSR mit Frankreich, einem kapitalistischimperialistischen Land, verbündet. Dieses Bündnis nützt Rußland wenig, es sei denn, der französische Kapitalismus ist stark. Darum muß die kommunistische Politik in Frankreich antirevolutionär sein. Das heißt nicht nur, daß die französischen Kommunisten hinter der Trikolore hermarschieren und die Marseillaise singen, sondern, und das ist noch wichtiger, sie mußten jegliche wirksame Agitation in den französischen Kolonien fallenlassen. Vor weniger als drei Jahren erklärte Thorez, der Sekretär der französischen kommunistischen Partei, die französischen Arbeiter könnten nie zu einem Kampf gegen ihre deutschen Kameraden angestachelt werden. Heute ist er in Frankreich einer der lauthalsigsten Patrioten. Der Schlüssel zum Verhalten der kommunistischen Partei in irgendeinem Lande ist die tatsächliche oder potentielle militärische Beziehung dieses Landes zur UdSSR. In England zum Beispiel ist die Lage noch ungewiß, deshalb ist die englische kommunistische Partei der Nationalregierung gegenüber immer noch feindlich eingestellt und widersetzte sich angeblich der Aufrüstung. Wenn aber Großbritannien ein Bündnis oder ein militärisches Abkommen mit der UdSSR abschließt, werden die englischen ähnlich den französischen Kommunisten keine andere Wahl haben, als gute Patrioten und Imperialisten zu werden. Dafür gibt es schon erste Anzeichen. In Spanien wurde die kommunistische »Linie« zweifellos durch die Tatsache beeinflußt, daß Frankreich als Verbündeter Rußlands sich gegen einen revolutionären Nachbarn wenden und Himmel und Erde in Bewegung setzen würde, um die Befreiung Spanisch-Marokkos zu verhindern. Die Daily Mail , mit ihren Geschichten einer von Moskau finanzierten roten Revolution, hatte diesmal noch mehr unrecht als gewöhnlich. In Wirklichkeit waren es die Kommunisten, die vor allen anderen in Spanien eine Revolution verhinderten. Als die Kräfte der Rechten später im vollen Besitz der Kontrolle waren, zeigten sich die Kommunisten willig, bei der Jagd auf revolutionäre Führer noch ein gutes Stück weiter als die Liberalen zu gehen 2 .
2 Der beste Bericht über das Wechselspiel zwischen den Parteien auf der Regierungsseite ist Franz Borkenaus »The Spanish Cockpit«. Es ist das weitaus aufschlußreichste Buch, das bis jetzt über den spanischen Krieg erschienen ist.
Ich habe versucht, den allgemeinen Ablauf der spanischen Revolution während des ersten Jahres zu skizzieren, denn das erleichtert das Verständnis der Situation für jeden einzelnen Augenblick. Aber ich möchte nicht den Eindruck erwecken, als ob ich im Februar schon die gleichen Ansichten gehabt hätte, wie ich sie hier geschildert habe. Vor allem hatten die Ereignisse, die mir die Augen öffneten, noch nicht stattgefunden, und meine Sympathien lagen jedenfalls etwas anders als heute. Das kam zum Teil daher, weil mich die politische Seite des Krieges langweilte, und ich opponierte natürlich gegen die Ansichten, die ich am häufigsten hörte, das heißt die Ansichten der P.O.U.M.-I.L.P. Die Engländer, mit denen ich augenblicklich zusammen lebte, waren Mitglieder der I.L.P. einige auch der KP. Die meisten von ihnen waren politisch viel besser unterrichtet als ich selbst. Während vieler Wochen dieser langweiligen Zeit, als vor Huesca nichts geschah, fand ich mich selbst mitten in einer politischen Diskussion, die praktisch niemals endete. In der zugigen, übelriechenden Scheune des Bauernhauses, in dem wir einquartiert waren, in der stickigen Dunkelheit der Unterstände und während der kalten Mitternachtsstunden
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