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Mein Leben Als Suchmaschine

Mein Leben Als Suchmaschine

Titel: Mein Leben Als Suchmaschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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Vielleicht sollte ich mich überhaupt auf die Ausbildung konzentrieren. Ganz, ganz viele Horst Evers ausbilden. Für eine richtige Horst-Evers-Schwemme sorgen. Vielleicht sollte ich mit dem Arbeitsamt Zusammenarbeiten, mir Auszubildende zuweisen lassen:
    »Na lassen Se mal sehen, was hamm wa denn da? Ausbildung hammse keine. Interessen, im Prinzip alles, aber nix so richtig. Besondere Fähigkeiten: kaum, obwohl, Sie können gut erklären, warum etwas, wenn es mal schiefgegangen is, eigentlich schiefgegangen ist… Naja, hamm Se schonmal dran gedacht, Horst Evers zu werden? Ich hätte da ’ne Stelle.«
    Die Horst-Evers-Branche würde vermutlich bald zu einem richtigen Beschäftigungsfaktor auf dem Arbeitsmarktsektor werden. Sicherlich gäbe es bald die Horst-Evers-Aufsichtsräte und natürlich auch die IG Evers, die wohl schwächste Gewerkschaft aller Zeiten, die einzige Gewerkschaft, bei der auch intimste Kenner der Szene bei einem Streik auch nicht den geringsten Unterschied bemerken.
    Aber, wenn es dann so irrsinnig viele exzellent ausgebildete Horst Evers gibt, wäre für mich überalterten, unausgebildeten Horst Evers überhaupt noch Platz? Müßte ich dann womöglich umschulen? Aber auf wen? Auf Paris Hilton? Das wär mir, glaub ich, nix. Wenn ich tatsächlich durch jüngere, besser ausgebildete Scheinselbständigkeitskräfte aus meiner eigenen Existenz verdrängt würde? Ohne jede Aussicht, in meinem eigenen Leben jemals noch wieder eine Stelle zu finden. Was dann?
    Nein, es geht leider nicht. So gern ich ausbilden würde. Jungen Leuten etwas von meiner Schluffigkeit und Lethargie mitgeben würde. Sie müssen ihren Weg in die Sinnlosigkeit einfach selbst finden. So schwierig ist das ja auch nicht.

Die Nase schwitzt mit

    Vor zwei Monaten hatte ich Bursitis. Das ist quasi Schultermumps, also so eine Art Gelenkentzündung in der Schulter. Wenn andere sowas bekommen, nennt man es eine Schleimbeutelentzündung. Aber ich lehne Krankheiten mit ekligen Namen ab, deshalb hatte ich Schultermumps.
    Die Krankheit selbst übrigens hat sich mir gegenüber eigentlich ganz anständig verhalten. Zwei, drei Spritzen, ein paar richtig knallige Schmerzmittel, und nach 14 Tagen war’s wieder weg. Ganz und gar. Das waren für eine Krankheit an sich eigentlich sehr wohlerzogene Umgangsformen. Da kann man nicht meckern. Ich kann dieser Bursitis eigentlich nichts Schlechtes nachsagen. Sie hat ihren Job als Krankheit eigentlich sehr professionell und routiniert erledigt. Die Krankheit und ich, wir haben zwei sehr enge und intensive Wochen miteinander verbracht, aber dann hatten wir auch die Größe und Reife zu sagen, jetzt geht jeder wieder seine eigenen Wege, lebt sein altes Leben. Man kann eigentlich sagen, wir sind als Freunde auseinandergegangen. Ohne endlose Diskussionen, ewiges Hin- und Hergezicke und monatelangen Trennungsschmerz. Wenn man sich dagegen das pubertäre und alberne Gewese von manch anderer Krankheit anschaut! Was das oft für ein würdeloses Herumgehampel ist. Irgendwelche ordinären Schnupfen, die meinen, sie seien der Nabel der Welt.
    - Nein, nein, ich will nicht gehen, ich will dich nicht verlassen, ich möchte dich nicht verlassen, ich möchte für immer bei dir bleiben.
    - Doch, Schnupfen, es ist vorbei, das mit uns hat doch keine Zukunft.
    - Wie kannst du sowas sagen. Ich bin es doch, dein Schnupfen. Ich war doch immer für dich da, du kannst
    mich doch nicht plötzlich behandeln wie den letzten Rotz.
    - Verdammt, Schnupfen, ich hatte gehofft, es würde nicht dazu kommen, aber dann muß ich es dir sagen, du bist mir von Anfang an auf die Nerven gegangen, Schnupfen.
    - Verstehe, oh, ich verstehe nur zu gut, gibt es da etwa eine andere Krankheit, du kannst es mir ruhig sagen, mit der du meinst, glücklicher zu werden, mit der du dich dann den ganzen Tag im Bett vergnügst?
    - Nein, Schnupfen, da ist keine andere Krankheit. Ich möchte einfach nur etwas Zeit für mich. Ich bin noch gar nicht in der Verfassung für eine neue Krankheit.
    - Erzähl mir nichts. Ich hab genau gesehen, wie du das Sodbrennen angeguckt hast. Denkst du, ich merk das nicht? Und was du dann alles gegessen hast. Das hast du doch nur gemacht, um dem Sodbrennen zu imponieren. Aber glaub mir, so ein sprunghaftes Sodbrennen kann dich nie so glücklich machen wie ein treuer Schnupfen.
    - Verdammt, ich will nichts vom Sodbrennen.
    - Gut, als Kompromiß könnt ich mir auch vorstellen, daß wir auch zu dritt…
    - Nein, ich will, daß du gehst,

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