Mein Weg
Reliegos an. Meine Beine gehörten irgendwie gar nicht mehr zu mir. Das war eine wirklich kräftezehrende Strecke heute, aber ich war auch ziemlich stolz auf mich. 46 Kilometer an einem Tag, das war einfach super. Vielleicht brauche ich ja auch mal etwas Reserve in meinem Zeitplan und mit der Strecke heute hatte ich mir diese auch erlaufen.
Kurz nach mir kamen Jeremy und Halina auch in der Herberge an und bekamen im selben Schlafraum wie ich ihr Bett zugeteilt. So saßen wir dann am Abend gemütlich zusammen und sahen uns das Halbfinal-Rückspiel der Championsleague zwischen Bayern München und Real Madrid an. Leider ging es über die normale Spielzeit hinaus und es gab Verlängerung. Ich war aber ziemlich müde und wollte nur noch ins Bett und so erfuhr ich erst am Morgen, dass die Bayern im Elfmeterschießen gewonnen hatten.
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17. Tag: Reliegos – León
(26 km)
Am Morgen startete ich mit Jeremy und seiner Frau. Alle drei wollten wir heute bis Leon gehen. Meist verlief der Weg wieder parallel zur Hauptstraße und lies sich nicht besonders gut laufen. In Mansilla de las Múlas frühstückten wir. Im Ortskern stand es ein schönes Denkmal: drei müde Pilger, die sich auf Treppenstufen vor einem Kreuz niedergelassen hatten. Ging es ihnen genau wie uns, oder umgekehrt? Das war natürlich ein super Motiv zum Fotografieren und wir setzten uns gleich dazu.
Am frühen Nachmittag erreichten wir León. Unsere heutige Nacht wollten wir in der Herberge des Benediktinerklosters verbringen. Gleich zu Anfang der Schreck, in unserem Schlafsaal standen Betten für 42 Wanderwütige, also Pilgerfeeling pur. Bis zum Abend waren alle 42 Betten belegt.
Auch im gleich großen Raum vor uns war bis zum Abend kein einziges Bett mehr frei. Das würde morgen früh an den wenigen Waschbecken sicher ganz eng werden. Mehr, als jeweils zwei Waschbecken für die Männer und zwei für die Frauen, gab es nicht.
Ich gab das Meiste meiner Wäsche zum Waschen und Trocknen ab. Für 8,- € zwar etwas teuer, aber äußerst nötig und man brauchte es nicht selber machen. Das Wäschewaschen wurde von den Schwestern übernommen. Man legte lediglich alles in einen Korb und dazu einen Zettel mit seinem Namen.
Dass es ein Waschen mit Überraschung werden sollte, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Am späten Nachmittag schlenderten wir zusammen von der Herberge zur Kathedrale. Die Kathedrale von León ist ein sehr beeindruckendes Gebäude. Es heißt, dass sie vielleicht die schönste Kathedrale Spaniens sein soll. Für 5,- € Eintritt bekommt man auch einen Audioguide und kann dann die Kathedrale auf eigene Faust erkunden. Das wollte ich mir, anders als in Burgos, dieses mal nicht entgehen lassen.
42 Betten in engen Räumen
Im Stil der französischen Gotik ist das Bauwerk einfach atemberaubend. Die Höhe der Pfeiler und des gesamten Kirchenschiffes ist überwältigend und war für das 13. Jahrhundert einzigartig. Allein die Fensterfläche be-trägt ca. 1.800 qm. Nach der Besichtigung gönnten wir uns noch ein Pilgermenü.
Die Kathedrale von León im Stil der französischen Gotik
Zurück in der Herberge, fand ich meine Wäsche gleich neben der Eingangstür zum Schlafsaal wieder. Alles war sauber und trocken. Alles? Beim Sortieren bemerkte ich dass ein Handschuh und zwei Unterhosen fehlten.
„Na super!“, eine hatte ich ja noch an und zur Not auch noch die Badehose dabei.
Ich fragte beim Hospitaliero nach und er durchsuchte daraufhin noch mal den Waschraum, um mit leeren Händen zurückzukommen. Es lag auch nichts mehr in der Waschmaschine oder dem Trockner.
„Und nun?“ fragte ich.
Plötzlich schien er eine Idee zu haben. Er führte mich, in einer anderen Bettenreihe unseres Schlafsaales, zu einem weiteren Wäschekorb eines Radpilgers. Den durchsuchte ich gleich und fand zum Glück meine fehlenden Teile wieder.
„Na Gott sei Dank“, das endete noch mal gut.
Somit konnte ich den Tag in Ruhe und mit Ohropax für die Nacht beenden.
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18. Tag: León – Hospital de Órbigo
(37,8 km)
Der 13. Tag auf meinem Camino begann gleich mit Tränen. Schon beim Aufstehen hatte ich von meiner Frau die Mitteilung bekommen, dass letzte Nacht die Mutter meines Freundes verstorben sei.
Ich kannte Renate seit vielen Jahren. Weil sie die letzten beiden Jahre im Koma lag und sich keine Besserung abzeichnete, wussten wir alle, dass dies irgendwann passieren könnte, aber wenn es dann geschieht, ist es doch so unerwartet. Das Schlimmste für
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