Mein Weg
mich war aber auch, dass ich jetzt nicht bei ihm und seiner Frau sein konnte. Ich konnte überhaupt nichts tun. Unter Tränen schickte ich Andreas und Karina eine SMS und sprach ihnen mein Beileid aus. Ich hätte anrufen können, aber dazu fehlte mir irgendwie der Mut.
Ich war froh, dass ich mit Jeremy zusammen gehen konnte. Seine Frau tröstete mich und erzählte mir von Gottes Wille und Gebeten und dass sie es nun besser haben würde. Richtiger Trost war es zwar nicht, da ich sehr genau wusste, wie man sich bei dem Verlust eines Elternteiles fühlt. Ich habe meine Eltern schon beide verloren.
Über die Hochebene nach Chozas de Abajo
Bei leichtem Nieselregen gingen wir los. Es war noch ein langer Weg bis zur Stadt hinaus. Im Vorort La Virgin del Camino machten wir Pause für unser Frühstück. Kurz danach trennten sich jedoch unsere Wege. Ich wollte die alternative Route über die einsamen Pisten der kastilischen Felder gehen. Jeremy entschied sich für die Hauptroute neben der viel befahrenen Nationalstraße N-120. Ich wollte einfach nur Ruhe und den Tag allein für mich verbringen, also war ich auch ganz froh über die Trennung. Wir würden uns bestimmt wiedersehen.
Die römische Brück in Hospital de Órbigo
Nach einem kurzen Winken folgte ich der andere Route über Villar de Mazarife und verließ die laute Straße. Mein Strecke verlängerte sich zwar somit um ca. drei Kilometer, aber das war mir egal. Landschaftlich war dieser Weg auf alle Fälle schöner und ich allein, um meinen Gedanken nachzuhängen. In Villar de Mazarife hatte ich bereits 21,5 Kilometer hinter mir und dort wollte ich auch bleiben. Da die Uhr erst 13:00 Uhr anzeigte, legte ich eine kurze Rast ein, trank ein frisches, kühles Bier und machte mich wieder auf den Weg, um noch nach Hospital de Órbigo zu laufen. Die nächsten 13,5 Kilometer gaben mir noch mal genügend Zeit zum Nachdenken. Wie gerne wäre ich jetzt zu Hause. Ich nahm mir fest vor, wenn ich in Santiago bin, werde ich für Renate in der Kathedrale beten.
Herberge „San Miguel“
Gegen 17:00 Uhr erreichte ich die Albergue „San Miguel“, eine sehr gemütliche Herberge, wo die Pilger malen können. Wer möchte, kann sich Malutensilien geben lassen und einfach loslegen. Die schönsten Bilder werden in den Räumen ausgestellt. Im Eingangsbereich gab es einen Kamin und ich setzte mich nach dem Duschen mit anderen Pilgern ans Feuer. Die Wärme tat richtig gut. Nach dem Abendessen verkroch ich mich gleich ins Bett. Der heute Tag war sehr kräftezehrend gewesen. Zum einen die vielen Kilometer, die ich hinter mir hatte, zum anderen, und was bedeutend mehr wog, meine Gedanken an zu Hause, die mich die ganze Zeit beschäftigten.
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19. Tag: Hospital de Órbigo – El Ganso
(31,5 km)
Nach einem nicht so üppigen Frühstück brach ich heute erst um 8:00 Uhr auf. Ich wollte den Tag etwas gemütlich angehen. Dieselbe Idee hatte der Wind heute offenbar auch. Es war windstill und das Wandern machte so gleich viel mehr Spaß. Ich hatte mir noch kein konkretes Ziel für den Tag gesetzt. So wie es kommt, so kommt es eben. Nach ca. 15 Kilometern, in einem Vorort von Astorga, genoss in aller Ruhe mein Frühstück bei einem Gespräch mit einem Pilgerpaar aus Kanada.
Nach Astorga war es nicht mehr weit und ich nahm mir die Zeit, um die Kathedrale und das Museum der Kathedrale anzusehen. Es war ziemlich beeindruckend, was es dort für Kostbarkeiten zu sehen gab. Nach ausgiebiger Besichtigung und einem kurzen Halt für ein frisches Bier setzte ich meine Wanderung fort.
Kathedrale und Kathedralmuseum in Astorga
Interessant ist, dass in Astorga, der aus Sevilla kommende Jakobsweg „Vía de la Plata“, auf den „Camino Francés“ trifft. Somit war Astorga immer schon ein wichtiger Punkt auf dem Jakobsweg.
Zwischen Santa Catalina de Samoza und El Ganzo
Gegen 16:00 Uhr kam ich in El Ganso an und steuerte dort die einzige am Ort befindliche Herberge „Gabino“ an. Es war eine kleine, aber doch recht gemütliche Herberge und im Preis von 8,- € war sogar noch ein Frühstück inklusive. Der morgige Tag würde sehr interessant werden, denn morgen sollte ich das „Cruz de Ferro“, den wohl symbolträchtigsten Punkt auf dem gesamten Jakobsweg, erreichen. Ich hoffte, dass das Wetter morgen mindestens genauso gut werden würde wie heute und die Fernsicht ebenso.
Herberge in El Ganzo
Heute hatte ich zu meiner Linken die ganze Zeit die schneebedeckten Berge von León. Das war ein tolles
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