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 Mein spanisches Dorf

Mein spanisches Dorf

Titel: Mein spanisches Dorf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Schwaiger
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Fenster und fragt, ob er nachsehen soll. Ja, sage ich, aber laß ihn nicht herauf, mein Vater wird sonst böse. Der Rudi macht das Fenster auf und schaut hinunter. Er steht noch immer unten, sagt er. Mach zu, sage ich, mein Vater schimpft sonst fürchterlich. Und der Rudi macht das Fenster wieder zu.
    Das ist nicht der Anfang und auch nicht der Schluß. Die Geschichte vom Dornhofer Joe hat für mich keinen Schluß. Der Anfang, das war vielleicht, daß er in der siebten Klasse damals aus dem Gymnasium geflogen ist. Aber er wollte studieren, und er arbeitete tagsüber im Finanzamt und lernte am Abend für die Fernmatura. Seit einiger Zeit ist er tot, und ich habe ein gedrucktes Papier auf dem Tisch liegen. Christliches Andenken an Herrn Johann Dornhofer, Vertragsbediensteter im Finanzamt, welcher am 1. Januar 1976 um 14 Uhr 30 völlig unerwartet im 34. Lebensjahr sanft im Herrn entschlafen ist. Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt, ist nicht tot, nur fern. Mein Jesus, Barmherzigkeit. Und daneben der Dornhofer Joe im weißen Hemd, mit Sakko und Fliege. Hinten Maria in der Anbetung der Könige, Kefermarkter Altar. Apostelgruppe aus Mariens Tod.
    Er wird nun nicht mehr auf Leiterwagen steigen und Reden halten an uns Gymnasiasten und sonstige Scherzartikel, wie er das gern gesagt hat, und wie wir uns dann gekrümmt haben vor Lachen über seine Einfälle. Der trinkfeste Joe, immer und überall dabei. Unsere Stimmungskanone. Oscarverdächtig, sagte er, wenn wir aus dem Kino durch die Stadt gingen auf der Suche nach einem Wirtshaus, wo wir noch bis Mitternacht bleiben wollten.
    Nach so einem Kinobesuch wollten wir zu mir nach Hause, Rudi und Lisi und ich. Ich komme mit, sagte der Joe. Und wir stapften zu viert durch den Schnee, bis vors Haustor. Joe, du mußt warten, sagte Rudi, dem ich schon vorher etwas ins Ohr geflüstert hatte.
    Daß ihr in eurem Kreis so niveaulose Elemente habt wie diesen Dornhofer, hat der Vater immer wieder gerügt. Aber der Joe wollte mitkommen. Was machen wir mit ihm? Zur Sicherheit drehe ich leise den Haustorschlüssel um, weil der Joe draußen wartet, ob die Luft rein ist und er heraufkommen darf. Und nach einer halben Stunde macht Rudi das Fenster auf, um zu sehen, ob der Joe endlich gegangen ist. Aber er steht unten, und es hat wieder zu schneien begonnen und sein Kopf ist angeschneit.
    Zu seinem Begräbnis wollte ich dann gehen. Aber ich hätte mich geniert.
    Der Joe hat gesoffen, mehr als die anderen. Aber er hat sich das Saufen abgewöhnt und eine geheiratet, die er liebte. Zwei Kinder gehabt mit der. Vielleicht wieder zu saufen begonnen, ich weiß es nicht. Sie ließ ihn dann allein mit den Kindern, um mit irgendeinem anderen Mann zu leben. Und dann gab es eine Party, am 31. Dezember, zu der war er eingeladen. Er kam und trank nichts und blieb nur bis zehn, weil er die Kinder nicht so lange allein lassen wollte. Er setzte sich auf sein Moped und fuhr nach Hause. Stocknüchtern. Der Weg war eisig. Irgendwie ist er gestürzt. Mit einer Gehirnerschütterung blieb er liegen bis zum Neujahrsmittag. Eine Frau hat ihn gefunden, da war das Blut aus seinen Ohren schon getrocknet. Der Joe wäre einer von denen auf der Brücke von San Luis Rey. Und ich höre noch immer Rudi das Fenster schließen und sagen: Er geht nicht weg, er steht noch immer unten.

Sehr geehrter Herr Dr. Hohler!
     
     
    Mit Bezugnahme auf Ihren Artikel im «Basler Magazin» vom 4. 3. d. J., «Warum ist Doktor Zärtlich keine Frau?», in welchem Sie u. a. den Roman «Wie kommt das Salz ins Meer» meiner Ex-Gattin erwähnen und meinen, man müßte auch aus der Sicht des «anscheinend einsichtslosen» Mannes Rolf die ganze Geschichte hören, erlaube ich mir höflichst, Ihnen zu antworten.
    Meine berufliche völlige Auslastung gestattet es mir nicht, eine Gegendarstellung im seitlichen Umfang jenes «Werks» zu Papier zu bringen, wohl aber ein paar Zeilen an Sie zu richten, mit Dank für den klaren Blick, den Sie sich trotz Ihres mehr künstlerischen Berufes bewahrt zu haben beweisen.
    Auch ich habe zwangsläufig unter meiner Ehe zeitweise sehr gelitten, auch ich habe mich in vielen Punkten unverstanden gefühlt. Niemals wäre es aber mir eingefallen, unsere Intimität in der Öffentlichkeit breitzutreten. Hierzu kommt, daß meine Ex-Gattin alles zu ihren Gunsten verdreht, denn das hat sie von ihrer Mutter.
    Ich heiße, übrigens, nicht Rolf, sondern siehe Absender. Ich habe als Kind niemals ins Weihwasser gespuckt. Das Fangen von

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