Mein Leben Als Suchmaschine
so wirklich glaubt, dem mangelt es meiner Meinung nach an religiöser Orientierung.
Intelligente Haushaltsgeräte
»Die nächste Stufe der technologischen Revolution findet im Haushalt statt.«
Sitze morgens in der Küche und habe das Gefühl, meine Zeitung ist wohl noch nicht so richtig wach. Zumindest redet sie sich wieder so ein wirres Zeug zusammen.
Die Marketing-Wurst irgendeines Elektronikkonzerns droht im Interview offen damit, mein Leben in Kürze noch mal schöner, lebenswerter und unkomplizierter zu machen. »Intelligente Haushaltsgeräte werden in Zukunft unser Leben bereichern«, bröselt es mir aus der schlaftrunkenen Zeitung entgegen.
Lege mir vor Freude ein Marmeladenbrot auf die Stirn. Nach der Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik wird jetzt bald auch in der Küche endlich alles genauso einfach und zeitsparend. Drehe das Marmeladenbrot noch einmal herum. Das fühlt sich sehr lustig an. Da soll noch einer sagen, Norddeutsche könnten nicht feiern.
Intelligente Haushaltsgeräte. Warum? Wer will denn sowas? Ich nicht. Haushaltsgeräte sollen doof sein und gefälligst ihre Arbeit tun. Stupide Malocher, die tun, was man ihnen sagt, und keine blöden Fragen stellen. Ich hab weiß Gott schon genug Geräte, die mir Fragen stellen. Fragen wie: Das Printcenter kann keinen Drucker finden. Haben Sie sichergestellt, daß eine Verbindung zum Drucker hergestellt ist? »Du kleine Ratte. Ich gaffer dir gleich den Drucker auf den Monitor, dann wirste ihn ja wohl sehen können.«
Gaffer-Klebeband, die letzte Erfindung, die der Menschheit wirklich was gebracht hat. Doof, aber stark, komplett analog, klebt wie Sau und für ewig.
Dagegen: intelligente Haushaltsgeräte. Was soll ich denn zum Beispiel mit einem Wasserkocher, der jedesmal, wenn ich ihn einschalte, erstmal anfängt nachzudenken. Mir womöglich auch noch blöde Fragen stellt, wie:
- Ach, willste Wasser heiß machen?
- Ja.
- Na, wie heiß solls denn werden?
- Kochen.
- Kochen? Uijuijuijuijui… Na, Kochen is’n weiter Begriff. Mehr so jetzt nur leicht sieden oder richtig blubbern und so?
- 100 Grad.
- 100 Grad? Ja, dit is kochen. Hm. Wat willst’n mit dem Wasser?
- Was?
- Na, das ganze kochend heiße Wasser, wat willst’n damit?
- Also hör mal, das geht dich jetzt aber gleich mal gar nichts an.
- Ou, eieieieieiei… na, so kommen wa jar nisch zusammen. Da sag ich doch mal: »Falsche Eingabe«. Und noch mal von vorne: Willste Wasser heiß machen?
- Ja. Bitte.
- Na also, geht doch…. Was denn für Tee?
- Weiß ich noch nicht.
- Wie, weißte noch nicht? Kommst hierher, husch, husch, Wasser heiß! und weißt noch gar nicht, was du für Tee willst?
- Gut, meinetwegen: Grüner Tee.
- Ach. Grüner Tee is 70 Grad.
- Komm, is doch egal jetzt…
- Neeneeneeneeneeene… denn kriegste wieder zu viel Bitterstoffe. Dit is nich jut. Bist eh schon so depressiv.
- Ich bin nicht depressiv.
- Na, dit sieht die Waage aber anders.
- Die Waage?
- Ja, wir hamm neulich mal über dich jesprochen, so janz privat bißchen geplaudert. Wir reden öfter mal so über dich, Gerätetratsch eben, und die Waage sagt auch: »neeneeneeneenee, der Chef, der is auf’m absteigenden Ast, bewegt sich nich, ißt unvernünftig, zu viel Bitterstoffe, pipapo…« Wenn du nich mal bald was für deinen Körper tust, sagt die Waage, denn biste für sie bald nisch mehr tragbar.
- Mir ist egal, was die Waage sagt.
- Ach, es ist ja nicht nur die Waage. Der Toaster, der Mixer, die elektrische Zahnbürste, die vermißt dich übrigens auch sehr, wir haben uns alle mal zusammengesetzt und beschlossen, daß du jetzt mal dein Leben änderst.
- Bitte?
- Na logo, wir machen uns Sorgen. Was wird denn aus uns, wenn du mal nicht mehr bist? Wer sich ein intelligentes Haushaltsgerät zulegt, erwirbt damit auch eine gewisse Verantwortung. Wir wollen nicht in irgendeinem anonymen Geräteasyl landen…
Intelligente Haushaltsgeräte. Was denn noch? Schon meine jetzigen Geräte haben erstaunliche Fähigkeiten. Können unglaublich viel. Auch Sachen, die man ihnen nun beim besten Willen nicht zugetraut hätte. Meine Waschmaschine zum Beispiel hat neben vielem anderen tatsächlich auch ein Programm, das heißt: »Handwäsche«. Also, bei aller Liebe, aber ich denke, da überschätzt sie sich jetzt doch. Ich glaube einer Waschmaschine einfach nicht, daß sie Handwäsche kann. Genausogut könnte man dann ja auch bei einem Taschenrechner oder sogar einem Computer ein Programm
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