Mein letzter Tampon
Entwicklung hält Möglichkeiten für uns bereit, von denen wir vor Jahren nicht mal zu träumen gewagt hätten. Dass ich heute mit meinem Smartphone oder Tablet irgendwo auf der Welt auf einer Parkbank sitzen und Nachrichten empfangen, im Internet surfen und Bücher lesen kann, allein diese Vorstellung macht mich glücklich. Denn sie gibt mir ein Stück Freiheit. Auch wenn ich nie auf einer Parkbank sitze und sende, die räumliche Unabhängigkeit von einem Büro ist etwas, wovon ich früher geträumt habe.
Ich weiß, dass du nicht von gestern bist. Sonst könntest du dieses Buch nicht als E-Book lesen. Als ich das erste Mal ein Buch bei Kindle Direct Publishing hochgeladen habe, bin ich schier verzweifelt. Aber was für eine Möglichkeit! Und es hat sich gelohnt, sich durch Gebrauchsanweisungen und Kollegentipps zu wühlen.
Trotzdem weiß ich, dass es schwer ist, sich ständig auf etwas Neues einzustellen. Lass niemals zu, dass bei dir eine technologische Lücke entsteht. Das bedeutet aber auch, dass du mindestens alle zwei Monate eine Zeitschrift lesen solltest, in der über die neuesten technischen Entwicklungen berichtet wird. Denn wenn du nicht dran bleibst, dann liegt deine Zukunft wirklich hinter dir.
Wie, das langweilt dich? Oh, es kommt noch schlimmer.
Ich bin eine Nikkei
Okay, du liest also nicht mehr täglich eine Tageszeitung. Dafür liest du deine Zeitungen im Internet. Warum auch nicht. Aber liest du auch alles? Natürlich, höre ich dich im Brustton der Überzeugung sagen. Aha. Du liest also jeden Tag Politik, die Kommentare, Lokales aus deiner Stadt, Wirtschaftsnachrichten, Sport, Feuilleton, Wissenschaft und Vermischtes? Ach so, Politik interessiert dich überhaupt nicht. Und diese öde Wirtschaft, gähn? Na ja, wenn du Nikkei für eine japanische Kamera hältst, auch gut. Aber bitte erwarte nicht, dass dich irgendjemand ernst nimmt, wenn du behauptest, dass die an der Börse sowieso alle Verbrecher seien.
Wenn du auch dazu neigst, Urteile zu fällen, ohne dich im Mindesten um die Fakten zu kümmern, dann wird es Zeit, dass du umdenkst. Wie, du kennst doch die Fakten? Woher denn? Aus dem Yahoo!-Magazin? Ehrlich, du solltest dich klonen lassen.
Wenn du also mit dem Querfeldeinlesen am Morgen durch bist, dann hast du noch einiges vor dir. Denn ein Magazin pro Woche solltest du dir schon antun, ob nun Stern, Spiegel oder Focus ist sicher Geschmackssache. Aber auch hier gilt: Bitte lies nicht nur das Neueste von Prinz Charles und Camilla unter „Vermischtes“.
Wenn du die Welt wirklich verstehen willst, musst du sogar noch einen Schritt weiter gehen: Kaufe dir einmal im Monat Zeitschriften, die du nicht mal geschenkt haben möchtest. Zum Beispiel Bravo, Playboy, Computerbild, Maxi etc. Sprich: Zeitschriften, für die du so gar nicht zur Zielgruppe gehörst. Und dann arbeite dich, wohlig entspannt auf der Terrasse liegend, durch diese Quellen neuer Ideen, Visionen, Trends und Weltbilder. Spätestens nach der dritten Zeitschrift wirst du etwas ganz Erstaunliches feststellen: Wie aus der Pistole geschossen kannst du sagen, was im Augenblick angesagt ist.
Nicht dass du danach heute noch leben müsstest, aber zu wissen, wohin der Zug fährt, hilft, deinen Kopf auf der Höhe der Zeit zu behalten.
Natürlich kannst du das Ganze auch einfacher haben. Du brauchst nur jeden Tag (ohne zu zappen!) rund acht Stunden fernsehen. Inklusive Nachrichten, Politmagazine, Kulturberichterstattung, Fußballübertragung, Kinderfernsehen, Talk- und Gameshows (beides bildet ungemein) und Werbung.
Was gerade so läuft
Apropos Werbung. Ging es dir neulich im Kino vielleicht auch so, dass du von fünf Werbespots nur zwei verstanden hast? Okay, du bist nicht mehr Zielgruppe für Jeans und Haargel, aber das ist trotzdem kein gutes Zeichen. Denn Werbespots sind sozusagen die Quintessenz dessen, was gerade so läuft. Wenn du das nicht mehr verstehst, dann solltest du dir wirklich Gedanken machen und siehe oben anwenden. Wenn du allerdings überhaupt nicht mehr ins Kino gehst, dann schicke mir bitte deine Adresse, damit ich kondolieren kann.
Wirklich hilfreich sind junge Freunde, wenn man nicht mit eigenem Nachwuchs aufwarten kann. Versuch doch einfach mal, dich mit Leuten anzufreunden, die fünfzehn bis zwanzig Jahre jünger sind als du. Das ist viel einfacher, als du denkst. Denn die Jüngeren sind froh, mal mit Leuten was zu machen, die ihnen eine neue Welt erschließen, ohne dabei elterngleich den Zeigefinger zu heben.
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