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Mein Leben Ohne Gestern

Mein Leben Ohne Gestern

Titel: Mein Leben Ohne Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Genova
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befestigt.
    »Was hat sie?«, flüsterte Alice.
    »Nichts, sie ist nur müde«, sagte John.
    »Sie sieht schrecklich aus.«
    »Psst, das soll sie nicht hören.«
    Der Raum sah nicht aus wie ein Krankenzimmer. Er enthielt noch ein anderes Bett, kleiner und ungemacht, neben dem, in dem die Frau schlief, dazu einen großen Fernseher in der Ecke, eine entzückende Vase mit gelben und rosa Blumen auf einem Tisch und Hartholzböden. Vielleicht war es gar kein Krankenhaus. Es könnte ein Hotel sein. Aber warum hatte die Frau dann diesen Schlauch in ihrer Hand?
    Ein attraktiver junger Mann kam mit einem Tablett mitKaffee herein. Vielleicht ist er ihr Arzt . Er trug eine Red-Sox-Mütze, Jeans und ein Yale-T-Shirt. Vielleicht ist er vom Zimmerservice .
    »Herzlichen Glückwunsch«, flüsterte John.
    »Danke. Tom habt ihr gerade verpasst. Er kommt heute Nachmittag wieder. Hier, ich habe für alle Kaffee und für Alice Tee gebracht. Ich gehe die Babys holen.«
    Der junge Mann kannte ihren Namen.
    Der junge Mann kam wieder, rollte einen Wagen mit zwei durchsichtigen, rechteckigen Plastikwannen herein. Jede der Wannen enthielt ein winziges Baby, ihre Körper waren ganz in weiße Decken gewickelt, und ihre Köpfe steckten in weißen Mützchen, sodass nur ihre Gesichter zu sehen waren.
    »Ich werde sie wecken, sie will euren Besuch sicher nicht verschlafen«, sagte der junge Mann. »Schatz, wach auf, wir haben Besuch.«
    Die junge Frau wachte widerstrebend auf, aber als sie Alice und John sah, leuchteten ihre matten Augen auf. Sie lächelte, und ihr Gesicht nahm einen lebendigen Ausdruck an. Oh mein Gott, das ist ja Anna!
    »Herzlichen Glückwunsch, meine Kleine«, sagte John. »Sie sind wunderschön.« Und dann beugte er sich zu ihr hinunter und küsste ihr die Stirn.
    »Danke, Dad.«
    »Du siehst toll aus. Wie fühlst du dich? Alles okay?«, fragte John.
    »Danke, alles okay, ich bin nur erschöpft. So, hier sind sie. Das hier ist Allison Anne, und dieses kleine Kerlchen ist Charles Thomas.«
    Der junge Mann reichte John eines der Babys. Er selbst hob das andere Baby hoch, das mit der rosa Schleife an seinem Mützchen, und hielt es Alice hin.
    »Möchtest du sie halten?«, fragte der junge Mann.
    Alice nickte.
    Sie hielt das winzige, schlafende Baby, seinen Kopf in ihrer Armbeuge, sein Gesäß in ihrer Hand, seinen Körper an ihre Brust gedrückt, sein Ohr an ihrem Herzen. Das winzige, schlafende Baby tat winzige, leichte Atemzüge durch winzige, runde Nasenlöcher. Alice küsste instinktiv seine rosa fleckige, pummelige Wange.
    »Anna, du hast deine Babys bekommen«, sagte Alice.
    »Ja, Mom, du hältst deine Enkelin Allison Anne in deinen Armen«, sagte Anna.
    »Sie ist vollkommen. Ich liebe sie.«
    Meine Enkelin . Sie sah das andere Baby mit der blauen Schleife in Johns Armen an. Mein Enkel .
    »Und sie werden nicht Alzheimer bekommen, so wie ich?«, fragte Alice.
    »Nein, Mom, das werden sie nicht.«
    Alice holte einmal tief Luft, sog den köstlichen Geruch ihrer schönen Enkelin tief in sich ein, durchströmt von einem Gefühl von Erleichterung und Frieden, das sie seit langer Zeit nicht mehr verspürt hatte.

    »Mom, die NYU und die Brandeis-Universität haben mich beide angenommen.«
    »Oh, das ist ja so aufregend. Ich kann mich noch erinnern, wie ich mit der Uni angefangen habe. Was wirst du studieren?«, fragte Alice.
    »Theater.«
    »Das ist ja wunderbar. Ich war in Harvard. Das hat mir unglaublich gut gefallen. Was hast du gesagt, auf welche Uni du gehen wirst?«
    »Ich weiß es noch nicht. Die NYU und Brandeis haben mich beide angenommen.«
    »Auf welche willst du denn gehen?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Ich habe mit Dad geredet, und er will unbedingt, dass ich auf die NYU gehe.«
    »Willst du denn auf die NYU gehen?«
    »Ich weiß nicht. Sie hat den besseren Ruf, aber Brandeis würde mir besser passen. Ich könnte in der Nähe von Anna und Charlie und den Babys sein und bei Tom und dir und Dad, falls du bleibst.«
    »Falls ich wo bleibe?«, fragte Alice.
    »Hier in Cambridge.«
    »Wo sollte ich denn sonst sein?«
    »In New York.«
    »Ich werde nicht in New York sein.«
    Sie saßen nebeneinander auf einer Couch und legten Babysachen zusammen, sortierten die rosa und die blauen auseinander. Der Fernseher flackerte ihnen Bilder entgegen, ohne Ton.
    »Es ist nur so, wenn ich in Brandeis zusage und ihr beide, du und Dad, nach New York zieht, dann werde ich das Gefühl haben, am falschen Ort zu sein, als hätte ich die

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