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Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Titel: Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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Schreibtisch und klappe den Bildschirm meines Himbeerlaptops auf. In meinem Postfach ist eine neue Nachricht. Dreimal dürft ihr raten von wem.
    Mein Herz klopft, als ich die Mail öffne, und auf meinem Gesicht liegt ein Lächeln. Phillip muss sie noch vor seinem Abflug auf dem Handy geschrieben haben, kurz nachdem wir uns voneinander getrennt haben. Oder gibt es im Flughafen öffentliche Computerterminals? Auf dem Bildschirm erscheint ein Songtext, den Phillip in seine Mail kopiert hat. Eigentlich muss ich ihn gar nicht lesen. Ich kenne ihn auswendig.
    Mir fehlen die Worte, ich
    hab die Worte nicht,
    dir zu sagen, was ich fühl’.
    Ich bin ohne Worte, ich
    finde die Worte nicht,
    ich hab keine Worte für dich.
    Mir fehlen die Worte, ich
    hab die Worte nicht,
    dir zu sagen was ich fühl’.
    Ich bin ohne Worte, ich
    finde die Worte nicht,
    ich hab keine Worte für dich.
    Ich weiß, es dir zu sagen, wär nicht schwer,
    wenn Worte meine Sprache wären,
    dir ’n Lied zu schreiben wäre nicht schwer,
    wenn Worte meine Sprache wären.
    Mir läuft fast das Herz über. Ich halte den Atem an und heule, als ich den Text lese, der sich direkt in meine Seele brennt. Die Melodie erklingt in meinem Kopf. Darunter steht:
    Du fehlst mir jetzt schon.
    Ich liebe Dich.
    Phillip.
    *
    In den nächsten Tagen geht es mir Stück für Stück ein kleines bisschen besser. Phillip und ich telefonieren fast jeden Tag kurz miteinander, damit wir wenigstens unsere Stimmen hören und uns sagen können, dass wir uns lieben und wie sehr wir uns vermissen. Wenn ich an meine nächste Handyrechnung denke, krieg ich zwar jetzt schon Pusteln und graue Haare, aber das muss jetzt einfach mal sein. Natürlich hab ich ’ne Flatrate. Aber ob die auch für Auslandsgespräche gilt? Das sollte ich dringend überprüfen. Falls nicht, fürchte ich, dass ich demnächst Meat Loaf noch mal durchschütteln und ihm die restliche Geburtstagskohle entlocken muss. Es geht nicht anders. Sorry, Meat Loaf. Oder ich muss mir einen gut bezahlten Ferienjob suchen. Vielleicht als Badeaufsicht oder Eisverkäuferin. Aber ob man da viel verdient? Ich mache mir vorsichtshalber einen Knoten ins Ohr und nehme mir vor, mich mal umzuhören. Fragen kostet schließlich nichts, und wenn ich einen Ferienjob hätte, hätte ich vielleicht nicht nur genug Kohle für meine Handyrechnung, sondern gleichzeitig auch ein bisschen Ablenkung von meinem trübseligen Dasein.
    Phillip und sein Vater sind mit einem Mietwagen (ein großer Chevrolet, klar. Was sonst?) an der Westküste unterwegs und schlafen fast jede Nacht in einem anderen Motel. Da klappt es mit Mails, Skypen und Chatten manchmal einfach nicht. Das wird sich erst ändern, wenn sie in ein paar Wochen am Ziel ihrer Reise sind und Phillip endlich bei seiner Gastfamilie in Berkeley eincheckt.
    „Conni!“, ruft meine Mutter von irgendwo.
    „Was?“
    „Besuch für dich!“
    „Schick rauf!“
    Besuch? Hm, eigentlich erwarte ich niemanden. Na gut … Ich wälze mich von meinem Bett und ziehe die Tagesdecke an ihren vier Zipfeln glatt. Mau blinzelt genervt.
    „Sorry, Kater. Geht nicht anders.“
    „Jemand zu Hause?“ Es klopft. Die Tür geht auf.
    „Anna! Hey, cool!“
    Anna ist nicht allein. Hinter ihr stehen Lukas, Dina, Paul und ein Junge, den ich nicht kenne. Doch, klar! Es ist der Typ von Phillips Party, der Dina so verliebt angeschmachtet hat. Hab ich was verpasst? Hat Dina einen Freund? Er wischt sich eine Haarsträhne aus der Stirn und sagt: „Hi. Ich bin Marlon.“
    Marlon, soso …
    Dina presst die Lippen aufeinander und unterdrückt ein Grinsen, während sie eine Ansichtskarte in die Hand nimmt, die Billi mir aus Italien geschickt hat. Mit nichts als blauem italienischem Himmel darauf und einem kurzen Gruß: A presto, amica! – Bis bald, Freundin!
    „Wir wollen an den Waldsee“, sagt Anna und betrachtet interessiert die Bücher auf meinem Nachttisch. Es sind die USA -Bände von Phillip. Ich blättere jeden Abend darin und suche die Bilder von den Orten, an denen er gerade ist. „Hast du Lust mitzukommen?“
    Ich zögere. Eigentlich wollte ich heute ins Freibad und ein paar Bahnen abreißen. Andererseits … Schwimmen kann ich schließlich auch im See.
    „Ja, okay. Meine Sachen sind gepackt.“
    „Dann mal los“, meint Lukas, als ich meinen Rucksack schnappe und schnell noch einen schmalen Band über San Francisco in die Seitentasche schiebe.
    Hintereinander traben wir die Treppe runter. Ich rufe meiner Mutter zu, wo

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