Mein letzter Tampon
Und du profitierst genauso. Vor allem wirst du dabei eins lernen: Alles das, was wir vor zwanzig Jahren als spießig angesehen haben, ist jetzt wieder voll okay. Du wirst sehen, die jungen Leute haben noch einen Riesenhaufen Arbeit vor sich, bevor sie so unverklemmt auf die Welt zugehen können wie du.
Damit wir uns hier nicht falsch verstehen: Du sollst jetzt nicht einen auf jugendlich machen, deine Kids in die Disco begleiten und so elegant mit nach hinten abgeklappten Händen in zu langen Pulloverärmeln herumstehen. Das wäre unglaublich peinlich für die Kids. Aber du solltest schon wissen und nicht nur ahnen, was die Welt bewegt. Denn, meine liebe Freundin, du bist ein Teil dieser Welt. Wenn sie dich nicht mehr interessiert, dann kannst du wirklich gleich aus dem Fenster springen. Dazu brauchst du es nicht aufzumachen!
Mach dich nicht klein
Du willst wieder zurück in den Beruf oder suchst einen neuen Job? Wenn du jetzt denkst, das klappt sowieso nicht, dann ist dir nicht zu helfen. Klar ist die Konkurrenz groß. Aber du bist auch nicht ohne. Also überlege erst einmal, welche Vorteile du gegenüber der Konkurrenz hast. Ich kriege z. B. pro Jahr rund fünf Bewerbungen von Frauen über vierzig, wöchentlich aber mindestens fünf Bewerbungen von Frauen Mitte zwanzig.
Und da lauert die erste Falle: Warum bewerben sich nicht mehr erwachsene, gereifte, routinierte Frauen in meiner Firma? Ich sag’s dir: Sie trauen sich nicht. Und die, die sich bewerben, machen sich klein. Da trieft die Larmoyanz zwischen den Zeilen. Sie entschuldigen sich, dass sie schon so alt sind. Weisen allerdings auf ihre trotzdem hohe Belastungsfähigkeit hin. Die Damen führen Computerkurse auf, die sie belegt haben, Weiterbildungen etc. und entkräften diese schönen Argumente mit dem Satz: Ich habe versucht, mich auch geistig fit zu halten.
Ich könnte jedes Mal schreien bei diesen Bewerbungen. Denn was ich suche, das könnten mir diese Frauen mit einer anderen Mentalität durchaus bieten. Ich habe nämlich die Nase voll davon, alle zwei Jahre eine neue Sekretärin zu suchen und dabei die Mutterschaft meiner alten zu bezahlen. Ich habe gestrichen die Nase voll davon, zweimal im Monat auf meine Buchhalterin verzichten zu müssen, weil eins ihrer Kinder mal wieder die Röteln, die Masern oder die Grippe hat oder der Kindergarten bestreikt wird. Ich habe noch mehr die Nase davon voll, Montagfrüh die dunklen Schatten unter den Augen meiner Mitarbeiter zu sehen oder ihre Krankmeldung wegen „Migräne“ zu erhalten. Und am allermeisten habe ich die Nase davon voll, wenn die Hühner ab halb fünf nur noch an ihr bevorstehendes Rendezvous denken und sich nicht damit abfinden wollen, dass es ein bisschen später wird, weil ein Kunde unbedingt noch heute etwas haben will, was mir ausschließlich meine Hühnchen beschaffen können.
Wovon ich träume, ist ein Hausdrachen. Jawohl. Eine gestandene Frau, die Lust hat, ihren Beruf ernst zu nehmen, sich mit der Firma und den Kunden identifiziert und die nicht durch die Kleinkinderkatastrophen oder den Loverstress geschwächt ist. Eine Mitarbeiterin, auf die ich mich hundertprozentig verlassen kann und die im Zweifelsfall noch in ihren schweißtreibenden Nächten in Gedanken die Einladungs- oder Buchungslisten wälzt. Eine Mitarbeiterin, die es sich und der Welt so richtig zeigen will. Statt auf diese Vorteile hinzuweisen, die eine Frau in unserem Alter hat, entschuldigen sich die Bewerberinnen für ihr Vorhandensein.
Und das ist genau der Grund, warum ich mir keine dieser Bewerberinnen angucke. Ich brauche nämlich keine deprimierten, larmoyanten Mitarbeiterinnen, sondern gestandene, selbstbewusste Frauen. Also, wenn du das nächste Mal eine Bewerbung schreibst, dann frage doch mal, ob sie nicht eine Mitarbeiterin brauchen, die hoch motiviert ist, flexibel in der Arbeitszeit, routiniert und neben einer guten Ausbildung auch noch eine gesunde Portion Humor und Lebenserfahrung mitbringt. Wetten, dass dieser Punkt an dich geht?
Und dann überlege unbedingt, in welchen Branchen, in welchen Firmen man gestandene Frauen braucht. Sich als reife Verkäuferin in einem Jeansshop zu bewerben, ist Kosmetik fürs Arbeitsamt. Sich als Vierundzwanzigjährige um die Leitung eines Seniorenheims zu bewerben desgleichen.
Will damit sagen: Es gibt eine Menge Jobs, die man erst bekommt, wenn man das richtige Alter dafür hat. Wenn du also früher Verkäuferin in einem Jeansshop warst, dann bewirb dich doch als
Weitere Kostenlose Bücher