Mein perfekter Sommer
Paradies?«, fragt sie mit Unschuldsblick.
Panisch schau ich mich um, aber sonst scheint niemand ihre Bemerkung gehört zu haben. Außer Reeve. Der wirkt reichlich angespannt.
»Kein Stress – das ist nur PMS!«, sagt Grady, der mit der
Baseballkappe über den Augen daliegt. »Bei diesen Weibern ist es immer Scheiß-PMS – argh!« Er schreit auf, als Fiona ihre Limodose über seiner nackten Brust umdreht. Mit klebriger Flüssigkeit bespritzt rappelt er sich hoch. »Was soll das zum Geier?«
»Ups«, sagt sie trocken. »Müssen wohl mal wieder diese verdammten Tage sein.«
Während sie zanken, versuche ich Olivias Blick auf mich zu lenken. Beinahe hätte sie mich verraten, wie konnte sie das nur tun? Doch sie stiert nur auf ihr Buch, als ob ihr gar nicht klar ist, wie knapp das eben war. Und vielleicht ist es das auch gar nicht.
Schließlich lege ich mich wieder hin. Aber statt träge in der Sonne zu dösen, spüre ich eine wachsende Beunruhigung. Alles war prima, als zu Hause noch zu Hause war und Stillwater Stillwater. Aber jetzt wird auf einmal alles durcheinandergewürfelt und ich kann es nicht mehr auseinanderhalten. Die alte Olivia hätte niemals meine Geheimnisse preisgegeben, ihr konnte ich alles anvertrauen. Aber dieses neue Mädchen, die ihre Gastgeberin unhöflich behandelt, meine Sachen konfisziert und ohne Unterbrechung über das bevorstehende Ende der Welt daherkläfft? Ich weiß nicht, wie das mit der ist. Ich hab das Gefühl, sie überhaupt nicht zu kennen.
Nach einer Weile stupst Ethan mich mit seinem nackten Fuß ans Bein. »Ich fahr morgen flussaufwärts. Willst du zum Angeln mitkommen?«
»Mit meinem Sündenregister?«
»Ach, hör doch auf. Wir können doch einen Gefährten für den armen Derek suchen, den wir ihm in den Fischhimmel hinterherschicken.«
Ich entspanne mich. Als ich an meinen unerwünschten Erfolg mit der Angelrute zurückdenke, muss ich lachen. »Bei meinem Glück treibe ich gleich eine ganze Bande von Gefährten für ihn auf.«
»Genau.« Ethan grinst mich freundlich an. »Du bist zufällig mein Glücksbringer.«
»Derek?« Mit einem fragenden Blick mischt Olivia sich ein. Sie hat sich von der Gruppe abgesondert und sich in den Schatten einer der ausladenden Fichten verzogen.
»Das ist der Fisch, den Jenna gefangen hat«, antwortet Ethan für mich. »Und das war ein ganz schön großer.«
»Stimmt ja gar nicht«, protestiere ich.
»Und ob.« Ethan grinst mir zu. »Hab ewig gebraucht, bis er tot war, immer wieder musste ich mit diesem Stein auf ihn einschlagen.«
»Pah!« Ich boxe ihn spielerisch und er schubst mich.
»Du hast dich nicht beklagt, als du das arme Ding gegessen hast.«
Olivia schnappt nach Luft, ihre Augen sind weit aufgerissen. »Du hast angefangen, Fleisch zu essen?«
Ich mache mich auf eine Brandrede zur vegetarischen Lebensweise gefasst, aber stattdessen meldet sich Reeve zu Wort und ätzt: »Die kann man nicht mitnehmen, wenn Wasser in der Nähe ist, Mann. Sie fällt nur wieder rein.«
Ich tu so, als hätte ich den Stich gar nicht bemerkt, aber es
piekt immer noch. »Werdet ihr mich das denn nie vergessen lassen?«
»Nein«, antworten alle drei Jungs sofort. Und wieder ein fragender Blick von Olivia.
»Es war einmal eine Kajaktour, die schiefging«, sage ich schnell, obwohl ich langsam keine Lust mehr hab, was zu erklären. Zumal ich ihr schon alles darüber berichtet hab. »Davon hab ich dir bestimmt am Telefon erzählt.«
»Kann sein.« Sie blättert ihre Seite um. Einen Augenblick lang starre ich sie ratlos an. Mir kommt es so vor, als ob sie mit mir rumzickt, aber ich hab keinen Schimmer, warum.
»Egal, ich glaub, diese Tour lasse ich mir entgehen.« Ich dreh mich wieder zu Ethan um. »Da wird noch jede Menge aufzuräumen sein nach der Party heute Abend.«
»Dann muss ich mich ohne dich durchschlagen.« Er grinst.
»Nimm doch einen von deinen Jungs mit, Ethan«, lässt Olivia sich vernehmen. »Ist das nicht so ein Männerding – angeln? Typen, die sich da draußen in der Wildnis verbrüdern mit ihren Ruten und so – ganz Brokeback …«
»Livvy«, ich setze mich so schnell auf, dass mir schwarz wird vor Augen. »Wolltest du mir nicht noch mehr über diesen Guru-Typen erzählen?«
»Der ist kein Guru, er ist Visionär einer nachhaltigen Lebensweise.« Mit gerunzelter Stirn mustert sie mich und setzt zu einer langen Schilderung an, in der sie detailliert ausführt, wie dieser Typ alles in seinem Leben
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