Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)
Mai bitte dafür, dass dieser Mann für seine Verkommenheit nicht auch noch belohnt wird. Sie haben die Macht und die Möglichkeit, für Gerechtigkeit zu sorgen. Damit das Böse triumphieren kann, genügt es, dass gute Menschen nichts tun. Dies ist die Gelegenheit zu demonstrieren, dass nicht alle in Arkansas für Ignoranz und Verkommenheit stehen. Dies ist mein letztes Plädoyer zu diesem Thema. Bitte, Leute, geht zur Wahl. Macht am 18. Mai Schluss mit Fogleman.
Und übrigens – ist sonst noch jemandem aufgefallen, dass Fogleman in seinem Wahlkampfspot genauso aussieht wie Mr Burns?
8. MAI
Heute ist das Fest der Erscheinung des hl. Michael. In alten Kräuter-Almanachen heißt es, man soll die Angelikawurzel am 8. Mai ernten, weil sie dem Erzengel Michael geweiht ist.
Es heißt, wenn man Angelika im Haus hat, ändert sich das Geschick zum Besseren, denn sie bringt Segen und heilende Energie ins Haus. Weil Angelika so wohltuend ist, wurde sie nach den Engeln benannt.
Man kann sie essen, Tee daraus brühen, sie ins Badewasser legen oder einfach ein Stück davon in der Tasche tragen.
Sie ist eins der meistbenutzten Amulette aus dem Reich der Kräuter neben dem Johanniskraut (das seinen Namen von Johannes dem Täufer hat) und der High-John-Wurzel. Aber High John sollte man nicht essen, denn er ist giftig.
Übermorgen ist auch ein interessanter Tag. Der 10. Mai ist der Gedenktag Father Damiens. Inzwischen ist er übrigens der hl. Damien. Ich habe nie gedacht, dass ich das noch erleben würde. Ich glaube, es ist ein gutes Zeichen.
Nur noch zehn Tage bis zur Wahl.
10. MAI
Heute ist der Tag des hl. Damien. Die Zeit vergeht so schnell. Ehe man sich versieht, ist schon September. Oft habe ich das Gefühl, ich lebe in einer Feenzeit. In den alten Geschichten über Le Fay ist die Zeit ein instabiles Konzept. Im Reich der Fay kann man hundert Jahre an einem Tag oder einen Tag in hundert Jahren verbringen. Man kann nach einer Nacht im Feenland zurückkehren und feststellen, dass alles und alle, die man kannte, längst nicht mehr da sind. Oder man kommt nach einem ganzen Leben voller Abenteuer zurück und sieht, dass man die »wirkliche« Welt nur für eine Nacht verlassen hatte. So oder so, die Zeit ist anders. Als ich erfuhr, dass es im September ein Hearing zu meinem Fall geben soll, dachte ich: »Das ist ja schon bald.« Andere fragten: »Warum so spät?« Aber ich spüre die Nähe von Halloween auch schon am 4. Juli, und Weihnachten liegt für mich schon gegen Ende August in Reichweite.
Solange noch genügend Zeit ist, wollte ich fragen, ob alle sich vornehmen können, zu dem Hearing am 30. September zu kommen. Den korrupten Politikern in diesem Staat macht es tatsächlich etwas aus, von Leuten beobachtet zu werden. Wenn das Oberste Gericht von Arkansas sieht, wie viele Menschen sich für diesen Fall interessieren, werden sie es sich vielleicht zweimal überlegen, ihn noch einmal unter den Teppich zu kehren. Deshalb kann es sehr wichtig sein, dass Sie anwesend sind. Es ist eine Botschaft. Wenn Sie kommen können, kommen Sie bitte. Wir brauchen ein volles Haus. Wir sind auf der Zielgeraden, und wenn der September erst angefangen hat, wird alles sehr schnell gehen. Wir brauchen euch, Leute. Bitte kommt.
5. JUNI
Der Gouverneur hat jetzt einen Ausschuss zusammengestellt, der herausfinden soll, wie der Staat im Strafvollzug Kosten sparen kann. Vielleicht würde es schon helfen, wenn sie aufhören wollten, Millionen von Dollars dafür auszugeben, den Deckel auf diesem Fall zu halten. Aber sie geben buchstäblich Millionen Dollar an Steuergeldern aus, nur damit sie nicht zugeben müssen, dass sie einen Fehler gemacht haben.
Statt zu tun, was richtig ist, werden sie den Lebensmitteletat noch einmal kürzen. Das tun sie meistens. Sie reduzieren die Anzahl der Kalorien, die jeder pro Tag bekommt. Außerdem haben sie entschieden, dass wir keine Kopfhörer mehr haben dürfen. Vorher haben sie uns Kopfhörer zum Preis von ungefähr dreißig Dollar pro Stück verkauft, und damit konnte man Musik hören. Leider gehörte es zu den Lieblingsbeschäftigungen der Wärter, in den Zellen auf diese Kopfhörer zu treten. Die Gefangenen fingen an, Schadenersatzansprüche vor dem Bagatellgericht zu stellen, und die Wärter wurden gezwungen, die Kopfhörer zu bezahlen. Statt nun die Wärter aufzufordern, die wenigen Habseligkeiten der Gefangenen nicht weiterhin böswillig zu zerstören, sagte das Gefängnis einfach: Schluss mit den
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